Von Jürgen Umlauft
Der Trägerkreis des erfolgreichen Volksbegehrens "Rettet die Bienen" hat vier Jahre nach Inkrafttreten des neuen bayerischen Naturschutzgesetzes ernüchtert Bilanz gezogen. "Jedes Jahr ist das Defizit bei der Umsetzung weiter gestiegen, Bayern ist dabei, seine Vorreiterrolle im Naturschutz zu verspielen", sagte Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann vor der Presse in München. "Die Ziele des Volksbegehrens werden von der Staatsregierung mit Füßen getreten." Dies sei auch eine Missachtung der 1,7 Millionen Unterzeichner des Begehrens.
ÖDP-Landeschefin Agnes Becker stellte eine "zunehmende Stimmungsmache" gegen den Arten- und Naturschutz fest. In manchen politischen Wortbeiträgen habe die "Tonalität ziemlich unterirdische Ausmaße erreicht". Das aktuelle Wahlkampfgetöse sei "Gift für den Artenschutz in Bayern". Von einer "bedenklichen Entwicklung" sprach der Vorsitzende des Landesbundes für Vogelschutz, Norbert Schäffer. Die aktuellen Krisen würden offenbar dafür instrumentalisiert, um den Naturschutz "gezielt zurückzudrängen". Aus Bayern wehe dem Arten- und Naturschutz derzeit ein "strammer Wind" entgegen. Nach anfänglicher Euphorie laufe man in einigen Bereich sogar wieder rückwärts.
Nach einer Datenauswertung von Professor Roman Lenz von der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen sind bei der Umsetzung des Gesetzes einzelne Fortschritte zu erkennen. Diese beträfen die Förderung der Weidetierhaltung und von Agrarumweltmaßnahmen, die Neuanlage von Streuobstwiesen und Blühstreifen sowie den Verzicht von Totalherbiziden auf staatlichen Flächen. Großen Nachholbedarf erkannte Lenz beim Öko-Landbau. Um bis 2030 das Ziel von 30 Prozent an der landwirtschaftlichen Nutzfläche zu erreichen, müsste sich das Umwandlungstempo verdoppeln.
Als nur formal im Zeitplan seien die Vorgaben zur Ausweitung von Naturwäldern und Biotopverbünden. Hier flössen zu viele kleine Parzellen ohne großen Nutzen für die Artenvielfalt in die Statistik ein, zudem würden viele bereits vorhandene Flächen ohne zusätzliche Wirkung umetikettiert. Für mehrere Bereiche konnte Lenz wegen fehlender Daten keine Bewertung vornehmen. Dies betraf unter anderem den Fortschritt bei der Reduzierung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln, den die Staatsregierung bis 2028 zum Stand von 2019 halbieren will, sowie die Einrichtung von landwirtschaftlich nicht genutzten Uferrandstreifen. Hier mahnte Lenz die Vorlage nachprüfbarer Daten an.
Becker forderte mehr Engagement für den Öko-Landbau. Die Entwicklung hier sei "enttäuschend". Es irritiere, wenn es die CSU in ihrem Parteiprogramm als "nicht entscheidend" erkläre, ob Landwirte biologisch oder konventionell produzierten, oder wenn Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger betone, er werde gegen die Reduzierung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln kämpfen. Konkret forderte Becker zur Förderung des Öko-Landbaus, endlich eine verpflichtende Bioquote von 30 Prozent für Kantinen und die Gemeinschaftsverpflegung einzuführen. Zudem dürfe das nicht zertifizierte Label "regional" nicht alternativ zu den strengen Bio-Vorgaben verwendet werden.
Nach Ansicht von Hartmann müssen die Lücken im bayerischen Biotopverbund endlich nachhaltig geschlossen werden. Nur so könne flächendeckender Artenschutz erreicht werden. Im Augenblick aber sei der Verbund ein "Netz aus Sackgassen". Hartmann forderte die Staatsregierung auf, eine bayernweite Biotopkarte vorzulegen, aus der ersichtlich sei, in welchen Regionen noch Handlungsbedarf bestehe. Derzeit sei nicht einmal nachvollziehbar, wo die in der Biotopstatistik aufgeführten Flächenanteile lägen. "Das reine Zusammenrechnen vorhandener Flächen reicht nicht aus, es braucht eine Systematik", sagte Hartmann.













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