Sophia Kennedy: Monsters
Die Wahlhamburgerin, geboren in Baltimore, wird auch mit diesem zweiten Album die Journaille verzücken. Nicht nur spielt sie in den Texten mit Parabeln und Metaphern, muss man hier eher zwischen den Zeilen lesen, auch musikalisch sperrt sich quasi jede Schublade. Als große Klammer mag der Trip-Hop der späten 90er verfangen, es ist aber lediglich eine Annäherung. Kennedys Musik blubbert, wenn die Sonne scheint, sie kann aber auch düster und verstörend, mit klaustrophobischen Dark-Pop-Pattern, Samples und Soundtrack-Schnipsel versetzt sein. Sie kann jazzinformiert swingen und Richtung Chanson führen, sie kann aber auch einen Bossa-Nova zitieren, große Orchestermomente heraufbeschwören oder einfach nur Pop sein. Was sie nie ist: banal.
El Michels Affair meets Liam Bailey: Ekundayo Inversions
Traditioneller Dub entstand aus dem Reggae der späten 60er und frühen 70er Jahren, als Pioniere wie King Tubby und Lee Perry begannen, die mehrspurigen Aufnahmen von Songs zu nehmen und sie durchs Mischpult laufen zu lassen, um Effekte und zusätzliche Instrumentierung hinzuzufügen. Diese Aufnahmen werden "Dubs" oder "Versionen" genannt und sind typischerweise Instrumentals mit gesanglichen Ausschmückungen aus den Originalspuren. El Michels beschloss, die hinterlassenen Blaupausen zu nutzen und etwas mit den Einflüssen von heute zu machen. Dabei entfernte er sich so weit von dem traditionellen Format, dass es nicht wirklich passend erschien, das Wort "Dub" zu verwenden, daher „Ekundayo Inversions“. Alle Songs sind durch Whatsapp-Nachrichten zwischen Leon und Liam miteinander verbunden, die perfekt die Geschichte dieser Platte und ihrer Arbeitsbeziehung erzählen. Und als very special Guest hat Mr. Lee Scratch Perry höchstpersönlich einen Gastauftritt.
Jaimie Branch: Fly Or Die Live
Es ist schon eine arg schräge, wiederum aber auch interessante Sache, was Chad Taylor an Schlagzeug & Mbira, Lester St. Louis an Cello & Percussion, Jason Ajemian an Bass & Gesang und Branch selbst an Trompete & Gesang hier live auf die Bühne zaubern. Da finden sich Elemente des Blues, des Punk, des Art-Rock und außen herum die Klammer eines frei assoziierenden, experimentellen Jazz, zudem in einer ungewöhnlichen und daher umso mehr gewöhnungsbedürftigen Instrumentierung. Sprengt wirklich alle Grenzen.
Faye Webster: I Know I`m Funny Haha
Der berühmteste Fan der Singer/Songwriterin aus Atlanta ist sicherlich Barak Obama – und der gilt ja als musikalisch recht stilsicher. Ob er jetzt allerdings eher den charmant verschlurften Americana-Sound, den lakonischen Country-Soul der Lambchop-Liga, die R'n'B- und Jazz-Ansätze, oder vielmehr den Yacht-Pop-Einschlag goutiert, wissen wir nicht. Wahrscheinlich macht es wohl die Summe des Ganzen, aus und dann lässt Faye Webster ihre Band ja auch noch derart soft und zurückhaltend agieren, dass jeder Ton wie auf Watte gebetet daherkommt.
Turner Cody: Friends In High Places
Das neue Album markiert einen subtilen musikalischen Aufbruch für Cody. Produziert von Nicolas Michaux, kombiniert es die American-Roots-Texturen, die seit langem der Eckpfeiler von Codys Sound sind, mit einer nuancierten Klanglandschaft. Plötzlich erinnert etwas an Serge Gainsbourg, es ist sparsam, präzise, stimmungsvoll und sinnlich. Dennoch bleibt Turner Cody sich treu. Er ist ein Poet des strauchelnden Amerika. Seine Figuren, verloren zwischen dem, was war und dem, was kommt, geben sich der Melancholie zwischen den Zeiten hin. Persönliche Beschreibungen lassen sich immer wieder auch als soziale Kommentare lesen. Seine Songs erzählen Geschichten von Liebe und Verlust, Sünde und Erlösung, Entfremdung und Mühsal und von spiritueller Sehnsucht. Als Songwriter fühlt Turner Cody sich klassischem amerikanischen Songwriting verpflichtet, einem runden Zusammenspiel von Metrik, Rhythmus und Melodie. Er steht ganz in der Tradition großer amerikanischer Songwriter, die auf Stephen Foster zurückgehen und Jimmie Rodgers, Hank Williams, Woody Guthrie, Chuck Berry, Townes Van Zandt, Leonard Cohen und Bob Dylan einschließen.
The Shins: Oh, Inverted World
Da James Mercer mit dem Klang des Originals nie ganz zufrieden war, nahm er den 20. Jahrestag des Albums zum Anlass, die Aufnahme endlich fertig zu stellen. Und das Ergebnis klingt fantastisch: großartig für neue Fans und auf jeden Fall die Aufmerksamkeit derjenigen wert, die sich von Anfang an in das Album verliebt haben. Die klassischen Melodien erhalten durch das Mastering von Bob Ludwig unter dem wachsamen Auge von Bandleader selbst neues Leben. Das neue Frontcover dieser Ausgabe von „Oh, Inverted World“ zeigt ein `invertiertes´ Farbschema auf einer gestanzten Hülle und enthält ein Booklet mit Vintage-Fotos, handgeschriebenen Texten, Liner-Notes und vieles mehr.
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