Die Krise beim 1. FC Nürnberg kostet Sportvorstand Dieter Hecking den Job. Der mal wieder taumelnde fränkische Traditionsverein hat sich mit sofortiger Wirkung von dem einstigen Hoffnungsträger getrennt. Darauf verständigte sich der Aufsichtsrat. Wie der „Club“ weiter mitteilte, wurde Hecking in einem persönlichen Gespräch am Sonntagnachmittag am Sportpark Valznerweiher über die Abberufung informiert. Nach fünf Niederlagen in Serie rutscht der 1. FC Nürnberg in der 2. Liga immer weiter ab.
Über die Details der Trennung wurde Stillschweigen vereinbart, weitere Veränderungen im sportlichen Bereich seien momentan nicht geplant. Die Suche nach einem Nachfolger für Hecking laufe bereits. Stefan Heim, bisher verantwortlich für die Stadionentwicklung, übernimmt den Angaben zufolge kommissarisch den zweiten Vorstandsposten neben Finanzchef Niels Rossow. Zuerst hatten die „Nürnberger Nachrichten“ und nn.de über die Trennung berichtet, auf die sich der Aufsichtsrat schon vor dem 1:3 des Tabellen-13. am Freitagabend bei Fortuna Düsseldorf verständigt haben soll.
Aufsichtsrat: Sportliche Entwicklung ist „unbefriedigend“
„Der Aufsichtsrat bedauert die Entwicklung, ist aber nach kritischer und sorgfältiger Analyse und Abwägung aller Fakten zu dem Entschluss gekommen, dass ein Ende der Zusammenarbeit unvermeidbar ist“, erklärte Aufsichtsratsboss Peter Meier.
Hecking habe „zwar in Hinblick auf den Etat außerordentliche Spieler-Erlöse generiert sowie den Weg begonnen, in besonderer Weise Nachwuchsspieler in die Profi-Mannschaft einzubinden. Dennoch ist die sportliche Entwicklung in dieser Saison rückläufig und im Rückblick auf die vergangenen vier Jahre auf unbefriedigendem Niveau konstant. Deshalb werden sich die Wege trennen. Wir danken Dieter Hecking für die geleistete Arbeit.“
Hecking war einmal der Hoffnungsträger
Hecking war von Dezember 2009 bis Dezember 2012 erfolgreich Trainer der Franken gewesen. Damals spielte der FCN sogar erstklassig. Nach Stationen beim VfL Wolfsburg, bei Borussia Mönchengladbach und beim Hamburger SV hatte Hecking dann im Sommer 2020 in Nürnberg erstmals die Aufgabe eines Sportvorstands übernommen. Er folgte damals dem freigestellten Robert Palikuca nach.
„Ich werde all meine Erfahrungen, die ich in 30 Jahren Bundesliga als Spieler und Trainer gesammelt habe, hier einbringen und künftig voranmarschieren, damit der Club wieder bessere Zeiten erlebt“, erklärte Hecking bei seiner Rückkehr kurz nach der Last-Minute-Rettung in der Relegation gegen den FC Ingolstadt.
In der Not wird Hecking sogar nochmal Trainer
Hecking senkte das Stresslevel im Verein, zwei solide Spielzeiten unter Coach Robert Klauß mit den Rängen elf und acht waren der Lohn. Anschließend machte sich Hecking, der seine Laufbahn an der Seitenlinie eigentlich für beendet erklärt hatte, in der Rückrunde der vergangenen Saison als Nachfolger des vermeintlichen Retters Markus Weinzierl nochmal selbst zum Trainer und bewahrte den Verein als 14. vor dem Abstieg.
Nach einer verheißungsvollen Hinrunde unter Trainer Cristian Fiel ist der FCN in dieser Saison aber eingebrochen. Nach nur einem Punkt aus sieben Spielen ist beim Tabellen-13. sogar das Horror-Szenario 3. Liga nicht ausgeschlossen.
Häufig und scharf wird die Kaderplanung von Hecking und seinem Sportdirektor Olaf Rebbe kritisiert. Dem DFB-Pokal-Sieger-Coach mit dem VfL Wolfsburg 2015 werden außerdem Fehler in der Außendarstellung vorgeworfen. So hatte Hecking Demonstrationen als „Folklore“ bezeichnet und war dafür auch in Fan-Kreisen gerügt worden. Er entschuldigte sich anschließend und bedauerte seinen Fehler.
„Wir sind in einer sehr gefährlichen Situation“
Hecking, der im Herbst 2022 einen neuen Vertrag bis Ende 2025 unterzeichnet hatte, hinterlässt einen Verein in der sportlichen Krise. „Wir sind in einer sehr gefährlichen Situation. Das habe ich schon vor Wochen gesagt. Wir müssen uns da rausziehen, wir müssen punkten“, sagte Fiel nach dem nächsten Reinfall gegen Aufstiegskandidat Düsseldorf am Freitagabend.
„Uns fehlen die letzten Prozente und die Abgezocktheit in allen Belangen, so fühlt es sich jedenfalls an“, bemängelte Mittelfeldspieler Jens Castrop in Düsseldorf. Nur die Schwäche der Konkurrenz gewährt dem „Club“ vor den letzten beiden regulären Spielen am Samstag im Max-Morlock-Stadion gegen Aufsteiger SV Elversberg und eine Woche darauf am letzten Spieltag beim Hamburger SV noch ein Polster von fünf Punkten auf Relegationsplatz 16.
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