The Mountain Goats: Dark In Here
John Darnielles Bergziegen zählen sicherlich zu den produktivsten Indie-Rock- und -Pop-Bands. „Dark In Here“ müsste mindestens schon das 20. Album sein. Und man erkennt ein Ziegen-Album bereits nach den ersten Takten, was nicht nur an der sanften Erzählstimme unseres Protagonisten liegt. Al Steward ist hier ein ähnlich prägnanter und zuverlässiger Künstler. So halten sich also „Neuerungen“ in engsten Grenzen, Darnielle erzählt seine gewohnt intelligent-schrulligen Geschichten und spielt dazu unaufgeregte -jetzt sogar mal Soul- und Jazz-informierte Melodien, die dann in sensationelle Songtitel wie „The Slow Parts On Death Metal Albums“, "The Destruction Of The Kola Superdeep Borehole Tower" oder "Arguing With The Ghost Of Peter Laughner About His Coney Island Baby" münden. Gut, dass wir ihn haben!
Brainstory: Ripe
Das kalifornische Trio hat eine Art Trotz-Corona-EP aufgenommen und mischt dabei locker-relaxten California-Sunshine-Sound mit Roy-Ayers-Elementen, verschmilzt Jazz, Hip-Hop, 70s-Funk und 60s-Soul zu einer sämigen, meist instrumentellen Mischung, die sowohl für die Lounge als auch für Fahrten im offenen Cabrio taugt. Allerdings eine recht kurze, denn mehr als 18 Minuten sind nicht drin.
Squarepusher: Feed Me Weird Things
Tom Jenkinson aka Squarepushers Debütalbum „Feed Me Weird Things“ erfährt praktisch auf den Tag genau nach 25 Jahren eine Wiederveröffentlichung. Erstmals auf dem mittlerweile inaktiven Rephlex-Label erschienen, war das Album bis jetzt nicht auf Streaming-Plattformen verfügbar und seit mehr als einem Jahrzehnt vergriffen. Es wird jetzt auf Vinyl (2 x 12", 1 x 10" + Booklet), Deluxe-Casebound-Buch-CD und allen digitalen Formaten wiederveröffentlicht. Musikalisch ist das Debüt umfangreicher als die elektronischen Subgenres, in die es zu dieser Zeit eingeordnet wurde, da es die erste Veröffentlichung war, auf der Jenkinson sein virtuoses Bassspiel zur Geltung brachte. Wie ein Großteil seines späteren Schaffens zeigt auch dieses Album entwaffnend komplizierte melodische Kompositionen wie bei "Squarepusher Theme" und außerordentlich komplexe rhythmische Sequenzen, zum Beispiel bei "Tundra", und behält dabei eine beeindruckende Kadenz.
Kesmar: Forever Holiday
Nathan Hawes nennt sich Kesmar, stammt aus Sydney und sein Platten-Titel ist Programm. „Forever Holiday“ passt wie die Faust in die aktuelle deutsche Ferienzeit und begleitet den geneigten Hörer auf seiner Fahrt in die Ferien mit fröhlichen Weisen zwischen Yacht-Pop und DIY-Bedroom-Pop, der zwar nicht an die Eleganz eines Steely-Dan-Album heranreicht, dennoch trefflich wie unbeschwert unterhält. Einziges Manko: Der Urlaubs-Soundtrack wärt nur zirka 25 Minuten, der Druck auf die Repeat-Taste fällt aber umso leichter.
The Woodlands: Love Is A Stone
“I can´t stop loving you” singt Hannah Robertson und ihr Mann Samuel erwidert, „I need to love you” im ersten Song des Albums. Es ist zu schön, um wahr zu sein. Beim folgenden „Come Down“ eröffnen Streicher den erneut wohlfeilen Liedreigen, die angenehm weichen Stimmen unseres Ehepaares schmiegen, ja kuscheln sich in die gestrichene Vorlage. Der Titelsong dann ein sanftes Zirpen, analoge Synthies, Streicher- und Pianoklänge, die gezupfte Gitarre und organische Percussion erzeugen einmal mehr intim-romantischen Wohlklang. Auch wenn es den Anschein erwecken mag, ist das alles nicht kitschig oder Sacharin-süß, es ist einfach ergreifend und aufrichtig schön. Als würden Angus & Julia Stone mit dem Penguin Cafe Orchestra eine Session machen.
Emma-Jean Thackray: Yellow
Das neue Album von Emma-Jean Thackray fühlt sich genau wie das an, wonach wir uns in den letzten zwölf Monaten gesehnt haben: eine transzendente, menschliche, gemeinsame Erfahrung. Auf den 14 Tracks zieht „Yellow“ Linien zwischen 70er-Jahre-Jazz-Fusion und P-Funk, den kosmischen Beschwörungen von Sun Ra und Alice Coltrane und der Orchestrierung der Beach Boys. Ihre EPs „Um Yang 음 양“ und "Rain Dance" aus dem Jahr 2020 machten Thackray zur Vorreiterin einer spirituell geprägten, tanzflächenorientierten Interpretation des Jazz, die sich ein wenig von der breiteren britischen Szene absetzte. “Yellow" fühlt sich jedoch wie ein weiterer Schritt in einen frischen und eigenständigen Raum an. Die 14 Tracks blühen mit Bläsern und Streichern, Chorsegmenten und ekstatischen Gesängen auf und bieten ein Hörgefühl der wirklich ganz anderen und eigenen Art.
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