17.06.2021 - 19:31 Uhr

Frisch gepresst: Neue Musik von Woodlock, Anna Erhard, Kiwi Jr. und Co.

Diesmal bei unseren Musik-Neuvorstellungen: Alte Bekannte wie die Tindersticks, aber vor allem neue weibliche Töne mit starken Sounds und Texten.

Frisch gepresst: Unsere Musik-Neuvorstellungen. Bild: exb
Frisch gepresst: Unsere Musik-Neuvorstellungen.

Woodlock: "The Future Of An End"

Woodlock: The Future Of An End Bild: Nettwerk Records/exb
Woodlock: The Future Of An End

Das Australisch-Neuseeländische Trio, bestehend aus den Brüdern Zech und Eze Walters sowie Bowen Purcell, starteten einst als Straßenmusikanten. Von diesem rudimentärem Akustik-Folk haben Sie sich inzwischen verabschiedet, auch wenn die Gitarren weiterhin im Mittelpunkt stehen. Nur sind diese inzwischen auch gerne elektrifiziert, vor allem aber wird ihr Indie-Pop-Rock durch allerlei elektronischen Firlefanz als auch fette Keyboards aufgewertet, zumindest aber eingedickt. Dabei kontrastieren die teils niederschmetternden und bedrückenden Geschichten von Zech Walters mit den deutlich euphorischeren, teil regelrecht jubilierenden Melodien.

Anna Erhard: "Short Cut"

Anna Erhard: Short Cut Bild: Radicalis/exb
Anna Erhard: Short Cut

Früher einmal war Anna Erhard Sängerin der Baseler Kapelle Serafyn. Jetzt lebt Sie im Moloch Berlin und lässt sich von den musikalischen Strömungen der Metropole inspirieren. Textideen stammen vorwiegend aus ihrem Tagebuch, können eine ganz persönliche Note annehmen, aber auch abstrakt bleiben. Oft handeln sie vom Weggehen, von Flucht und Verwandlung. Schwer zu greifen ist das musikalische Spektrum, das vom Folk über Minimalismus, Art-Pop bis hin zum verspielten Indie-Rock und Chanson reicht. Anna Erhard hat jedenfalls ein Händchen für witzig-schmissige Melodien, ihr größtes Pfund ist aber der ungekünstelte, so völlig unaufgeregte, warmherzige Gesang. Charmant!

Kiwi Jr.: "Cooler Returns"

Kiwi Jr.: "Cooler Returns" Bild: Cargo/exb
Kiwi Jr.: "Cooler Returns"

Die kanadische Band pendelt auf ihrem zweiten Album zwischen politischem Anspruch und den Nöten und Frustrationen der aktuellen Generation. Da geht es um Mietpreise ebenso wie um den US-Wahlkampf, wobei beides mit einem Augenzwinkern kommentiert wird. Kiwi Jr. haben auf alle Fälle Humor, und der kann musikalisch die unterschiedlichsten Formen annehmen. Das reicht von den Americana-Anklängen eines Tom Petty über die Schlurfigkeit eines Nikki Sudden, dem Gute-Laune-Folk-Pop eines Jack Johnson bis hin zum Indie-Rock von Pavement und Konsorten. Kein Wunder also, dass hier Klavier oder Mundharmonika ganz hervorragend mit einer (vor-)lauten E-Gitarre harmonisieren.

Tindersticks: "Distractions"

Tindersticks: "Distractions" Bild: City Slang/exb
Tindersticks: "Distractions"

Stuart Staples und die Seinen waren auch während der Lockdowns nicht untätig und haben, dazu irgendwie passend, eines ihrer minimalistischen Alben aufgenommen, auch wenn der Opener „Man Alone“, eine Art zarter, mystischer Krautrock mit mantraartigen Gesängen, über elf und der Schlussong über neun Minuten zählt. Dazwischen gibt es, auch eher ungewöhnlich, gleich drei Cover-Songs zu entdecken. Neil Youngs, „A Man Needs A Maid“, Dory Previns, „The Lady With The Braid” und “You Have To Scream Louder” von den TV Personalities. Das französisch gesungene "Tue-Moi" erweckst Erinnerungen an Roxy Musics "Son Of Europe", thematisiert aber das Bataclan-Massaker.

Rikke Normann: "The Art Of Letting Go"

Rikke Normann: "The Art Of Letting Go" Bild: The Orchard/exb
Rikke Normann: "The Art Of Letting Go"

Aufgenommen in einer kleinen Berghütte in Norwegen, wundert man sich, wie die Künstlerin ihren recht umfangreichen Musikalienladen dorthin verschafft hat, denn mit instrumentellen Farbtönen geizt dieses Album wahrlich nicht. Das neue Werk handelt vom Loslassen, die Singer/Songwriterin traut sich aber auch, über den selbst erlebten sexuellen Missbrauch als Minderjähre zu berichten, ohne dabei weinerlich zu werden. Ja, „In The Grey“ ist musikalisch sogar eines der aufgeräumtesten und flottesten Stücke auf diesem überhaupt mit recht unbekümmerten und aufgeweckten Melodien und Rhythmen gesegneten Werk.

Hey King!: "Hey King!"

Hey King!: "Hey King!" Bild: Anti/exb
Hey King!: "Hey King!"

Das kalifornische Duo, Natalie London und Taylor Plecity, ist auch privat ein Paar. Das von Ben Harper produzierte Debüt-Album (zuvor erschien schon eine EP) zeigt zwei bereits sehr gereifte Musikerpersönlichkeiten, deren Stimmen schon alleine eine enorme Anziehungskraft ausüben, die es aber auch schaffen, wie z.B. im anfänglich als nettes Lullaby daherkommendem, „Sing Me To Sleep“, komplexe Bläserarrangements mit einzubauen. Überhaupt diese Arrangements: In „Lucky“ schleicht sich zum Ende eine atmosphärische Geige mit ins Bild, andernorts dominieren E-Gitarren oder legt die Rhythmusgruppe einen ordentlichen Drive auf. Die neuen Fleetwood Mac…?

 
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