Neustadt an der Waldnaab
03.03.2020 - 13:49 Uhr

Corona plus Winter: Hausarztpraxen kommen an ihre Grenzen

Ein Anruf kurz vor Feierabend: Die Corona-Problematik verschärft die Patientenflut in der Winterzeit in den Hausarztpraxen. Um kurz nach 19 Uhr ist bei Dr. Andrea Trottmann-Zahner in Neustadt/WN noch immer nicht Schluss. Ein Interview.

Ein Stethoskop liegt in der Praxis eines Hausarztes auf einem Tisch. Symbolbild: Stephan Jansen/dpa
Ein Stethoskop liegt in der Praxis eines Hausarztes auf einem Tisch.

ONETZ: Seit halb 8 morgens behandeln Sie Patienten und sind immer noch da. Alles wegen Corona?

Dr. Andrea Trottmann-Zahner: Das Tagesgeschäft läuft ja weiter. Influenzafälle, viele normale Infektionskrankheiten... Ich frage zurzeit immer sehr genau nach: Waren Sie mit Infizierten zusammen? Wo waren Sie? Es ist hilfreich, wenn der Patient diese Informationen parat hat. Wir bekommen auch telefonische Anfragen zum Virus. Vor allem Firmen sind in Sorge.

ONETZ: Warum melden sich Firmen?

Dr. Andrea Trottmann-Zahner: Firmen fordern mögliche Kontaktpersonen und Urlaubsrückkehrer auf, sich beim Hausarzt vorzustellen. Die Bedenken sind durchaus berechtigt. Da sind Leute darunter, die beispielsweise Geschäftsfreunde aus China zu Gast hatten.

Dr. Andrea Trottmann-Zahner, die mit Kollege Frederic Schneider in Neustadt/WN eine Hausarztpraxis betreibt. Bild: Martin Staffe
Dr. Andrea Trottmann-Zahner, die mit Kollege Frederic Schneider in Neustadt/WN eine Hausarztpraxis betreibt.

ONETZ: Was raten Sie dann?

Dr. Andrea Trottmann-Zahner: Wenn keine Symptome - wohlgemerkt: keine Symptome - vorliegen, lotsen wir solche Anfragen an das Gesundheitsamt weiter. Das Gesundheitsamt hat eine Hotline eingerichtet. Anhand eines Algorithmus wird das Risiko eingeschätzt. Dafür muss man das Gesundheitsamt wirklich loben. Das klappt sehr gut. Es wird eine Vorselektion getroffen, ob eine Hochrisikogruppe vorliegt und eine weitere Diagnose sinnvoll ist.

ONETZ: Und was machen Sie, wenn zu hoher Risikoeinschätzung auch noch Symptome kommen?

Dr. Andrea Trottmann-Zahner: Toi toi toi, den Fall hatten wir bislang noch nicht.

ONETZ: Was wäre wenn? Könnten Sie einen entsprechenden Test auf „Covid 19“ durchführen?

Dr. Andrea Trottmann-Zahner: Ursprünglich war von der Politik geplant, dass der Arzt zum Patienten auf Hausbesuch fährt, um Abstriche zu machen. Im Moment ist das logistisch noch möglich, im Epidemiefall aber unrealistisch. Die Praxen sind wegen der Erkältungswelle bereits am Limit. Mangels Schutzkleidung wäre es auch schwierig, mich in diesen Haushalt zu begeben. Wir werden eine Zwischenlösung finden müssen in der Praxis: Dass der Patient zu uns gebracht wird und für die Abstriche in einen gesonderten Bereich eingeschleust wird.

ONETZ: Dafür bräuchten Sie aber auch entsprechende Schutzkleidung für sich und die nötigen Mitarbeiter. Haben Sie diese?

Dr. Andrea Trottmann-Zahner: Nein, wir haben nicht ausreichend Schutzkleidung. Es besteht ein Engpass, den ich für problematisch halte. Es hätte nicht passieren dürfen, dass keine Masken lieferbar sind. Für das medizinische Personal ist nicht ausreichend vorgesorgt.

ONETZ: Wie geht Ihr Team mit der Situation um? Kommt Angst auf oder sind das alte „Veteranen“?

Dr. Andrea Trottmann-Zahner: Eher Veteranen. Unsere Mädels sind sehr tapfer. Wir haben eher Bedenken, dass uns die Masse erdrückt, dass Praxen an ihre Grenzen kommen.

ONETZ: Ich hätte ja vermutet, dass Patienten aus Angst vor Ansteckung ungern zum Arzt gehen.

Dr. Andrea Trottmann-Zahner: Zum Schutz der Patienten haben wir – wie jetzt jede Praxis – einen kleinen Bereich eingerichtet, in dem wir infektiöse Patienten abtrennen können. Bei einer leichten Erkältung würde ich raten, telefonischen Rat einholen und dann wirklich zu Hause bleiben. Sich nicht erkältet in die Arbeit schleppen. Auch nicht in einen Supermarkt, das halte ich für ganz gefährlich.

ONETZ: Dann hoffen wir, dass Sie und Ihr Team gesund bleiben.

Dr. Andrea Trottmann-Zahner: Ebenso.

 
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