Diddl-Blätter: Die Schätze meiner Kindheit

Oberpfalz
24.08.2023 - 11:02 Uhr

Diddl – eine weiße Maus in Latzhose, sorgte in den 90er und 2000er Jahren für ein regelrechtes Tauschfieber auf Schulhöfen. Wie viel sind die bunten Blätter heute eigentlich noch wert, fragt sich Redakteurin Mareike Schwab.

In ihrem alten Kleiderschrank entdeckte Redakteurin Mareike Schwab ihre Diddl-Blätter-Sammlung. Was die heute noch wert ist?

"Ich gebe dir zwei von den Gelben, für das Große" – "Meins duftet aber, also ist es drei Blätter wert." So oder ähnlich haben sich Gespräche Anfang der 2000er auf Schulhöfen angehört. Alles drehte sich um niedliche weiße Diddl-Mäuse, die auf bunte Papierblätter gedruckt waren. Der Schulhof verwandelte sich in eine Tauschbörse. Mit Leidenschaft wurden die farbenfrohen Blockblätter "gedealt". Wichtig dabei waren die Größe, die Stückzahl und das Motiv. Auf dem einen Blatt haben Diddl, der freundliche Nager in Latzhose, und seine Freundin Diddlina ein romantisches Picknick, auf dem anderen spielt Diddlina mit dem Teddy Pimboli und Pferd Galupy auf der Wiese. Die Blätter erzählten Geschichten von Freundschaften, verrückten Abenteuern und einer Welt, in der Fantasie keine Grenzen kannte – jedes Blatt hatte seinen eigenen Zauber und seine eigene Bedeutung. Fein säuberlich sortierte ich sie in Klarsichthüllen ein und ordnete sie nach Farbe oder Wertigkeit. Stolz trug ich jeden Morgen meinen prallgefüllten Diddl-Ordner in die Schule. Bereit für den nächsten "Deal".

An diese Zeit musste ich bei meinem letzten Heimatbesuch zurückdenken, als ich im obersten Regal eines alten Kleiderschranks meine Diddl-Blätter-Sammlung entdeckte. Eingestaubt und in Vergessenheit geraten. Mit einem Schmunzeln erinnerte ich mich an die Verhandlungen über den Wert der Blätter, das Abschließen von Deals und den Stolz, wenn man endlich das Blatt ergatterte, nach dem man so lange gesucht hatte. Diddl-Blätter waren für mich weit mehr als nur bedrucktes Papier. Sie waren gefühlt das wertvollste, was ich in der Grundschule besaß. Ein Schatz. Teilweise sparte ich monatelang, um mir einen neuen Diddl-Block zu kaufen. Rückblickend ein Punkt, der mich besonders verwundert: Häufig besaßen meine Freundinnen und ich ganze Blöcke mit fünfzig gleichen Blättern, aber wehe jemand wollte ein Blatt geschenkt. Das gab es höchstens zum Geburtstag. Ansonsten wurde hart verhandelt. Die beste Übung für das Erwachsenenleben.

Besonders stolz war ich auf meine duftenden Blätter. Eins roch nach Seife, wenn man mit dem Finger darüber rubbelte. Das andere nach Pfeffer. Genauso wertvoll war das Blatt, bei dem eine Diddl-Maus erschien, nachdem man mit einem "Zauberstift" darüber gemalt hatte. Wir organisierten Tauschtreffen, bei denen Gleichgesinnte zusammenkamen, um ihre Diddl-Schätze zu präsentieren und zu tauschen. Auf Flohmärkten wurden Blätter für über zehn Euro verkauft – das war für mich als Kind viel Geld. Mit der Zeit erweiterte ich meine Sammlung. Ich habe mal nachgezählt 347 Diddlblätter, 14 Postkarten, eine Bettwäsche, drei Plüschtiere, eine Schultüte, ein Mülleimer und zahlreiche Schreibuntensilien – alles von Diddl. Was das alles für Geld war, alleine die Blätter. Und heute?

Tja, eine kurze Suche auf Kleinanzeigen zeigt: Die Preisobergrenze tatsächlich verkaufter Diddl-Blöcke liegt zwar bei etwa 300 Euro – ein Blick auf die aktuelle Marktlage verrät aber, dass in den meisten Fällen mit nur wenigen Euro zu rechnen ist. Noch niedriger ist natürlich der Preis pro Blatt. Der Wert liegt im Centbereich. Geld bekomme ich für meine Sammlung eh nicht mehr. Irgendwann war ich aus dem Diddl-Alter raus. Feierlich übergab ich einen Korb mit über 30 Diddl-Blöcken an meine vier Jahre jüngere Schwester. Und die nutzte die wertvollen Zettel für Notizen. Sie schrieb ihre Einkaufsliste auf ein duftendes Blatt. Ist das zu fassen?

Selbst bei den Blättern, die meine kleine Schwester nicht verschandelt hat, bleibt wohl höchstens ein emotionaler Wert. Und so schwelge ich in Erinnerungen, während ich den Schatz meiner Kindheit in den Händen halte.

Info:

OTon

Wir sind junge Mitarbeiter von Oberpfalz-Medien. In unserer Kolumne „OTon“ schreiben wir einmal in der Woche über das, was uns im Alltag begegnet – was wir gut finden, aber auch, was uns ärgert. Dabei geht es weniger um fundierte Fakten, wie wir sie tagtäglich für unsere Leser aufbereiten, sondern um unsere ganz persönlichen Geschichten, Erlebnisse und Meinungen. Wir wollen zeigen, dass nicht nur in Hamburg, Berlin oder München Dinge passieren, die uns junge Menschen bewegen.

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