Weckrufe gab es genug, leise und laute, weit mehr als die von Innenminister Horst Seehofer genannten Schlagworte NSU, Halle oder Lübcke. Nun scheinen sie gehört worden zu sein. "Künftig wartet der Rechtsstaat nicht mehr, bis aus Worten Taten werden", fasst Bundestagsabgeordneter Uli Grötsch die geplanten Maßnahmen der Regierung gegen Rechtsextremismus und Hasskriminalität zusammen.
An Worten wie diesen müssen sich die neuen Gesetze später messen lassen. Klar werden Kritiker sagen, dass das Paket sehr spät kommt, noch weiter gehen müsste und noch nicht ausgefeilt ist. Fest steht jedoch auch: Die Initiative ist sinnvoll. Jede der neun Maßnahmen setzt an neuralgischen Punkten der radikalen Auswüchse an.
Doch um effektiv Druck auszuüben und sämtliche rechtsstaatliche Mittel auszuschöpfen, reichen Gesetze nicht aus, es braucht Menschen dahinter. Es braucht neue Sozialarbeiter und Lehrer in der teils ausgebluteten Prävention, Politiker, die Plattformbetreiber in die Pflicht nehmen, und vor allem viele weitere (Cyber-)Ermittler, Polizisten, Staatsanwälte und Richter für die heillos überlasteten Präsidien und Gerichte. In der personellen Umsetzung liegt die große Herausforderung der Initiative.
Erst wenn Hetzreden sanktioniert werden, wandelt sich auch die Diskussionskultur. Für diesen Wandel braucht es aber auch Menschen, die das Überschreiten und Verschieben von roten Linien durch "besorgte Bürger" im Alltag nicht mehr hinnehmen und Hass oder Rassismus entgegenwirken. Denn auch die "mündigen Bürger" sollten den Weckruf gehört haben.
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