Oberpfalz
05.08.2021 - 17:25 Uhr

Frisch gepresst: Neue Musik aus allen Stilrichtungen und Ecken der Welt

Eine Diplomatentochter verwirklicht sich in der Musik, Mercury-Price-Gewinner Wolf Alice beweisen, warum sie die Trophäe einst ergatterten und eine Entdeckung Damon Albarns kommt zu Wort.

Ob Plattenteller, CD-Player oder Spotify-Playlist: Wir haben neue Musik für euch. Bild: Schober, Hubert
Ob Plattenteller, CD-Player oder Spotify-Playlist: Wir haben neue Musik für euch.

Grizfolk: Grizfolk (Warner)

Bild: Grizfolk

Zwei Amerikaner und zwei Schweden leben an oder nahe der entgegengesetzten Küsten Amerikas und machen trotzdem gemeinsam Musik. Für die neue Technik ist das kein Problem, außerdem gibt es ja auch so etwas wie Flugzeuge. In Pandemie-Zeiten entstanden, wird dieses Thema (gottlob) nicht thematisiert und die damit einhergehende Depression hat auch keinen Einfluss auf den Prozess des Songwritings genommen. So musiziert der Vierer unter der Regie von Rich Costey (Muse, Death Cab For Cutie) völlig locker und losgelöst im weiten Feld zwischen Folk und Pop, beschenkt uns dabei mit hymnischen bis euphorischen Melodien und klingt dabei alles andere als antiquiert.

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Eliza Shaddad: The Woman You Want (Rough Trade)

Bild: Eliza

Die Diplomaten-Tochter mit sudanesisch-schottischen Wurzeln studierte erstmal Philosophie und Jazz-Piano - bevor sie sich dem Pop und gediegenem Indie-Rock zuwandte. Zusammen mit Ehemann und Produzent BJ Jackson entstand das zweite Werk pandemiebedingt nicht im großen Studio, sondern eben im heimischen Schlaf- und Wohnzimmer. Kulturelle Identität, gesellschaftliche Erwartungshaltungen, Trauer und Verlust werden verhandelt. Die Vita würde jetzt eine Art Weltmusik-Album evozieren, aber bis auf die Oud und den traditionellen sudanesischen, weiblichen Freudenschrei in „Blossom“ ist davon nichts zu finden. Alanis Morrisette steht da deutlich näher.

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Current Joys: Voyager (Cargo)

Bild: Current Joys

Current Joy ist das Projekt des maximal umtriebigen Singer/Songwriters Nick Rattigan und bereits sein siebtes Werk in nur wenigen Jahren. Entstanden seine Alben bislang vorwiegend unter DIY-Bedingungen, so versammelt er dieses Mal eine ganze Band im Studio, was dem Sound mehr Volumen und Vielseitigkeit verleiht und ein breiteres Bett für seine bisweilen etwas überdreht-hysterische Stimm-Akrobatik bildet, beziehungsweise bilden kann, denn am intensivsten kommt der Mann trotzdem weiterhin nur mit Stimme und Schrammel-Gitarre rüber, wobei: Streicher und Mellotron machen sich auch nicht schlecht. Klingt ein wenig wie Steve Harley 4.0.

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Eloise: Somewhere In-Between (AWAL)

Bild: Eloise

Aufgewachsen im ländlichen Frankreich, wollte die Londonerin eigentlich Schauspielerin werden. Bei einem ihrer ersten Drehs traf sie auf den Soundtrack-Komponisten Damon Albarn und die Initialzündung für eine Musikerkarriere war gelegt. Als sie dann Bruno Majors „Second Time“ coverte und ins Netz stellte, war der so begeistert, dass er Eloise gleich mit auf Tournee nahm. Die erste EP erschien und zeitigte gleich 25 Millionen Streams. Dabei sind die Lieder der gerade mal 21-Jährigen kleine, intime Folk- und Jazz-informierte Songskizzen (mit R&B-Touch), die bescheiden und zurückhaltend rüberkommen und überhaupt nicht für den großen Laufsteg gemacht sind. Man wird dabei an die Frühwerke einer Joni Mitchell, Rickie Lee Jones, aber auch an die eine oder andere Musical-Melodie erinnert - und fühlt sich pudelwohl.

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Wolf Alice: Blue Weekend (Dirty Hit Rec.)

Bild: Wolf Alice

Die Mercury-Prize-Gewinner von 2018 wollen mit ihrem dritten Album wohl endgültig den Chart-Zenit in UK erreichen, nachdem es bislang „nur“ für die zweiten Plätze gereicht hat. Wer jetzt nach dem Außergewöhnlichen dieser Kapelle sucht, wird enttäuscht werden, denn diese Art von Indie-Pop und -Rock, diese Mischung aus weltumarmender Hymne, Bombast, Pathos, knackigen Gitarren-Riffs und wohldosiertem Balladentum kennt man zuhauf von der Insel. Was allerdings nicht jede Band sein eigen nennt, ist eine derart wandlungsfähige Vokalistin. Sängerin und Gitarristin Ellie Rowsell hat von der Punk-Göre bis hin zum Kunstgesang einer Kate Bush oder Annie Lennox so ziemlich alles im Repertoire.

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Allison Russell: Outside Child (Fantasy)

Bild: Allison

Die Dichterin, Sängerin, Songwriterin, Multi-Instrumentalistin und Mitbegründerin der Bands Our Native Daughters und Birds of Chicago, offenbart auf dem Album ihre Jugend in allen Einzelheiten – und die spielte, wie der erste Song heißt, in „Montreal“. Es ist eine herzzerreißende Reflexion über eine Kindheit, die niemand ertragen sollte, und gleichzeitig eine kraftvolle Rückgewinnung - entstanden von einem Ort der Heilung, der Mutterschaft, der Partnerschaft - und von einer neuen Heimat, die in Nashville geschaffen wurde. Die Platte enthält Beiträge von vielen der künstlerischen Familienmitglieder, die sie dort gefunden hat, darunter Yola, Erin Rae, The McCrary Sisters, Ruth Moody, Produzent Dan Knobler, Jamie Dick, Joe Pisapia und ihr Partner JT Nero. Würde Erykah Badu ein Folk-Album aufnehmen, es könnte eine ähnliche intime, zurückhaltende aber doch kraftvolle Nabelschau werden.

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