Neil Young: Carnegie Hall 1970
Der volle Titel dieser CD lautet: „The Neil Young Official Bootleg Series - Carnegie Hall 1970“ -und erklärt sich dadurch von selbst. Die reichhaltige Setlist des Abends -gesamt sind es 23 Songs- deckt eine der gemeinhin am meisten verehrten Phasen von Youngs Karriere ab, mit zurückgenommenen und teils sehr langen Versionen –„Sugar Mountain“ bringt es auf über acht Minuten- von „Everybody Knows This Is Nowhere“, „Down By the River“, „Helpless“ und „Cinamon Girl“ sowie „After the Goldrush“ vom gleichnamigen Album, das nur neun Wochen vor dem Auftritt in der Carnegie Hall veröffentlicht wurde. Neil spielt sogar die ergreifenden Songs „Bad Fog of Loneliness“, „Old Man“ und „See the Sky About to Rain“, bevor sie aufgenommen und veröffentlicht wurden. Akustisch, minimalistisch -eben Young pur.
Jason Isbell & The 400 Unit: Georgia Blue
Hat man sich das feine Akustikalbum von Neil Young angehört, passt im Anschluss ganz hervorragend Jason Isbells neues, ebenfalls famoses Werk. Da es dazu ein schönes Statement des Meisters gibt, lassen wir Ihn also selbst sprechen: "Georgia Blue" ist ein Werk der Liebe. Am Wahltag 2020, als ich sah, dass es eine gute Chance gab, dass der Staat Georgia blau wird, hatte ich eine Idee: ein Album mit Georgia-bezogenen Songs als Dankeschön an den Staat aufzunehmen und das Geld an eine gemeinnützige Organisation in Georgia zu spenden. Ich gebe zu, dass meine Beweggründe ein wenig egoistisch waren. Seit Jahren habe ich nach einer Ausrede gesucht, um diese Lieder mit meiner Band und einigen Freunden aufzunehmen. Die Songs auf diesem Album sind einige meiner Lieblingssongs aus Georgia, aber die Trackliste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Ich würde gerne Outkast und 2 Chainz covern, aber ich glaube nicht, dass das Resultat sehr gut werden würde. Wir sind eine Rockband, also haben wir Rocksongs gecovert. Wir haben unsere Wurzeln im Blues und R&B, also haben wir einige brillante Künstler dazu geholt, die uns bei der Umsetzung von Songs von Precious Bryant, James Brown, R.E.M., den Allman Brothers, Vic Chesnut, den Indigo Girls, Gladys Knight und einigen anderen geholfen haben. Mein Lieblingsteil des Georgia Blue-Aufnahmeprozesses war die Möglichkeit, mit diesen ganz besonderen Künstlern zu arbeiten, und ich danke ihnen: Amanda Shires, Brittney Spencer, Adia Victoria, Brandi Carlile, Julien Baker, Bèla Fleck, Chris Thile, Steve Gorman, Peter Levin, und John Paul White. Ich hoffe, Sie haben genauso viel Spaß beim Anhören dieser Aufnahmen wie wir bei ihrer Entstehung. Hört weiterhin gute Musik und kämpft den guten Kampf".
Die Erlöse aus der Veröffentlichung gehen übrigens an Black Voters Matter, Georgia Stand Up and Fair Fight.
Lala Lala: I Want The Door To Open
Lala Lala ist das Projekt der Singer/Songwriterin Lillie West, das Sie mit wechselnden Kollaborateuren und -innen aus der Chicagoer Indie- und Experimental-Rock-Szene betreibt. Kommend vom Grunge- und Power-Rock, ist dieses dritte Album eher eine futuristisch-utopische Sinnsuche aber auch Innenschau der Künstlerin. Geben Synthesizer und andere elektronisch-digitale Instrumente auch den Ton vor, werden berührende Saxophon-Momente als auch ein Statement der Oma eingeflochten. Das ist nicht nur süß, es gibt diesem Electro-Pop-Album die Wärme und Empathie, die man wohl nicht vermutet hätte. Ein wenig klingt das manchmal sogar nach einer Art Kate Bush 4.0.
Martha Wainwright: Love Will Be Reborn
Die Schwester von Rufus dichtet und singt zwar ähnlich exaltiert, das gecken- und operettenhafte vermeidet die Kanadierin aber tunlichst. Da ist Sie mehr in Nashville als in Verona, erdet Ihre durchaus vertrackten, von Melodie- und Rhythmuswechseln durchzogenen Songs im Country, bezieht aber auch Elemente aus Soul bis hin zum Jazz im Sinne der Landsfrau Joni Mitchell („Report Card“) mit ein. Aufgenommen im Keller-Studio Ihres eben eröffneten Cafés, versprühen diese Aufnahmen eine Wärme, Direktheit und Intensität die gut zu den Themen Liebe, Gerechtigkeit, das Altern und universelle Werte passt. Trotz kürzlicher Scheidung ist „Love Will Be Reborn” kein Trennungsalbum, eher eines, das positiv in die Zukunft blickt.
José González: Local Valley
Wenn er nicht mit der Band Junip unterwegs ist, macht der Wahlschwede wunderschön zurückhaltende Solo-Platten, die Dank der Stimme wie ein Schaumbad klingen können. Auf dem aktuellen Werk knirschen und schmirgeln erneut die Nylonsaiten über den Steg, die Stimme wie ein Wattefließ, aber es wird erstmals auch auf Schwedisch, Spanisch und Englisch gesungen, einmal meint man einen Drum-Computer gluckern zu hören, „Swing“ führt uns geradewegs in die Karibik (und auf die Tanzfläche!), „Tjomme“ eher an die Westküste Afrikas. Diese rhythmischen „Aufreger“ tun der Platte wirklich gut, denn das „Problem“ von José González war ja schon immer, dass man oft das Ende der Scheibe nicht mehr im Wachzustand erleben konnte.
Slothrust: Parallel Timeline
Die fünfte Platte der Indie-Rocker erforscht das Gefühl, im eigenen Bewusstsein gefangen zu sein, während man gleichzeitig nach einer sinnvollen Verbindung zum Universum und all den darin enthaltenen Geheimnissen sucht. Bisher eher dem Grunge-Sound verpflichtet, macht schon gleich der Opener klar dass es hier zumindest zeitweise in eine völlig andere Richtung geht. „Cranium“ eröffnet mit einigen schönen Blues-Rock-Riffs und „Once More For The Ocean“ ist lupenreiner Power-Pop, lediglich das Gitarren-Solo kann man noch etwas schmutzig (keinesfalls dreckig) nennen. „Courtesy“ macht auf kuschelige Power-Ballade, „A Giant Swallow“ geht schon fast Richtung Country, bei „White Rabbit“ (kein Jefferson Airplane Cover!) darf die Sechssaitige nochmals zu wuchtigen Drums jaulen, wobei man sich beim finalen Titelsong gar vor dem Lagerfeuer wiederfindet. Könnte alte Fans in die Flucht schlagen, dafür aber ganz viel Neue gewinnen.
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