Von Wolfgang Ruppert und Lucia Brunner
In Sagen, Mythen und Legenden kommt er mal eher wie eine Schlange oder dann wie ein Vogel daher. Er kann Feuer spucken, hat manchmal mehrere Köpfe und nahezu jede Kultur auf der Welt hat eine Vorstellung zu diesem wundersamen und feurigen Fabelwesen: der Drache. Während er in China vor allem als Glückssymbol bekannt ist, der auch das neue Jahr einleitet, sind Drachen in der westlichen Kultur eher böse Ungetüme, die bekämpft werden.
Daher ist der Drachenkampf ein häufiges Motiv in Legenden oder Märchen. In der christlichen Glaubenslehre wird der Drache häufig sogar als Allegorie des Teufels verstanden. Doch auch der Begriff Drache leitet sich vom altgriechischen Wort "drakon" ab, was nichts anderes als Schlange bedeutet. In der Geschichte von Adam und Eva werden nicht nur die Menschen bestraft, sondern auch die Schlange, die bis zum Sündenfall noch vier Beine hatte. Gott nimmt ihr die Beine, damit sie fortan im Staub kriechen muss. Auch die Schlange wird in der Geschichte mit dem Teufel assoziiert.
Symbol für Ende der Welt
Drachen stehen häufig für Schöpfungsmythen, symbolisieren sogar das Ende der Welt, etwa in der Apokalypse. In der Offenbarung des Johannes besiegt der Heilige Michael mit seinem Flammenschwert den Teufel, der sieben Köpfe und zehn Hörner besitzt. Und auch die Legende des Heiligen Georg ist von einem Drachenkampf geprägt. Im zwölften Jahrhundert entstand die Legende, die einem klassischen Rittermärchen gleicht. Hier rettet Georg die jungfräuliche Königstochter vor einem Drachen, indem er das Tier schwer verletzt. Als er zusammen mit dem Drachen und der Jungfrau zurück in die Stadt kommt, lassen sich die Bewohner, beeindruckt von seinen Taten, taufen. Im Anschluss erschlägt Georg den Drachen.
Es ist der Kampf zwischen Gut und Böse, der auch im Nibelungenlied thematisiert wurde. Interessant ist, dass in der bekanntesten Version der Sage der Drache selbst nur zwei Mal erwähnt wird. In der Geschichte wird der junge Siegfried als Held verehrt, weil er es schaffte, einen Drachen zu töten. Nachdem er in dessen Blut badete, sei er unverwundbar geworden. In der dritten Aventüre ("Wie Siegfried nach Worms kam") berichtet Hagen König Gunther von der Tat. Zudem verrät Krimhild Hagen unabsichtlich, dass auf Siegfrieds Rücken ein Lindenblatt haften blieb, als er im Blut des Drachen badete und so eine verwundbare Stelle hatte.
Drachen als Schmalzdiebe
Häufig erscheinen Drachen als Randerscheinungen in Geschichten. Trotzdem schaffen es gerade diese bösen Ungeheuer, dass die Märchen, Legenden oder Sagen in den Köpfen der Menschen haften bleiben. Franz Xaver von Schönwerth beschreibt die Drachen in seinem ersten Band von "Sitten und Sagen aus Oberpfalz". Für ihn sind sie vor allem Verbündete von Hexen. "Er fliegt schnell, haushoch, und streuth im Fluge sprühende Funken", schreibt Schönwerth. Kurios ist, dass der Märchensammler die Drachen als Schmalzdiebe beschreibt. "Wo er einfliegt, hat man nicht Butter, nicht Schmalz, nicht Milch und die Kühe geben Blut." Er stiehlt die Lebensmittel, die in einer bäuerlichen Gesellschaft Mitte des 19. Jahrhunderts kostbar waren, um diese der Hexe auf den Herd zu spucken.
Doch auch für Schönwerth sind Drachen nicht nur bedrohlich. Ähnlich dem chinesischen Mythos schreibt er: "Es gibt noch eine andere Art Drachen, die langen, schlängelnden Feuerstreifen, welche im Herbste und Frühling bey sternhellen Nächten in den Lüften fliegen. Wenn sich dieser Drache zeigt, wird ein gutes Jahr." Es gibt nicht viele Märchen und Sagen, die Schönwerth über Drachen gesammelt hat. Und auch hier sind die Fabelwesen meistens Randfiguren oder böse Widersacher, die es für Helden zu bekämpfen gilt. Im Märchen "Sieben auf einen Schlag" schreibt Schönwerth die Oberpfälzer Version von "Das tapfere Schneiderlein" auf. Es gilt laut Schönwerth als Wandersage, die in vielen Orten zu finden war. Das Schneiderlein wird in dieser Fassung dann zum Held, als es sieben Drachen tötet.
"Fanny" spuckt Feuer
Furth im Wald ist bekannt für den "Further Drachenstich". Der Drache "Fanny" hat es sogar in das Guinness-Buch der Rekorde geschafft. Mehr als 20 Unternehmen und Institutionen haben den Drachen gefertigt, der 15,5 Meter lang, 3,8 Meter breit, 4,5 Meter hoch ist, eine Flügelspannweite von 12 Metern und ein Gewicht von 11 Tonnen hat. Außerdem spuckt "Fanny" Feuer. Dabei geht der Drachenstich in Furth auf eine Fronleichnamsprozession zurück.
In der Neufassung des Schauspiels von Josef Martin Bauer wird die Geschichte vor dem Hintergrund der Hussitenkriege im Jahr 1431 erzählt. In dieser Version ist der Drache ein Sinnbild für die Schrecken des Krieges im Grenzland um Furth herum. In der Geschichte rettet der Ritter und Fahnenträger Udo die Burgfrau Maria.
Drachen im Märchen
- Mischwesen: Aus Vogel und Reptil, häufig auch mit Merkmalen großer Raubtiere (z.B. Löwenpranken)
- Fantastische Merkmale: Feuerspucken, mehrere Köpfe, mehrere Zungen
- Drachenarten: Flugdrachen, Echsendrachen, Meeresdrachen (Seeungeheuer), Wurmdrachen (Lindwurm)
- Märchenmotive: Drachenkampf symbolisiert Kampf zwischen Gut und Böse, Drache als Hüter von Schätzen, Drache als Unheilsbringer etwa von Unwettern
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