Ein breites Bündnis aus Gewerkschaften, Elternverbänden und Bildungsorganisationen tritt für eine bundesweite Bildungswende ein. Allein in Bayern hat das Bündnis gut 40 Partner. Kernforderungen sind eine zukunftsfähige und inklusive Schule, die für mehr Bildungsgerechtigkeit sorgen soll, und eine Ausbildungsoffensive für pädagogisches Personal, um den Fachkräftemangel in der Branche zu bekämpfen. Bundesweit soll dafür ein Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro geschaffen werden.
Für Bayern fordert das Bündnis eine jährliche "Bildungsmilliarde" zusätzlich. Außerdem soll ein "echter Bildungsgipfel auf Augenhöhe" einberufen werden, um der aktuellen "Bildungskrise" durch eine Zusammenwirken von Politik und Gesellschaft zu begegnen. Den Forderungen will das Bündnis am Samstag mit bundesweit 29 Kundgebungen Nachdruck verleihen. Drei davon - in Erlangen, Würzburg und München - sind in Bayern geplant.
Großer Nachholbedarf
Der stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Bayern, Florian Kohl, erklärte im Vorfeld der Demonstrationen, die Bildungspolitik müsse endlich konsequent auf die vielen Herausforderungen an Kitas und Schulen reagieren. Die Schülerschaft sei heute kulturell, religiös und sprachlich so heterogen wie nie zuvor, außerdem gehe die Schere zwischen Kindern aus armen und reichen Familien immer weiter auseinander. In Bayern hänge der Bildungserfolg so stark vom Geldbeutel der Eltern ab wie in keinem anderem Bundesland. Großer Nachholbedarf herrsche im Freistaat auch bei der Inklusion behinderter Kinder. "Es braucht eine Bildungswende auf allen Ebenen, damit gute Bildungschancen für alle Kinder entstehen", betonte Kohl.
Bayerns DGB-Chef Bernhard Stiedl sagte, das Recht auf Bildung werde in Bayern nicht so umgesetzt, wie es erforderlich wäre. Es müsse mehr in die Beseitigung des Lehrermangels und die technische Ausstattung der Schulen investiert werden. "Bei der Bildung darf man nicht auf die Schuldenbremse schauen", mahnte Stiedl. Aus Sicht des DGB kritisierte er, dass in Bayern 260 000 Menschen ohne Berufsabschluss leben würden. Das sei mit Blick auf den Fachkräftemangel und für einen modernen Industriestaat "beschämend".
Mehr Mitbestimmung der Schüler
Für ein vernetztes und kooperativeres Schulsystem trat Romy Stangl vom Landeselternverband für Realschulen ein. Sie sprach sich für eine längere gemeinsame Schulzeit der Kinder aus. Zudem müsse die Ganztagesbetreuung in Bayern bedarfsgerecht ausgebaut werden. Die Schülerin Amelie Nitsch vom Verein "Eine Schule für alle" erklärte, das Schulsystem müsse sich den Schülerinnen und Schülern anpassen und nicht umgekehrt. Schule bereite zu wenig auf das spätere Leben vor. Nötig sei auch mehr Mitbestimmung der Schülerschaft.
Ungeachtet der Verbändekritik bewerten die Bürger Bayerns ihre Schulen im Freistaat so gut wie in keiner anderen Region Deutschlands. Das geht aus dem am Dienstag veröffentlichten Bildungsbarometer des ifo-Instituts hervor. Demnach vergaben 41 Prozent der repräsentativ Befragten die Note 1 oder 2, 37 Prozent die Note 3. Allerdings bestätigt die Umfrage auch die Mängelliste, die das Bündnis Bildungswende vorgelegt hat. Denn 74 Prozent der in Bayern Befragten sehen den Lehrkräftemangel als ernsthaftes oder sehr ernsthaftes Problem. 60 Prozent kritisieren die Trägheit des Systems bei Veränderungen, 58 Prozent Lernrückstände durch Corona und 57 Prozent mangelndes Geld. Fehlende Chancengleichheit beklagen 54 Prozent, eine unzureichende Digitalisierung der Schulen 51 Prozent und nicht ausreichend sanierte Schulgebäude 47 Prozent.
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