Die Staatsregierung hat ihre Grundsätze zum Umgang mit Sucht und Drogen neu gefasst. Sie setzt dabei einen größeren Schwerpunkt auf die Suchtgefahren, die vor allem Kinder und Jugendliche durch die intensive Nutzung Sozialer Netzwerke im Internet sowie durch Computerspiele drohen, und hält an ihrer restriktiven Politik in Bezug auf den Konsum von Cannabis fest. Bei der Vorstellung des neuen Konzepts drängte Gesundheitsminister Judith Gerlach (CSU) die neue Bundesregierung dazu, die 2023 von der Ampel beschlossene Teillegalisierung von Cannabis wieder zurückzunehmen.
Besonders besorgt zeigte sich Gerlach allerdings wegen der zunehmenden Suchtrisiken durch die exzessive Nutzung digitaler Netzwerke und von Computerspielen durch Minderjährige. Nach aktuellen Studien zeigt bereits ein Drittel der 12- bis 17-Jährigen ein kritisches Konsumverhalten mit Suchtrisiko. „Wenn jedes dritte Kind in Gefahr ist, in eine Mediennutzungsstörung zu geraten, dann ist das alarmierend“, erklärte der von der Ministerin berufene Präventionsbeauftragte für psychische Gesundheit und Sucht, Marcel Romanos.
Dringend gegensteuern
Mit exzessiver Mediennutzung gehe ein „deutlich höheres Risiko“ für psychische Erkrankungen, Angstzustände und Depressionen einher, betonte der Würzburger Professor für Kinder- und Jugendpsychiatrie. Man müsse deshalb sehr aufmerksam sein. Das Phänomen erfasse inzwischen so breite Bevölkerungsschichten, dass man dringend gegensteuern müsse. Da es sich in diesem Ausmaß allerdings um eine neue Entwicklung handle und noch Forschungsbedarf bestehe, gebe es noch keine Patentlösung.
Gerlach kann sich ein Nutzungsverbot für Soziale Medien im Internet für Kinder und Jugendliche bis 14 oder 16 Jahre vorstellen, wie es in anderen Ländern diskutiert oder gar schon umgesetzt ist. „Ich persönlich wäre sehr offen dafür“, sagte sie. Ungeachtet dessen sei mehr Aufklärung über die Gefahren der übermäßigen Nutzung von Instagram, Tiktok und Co. nötig, betonte Gerlach. Es brauche die pädagogische und soziale Begleitung der Jugendlichen sowie die Unterstützung der Eltern, die bezüglich der Mediennutzung ihrer Kinder nicht aus der Verantwortung gelassen werden dürften. Romanos zeigte sich dagegen „nicht sicher“, ob ein Verbot das gewünschte Ziel erreiche. Er plädierte für eine gestärkte Mediennutzungskompetenz und technische Möglichkeiten, um Kinder und Jugendliche vor problematischen Inhalten zu schützen oder die Nutzung altersgerecht einzuschränken.
Ein falsches Zeichen
Die Teillegalisierung von Cannabis bezeichnete Gerlach mit Blick auf den Gesundheits- und Jugendschutz erneut als falsch. Die Legalisierung des Konsums zumindest für Erwachsene verharmlose die Gefahren der Droge und sende ein falsches Zeichen an Jugendliche. Sie befürchtete einen „Schub beim Konsum“. Vor diesem Hintergrund werde Bayern seine Präventionsanstrengungen verstärken und besonders auf die jugendliche Zielgruppe ausrichten. Gleiches gelte bezüglich der Gefahren von Alkohol und Nikotin.
In diesem Zusammenhang sprach sich Gerlach dafür aus, die Zulassung des „begleiteten Trinkens“ bei Jugendlichen in Begleitung von Erziehungsberechtigten zu beenden. Zudem lehnte sie die Einrichtung von Drogenkonsumräumen ab. In diesen sollen Süchtige unter Aufsicht Drogen konsumieren dürfen und Beratung erhalten. Es sei ein Widerspruch, dass der Besitz und Erwerb von bestimmten Drogen strafrechtlich zu verfolgen sei, deren Konsum aber in solchen Einrichtungen staatlicherseits toleriert würde, meinte Gerlach.
Mit ihren aktualisierten Grundsätzen zur Sucht- und Drogenpolitik hält die Staatsregierung nach Aussage Gerlachs an ihrer restriktiven Haltung fest. „Das ist das Leitmotiv unserer Drogenpolitik, dass wir Prävention in den Fokus stellen. Nach dem Motto: So restriktiv wie nötig, so präventiv wie möglich“, sagte sie. Man reagiere aber auf neue Entwicklungen und Herausforderungen wie das Aufkommen elektronischer Rauchutensilien, die neue Modedroge Lachgas oder die Verfügbarkeit neuer psychoaktiver Substanzen. Als weiteren Schwerpunkt nannte Gerlach wirksame Hilfen für Menschen, die bereits von einer Sucht betroffen sind. Dazu zähle die flächendeckende Versorgung opioidabhängiger Menschen mit Naloxon, das Leben retten könne. Erstmals wird in den neuen Grundsätzen auch ein umfassender Blick auf die Lebensphasen und Lebenswelten Konsumierender geworfen, da sich Suchtgefährdung und -verhalten zum Beispiel von Jugendlicher und Senioren deutlich unterschieden.
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