Oberpfalz
21.10.2022 - 14:00 Uhr

Gendern – sinnvoll oder Unsinn?

Die einen finden, es braucht eine geschlechtersensible Sprache, die anderen stempeln Gendern als überflüssig ab. Ist Gendern wirklich eine Gleichstellung oder eher eine Bevormundung? Und welche Möglichkeiten gibt es, zu gendern?

Gender-Zeichen: Zwischen männlicher und weiblicher Form wird ein Sternchen, Unterstrich oder Doppelpunkt ergänzt. Die Sonderzeichen stehen für alle, die sich weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zuordnen wollen. Bild: Gregor Bauernfeind
Gender-Zeichen: Zwischen männlicher und weiblicher Form wird ein Sternchen, Unterstrich oder Doppelpunkt ergänzt. Die Sonderzeichen stehen für alle, die sich weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zuordnen wollen.

Das Wort "gender" kommt aus dem Englischen und bedeutet "Geschlecht". Allerdings unterscheidet es sich von "sex": Gender ist das soziale Geschlecht, sex das biologische. Das soziale Geschlecht bezieht sich auf alles, was in der Gesellschaft als typisch "männlich" und typisch "weiblich" angesehen wird. Es geht somit um das gelebte Geschlecht, nicht um das durch die Geburt (aufgrund der Körpermerkmale) zugewiesene Geschlecht.

Was ist Gendern?

Im deutschen Sprachgebrauch wird bis heute meist das generische Maskulinum verwendet. Beispielsweise werden Berufe grammatisch männlich bezeichnet, obwohl es auch eine weibliche Wortform gibt. Gendern bedeutet in erster Linie geschlechtergerechte Sprache. Sie wird genutzt, um alle Geschlechtsidentitäten zum Ausdruck zu bringen. Beispielsweise wird aus "Ärzte" "Ärzt:innen" und aus "Studenten" "Student:innen" oder "Studierende".

Welche Arten von "Gendern" gibt es?

  • Beidnennung: Beide Geschlechter werden genannt oder die weibliche Form wird durch Abkürzung hinzugefügt: Lehrerinnen und Lehrer; Lehrer/-innen; LehrerInnen.
  • Neutralisierung: Die männliche Form wird durch geschlechterneutrale Bezeichnungen ersetzt: Lehrkraft, Lehrende.
  • Gender-Zeichen: Zwischen männlicher und weiblicher Form wird ein Sternchen, Unterstrich oder Doppelpunkt ergänzt: Lehrer*innen; Lehrer_innen; Lehrer:innen. Die Sonderzeichen stehen für alle, die sich weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zuordnen wollen.

Welche Variante ist richtig?

Als "politisch korrekt" hatte sich zunächst das Gendersternchen etabliert, der Doppelpunkt geht aber auch klar. Beide Varianten sprechen nicht nur Männer und Frauen an, sondern auch Menschen mit anderen Geschlechtsidentitäten.

Meinungen

Beispielsweise hat sich die Gesellschaft für deutsche Sprache für einen geschlechtergerechten Sprachgebrauch ausgesprochen – allerdings nur, der verständlich, lesbar und regelkonform ist. Sonderzeichen werden nicht unterstützt. Eine sehr strenge Haltung hat der Verein Deutsche Sprache: Er spricht von einer "Zwangssexualisierung der deutschen Sprache" und lehnt "Gender-Mainstreaming" generell ab.

Pro Gendern

  • Geschlechtergerechte Sprache ist wichtig, um die im Grundgesetz verankerte Gleichbehandlung der Geschlechter zu fördern.
  • Studien zeigen: Sprachen, die neutraler sind, sorgen dafür, dass Menschen offener über Geschlechterrollen denken.
  • Sprache hat sich schon immer verändert. Wir benutzen heute Wörter, die es vor ein paar Jahren noch nicht gab. Wir passen die Sprache an die Welt an, in der wir leben.
  • Gender-Zeichen inkludieren alle Menschen, nicht nur Mann und Frau.

Contra Gendern

  • Das generische Maskulinum ist eine grammatisch männliche Bezeichnung, hat mit dem biologischen Geschlecht aber laut Definition nichts zu tun.
  • Durch Gendern wird das Geschlecht überbetont. Dadurch können Unterschiede noch mehr in den Vordergrund treten, obwohl das Geschlecht keine Rolle spielt.
  • Verständliche und lesbare Sprache wird durch Gendern nicht gewährleistet. Sternchen machen Texte leseunfreundlich und länger. Genderzeichen irritieren und die gesprochene Pause klingt unnatürlich.
  • Der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband rät von Sonderzeichen beim Gendern ab. Die meisten Bildschirmleseprogramme erkennen diese nicht.

Keine Gender-Pflicht

Gendergerechte Sprache offiziell einzuführen, wäre eine Entscheidung der Politik. Doch die Meinungen zum Genderthema gehen bei den Parteien weit auseinander. Auf Landes- und Bundesebene existieren deshalb keine Gesetze zu einer Gender-Pflicht. Allerdings gibt es in immer mehr Unternehmen, Hochschulen und Behörden Leitfäden zur geschlechtergerechten Sprache. Beispielsweise muss die Deutsche Bahn auf ihrer Internetseite die Anreden "Herr" und "Frau" mit "Divers" ergänzen. Eine nicht-binäre Person hatte im Juni geklagt und vom Oberlandesgericht Recht bekommen.

Quelle: Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg

Hier geht´s zum Podcast "Zeit für Pride"

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Hintergrund:

So geht gendern

  • Binnen-I: StudentIn; LehrerIn
  • Unterstrich: Student_innen; Lehrer_innen
  • Schrägstrich: Ein/e Student/in; ein/e Lehrer/in
  • Sternchen: Student*innen; Lehrer*innen
  • Paarform: Die Studentinnen und Studenten
  • Geschlechtsneutral: Die Studierenden
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