München
22.11.2024 - 17:05 Uhr

So könnte die bayerische Wirtschaft nachhaltiger werden

Autoreifen aus Löwenzahnkautschuk, Folien aus Lupinenschoten, Sportschuhe aus Buchenholzkunststoff – in Bayern steht die klimafreundliche Bio-Ökonomie in den Startlöchern. Ein Kongress in München beleuchtete die Chancen und Probleme.

Die Verstärkte Nutzung heimischer Rohstoffe wie Holz soll die bayerische Wirtschaft wettbewerbsfähiger und klimaneutraler machen. Symbolbild: Daniel Vogl /dpa
Die Verstärkte Nutzung heimischer Rohstoffe wie Holz soll die bayerische Wirtschaft wettbewerbsfähiger und klimaneutraler machen.

Die verstärkte Nutzung heimischer Rohstoffe vor allem aus der Land- und Forstwirtschaft soll die bayerische Wirtschaft wettbewerbsfähiger, klimaneutraler und unabhängiger von fossilen Rohstoffimporten machen. "Wir müssen unsere heimischen Rohstoffpotenziale besser erschließen und nutzen" erklärte der Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (VBW), Bertram Brossardt, auf einer Fachtagung seines Verbandes zur Bio-Ökonomie. Konkret geht es um die stärkere Nutzung von Holz und Energiepflanzen, aber auch von Neben- und Abfallprodukten aus der Landwirtschaft, die auf fossiler Basis erzeugte Bau- und Kunststoffe ersetzen können. "Bio-Ökonomie verbindet ökonomische mit ökologischen und geostrategischen Interessen", sagte Brossardt. Dazu brauche es aber noch mehr Anstrengungen, um Forschungsergebnisse und innovative Produkte erfolgreich im Markt zu positionieren.

Auf dem Kongress wurden neben bewährten Produkten wie Biogas oder Bio-Treibstoffen auch innovative Produkte wie Dämmstoffe aus Gras, Stroh- oder Pflanzenfasern, Autoreifen aus Löwenzahnkautschuk, Textilfasern aus Holzabfällen oder Folien aus Lupineneiweißen präsentiert. Junge Startup-Unternehmen arbeiten zudem unter anderem an der Marktreife von aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellten Spinnenfäden für die Textilindustrie, an der Verwendung von Eierschalen als Ersatz für konventionellen Kalk sowie Bio-Kunststoffen auf der Basis von Buchenholz. Mögliche Nutzer der Produkte sind die Automobil- und die Textilindustrie, aber auch die Hersteller von Verpackungen, Spielwaren und Sportartikeln.

Ein staatlich gefördertes Forschungsprojekt unter der Federführung der Technischen Universität München hat ergeben, dass in Bayern jährlich rund 6,5 Millionen Tonnen vor allem in der Land- und Forstwirtschaft anfallende Biomasse ungenutzt bleiben, die für die Bio-Ökonomie verwendbar wären. Zusätzliches Potenzial liegt demnach noch in den bayerischen Wäldern. Dort könnten in den kommenden Jahren im Zuge der naturnahen Waldbewirtschaftung und des Waldumbaus mehrere Millionen Kubikmeter Holzreserve genutzt werden, ohne die Nachhaltigkeitsziele zu gefährden. Agrarministerin Michaela Kaniber (CSU) betonte, in der Bio-Ökonomie stecke eine große Chance für die bayerische Land- und Forstwirtschaft. "Das ist eine echte Zukunftsoption für unsere Land- und Forstwirte", sagte sie. Bei aller Euphorie über neue Absatzmärkte für Agrarprodukte müsse aber die Ernährungssicherheit oberste Priorität behalten.

In der Bio-Ökonomie tätige Unternehmer wiesen allerdings auf Hindernisse bei der Umsetzung vieler innovativer Ideen hin. Auf der einen Seite mangle in einigen Bereichen am nötigen Rohstoffnachschub, weil es an den Anbauflächen fehle oder der Anbau von Spezialpflanzen für Landwirte nicht rentabel sei, berichteten mehrere Teilnehmer. Auf der anderen Seite reagierten Kunden wegen der oft höheren Preise zurückhaltend auf die nachhaltig und ohne fossile Rohstoffe erzeugten Produkte. Um einen fairen Wettbewerb zu ermöglichen, brauche es eine an den Emissionen orientierte CO2-Bepreisung. "Solange die ökologischen und sozialen Kosten konventionell hergestellter Produkte nicht eingepreist werden, sind viele nachhaltig erzeugte Waren nicht wettbewerbsfähig", mahnte Michael Diestel, Geschäftsführer der unterfränkischen Firma Agrokraft. An die Politik ging der Appell, die Transformation in die Bio-Ökonomie stärker zu fördern. In den Bereichen Forschung und Unternehmensgründung gebe es in Bayern schon sehr gute Ansätze, es fehle aber gerade bei Mittelständlern an Unterstützung für den Schritt in die industrielle Anwendung.

 
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