Nathaniel Rateliff and The Night Sweats: The Future
Es ist fast unmöglich, sich nach dem Opener „The Future“ nicht gleich Hals über Kopf in das neue Werk von Nathaniel Rateliff zu verlieben, verschmelzen hier doch zwei Vergleiche und Vorbilder auf das Wunderbarste. Da haben wir zum einen den nöligen, hier noch kratzbürstigen Gesangsstil eines Bob Dylan. Auf der anderen Seite den Northern Soul mit seinem Charme, seiner Geschmeidigkeit und seines Grooves wie es sonst nur ein Van Morrison im Blut hat. Einfach grandios! „Face Down In The Moment“ ist dann etwas später eine Torch-Ballade mit Klavier über einem stoischen Rhythmus und breiten Background-Chören und in „Love Me Till I’m Gone“ gesellt sich dann noch eine Jazz-Note zum sämig-süffigen Soul-Blues-Rock`n`Folk-Gemisch. Ein Meisterwerk!
The Cookers: Look Out!
Benannt nach Freddie Hubbards Live-LP, „The Night Of The Cookers” von 1965, huldigt die Altherren-Riege genau diesem Genre: dem locker swingenden Jazz der Sixties. Musizierten sie zuvor mit Kollegen wie Art Blakey, Herbie Hancock oder McCoy Tyner, handelt es sich hier ausschließlich um Eigenkompositionen, die in der Besetzung Billy Harper (Tenor Sax), Eddie Henderson und David Weiss (Trumpet), Donald Harrison (Alto Sax), George Cables (Piano), Cecil McBee (Bass) und Billy Hart an den Fellen umgesetzt werden. Jeder bekommt hier natürlich seine Solos, wirklich stark sind die alten Herren aber als blind aufeinander eingespielte Mannschaft.
Curtis Harding: If Words Were Flowers
Es gibt derer ja inzwischen viele: Leon Bridges, Gregory Porter, Arlo Parks, Michael Kiwanuka und eben auch Curtis Harding zählt zu dieser noch recht jungen Funk- und Soul-Musiker-Generation, die ihre Wurzeln klar und erkennbar in den späten 60ern bis Mitte der 70er haben, dieses Verständnis aber in die 2020er-Jahre transformiert und um die zwischenzeitlich herangewachsenen Sprösslinge aus Hip-Hop und Rap erweitert haben. Harding hat zudem den Folk und selbst den Rock für sich entdeckt, leicht Pop-, aber auch mal Jazz-affin war er schon immer. Und so ist auch das dritte Album ein fulminanter und selbstsicherer Ritt durch all diese Stile mit unterschiedlichen Gemengelagen. Gelungen!
Natalia M. King: Woman Mind Of My Own
Die New Yorker Sängerin bringt man eher mit Jazz und Soul in Verbindung, ihr sechstes Album hat sie aber ganz der Ur-Suppe, dem Blues gewidmet. Und man kann nicht behaupten, dass die Musikerin hier als große Erneuerin auftritt, man ist ja auch selbst schon lange keine 30 mehr. King baut ganz auf ihre große, wuchtige Stimme, Gitarrist und Produzent Fabien Squillante spielt eine nicht gerade untergeordnete Rolle, dann genügen aber ein paar Handclaps, ab und an fette Background-Chöre und auch eine Bläsertruppe darf mal ran. Diese Songs sind vintage ohne verstaubt zu sein, Natalia Kings Organ thront über der Szenerie, schmeichelt, gurrt, faucht, leidet, ist immer in der richtigen Emphase.
Phillip-Michael Scales: Sinner-Songwriter
Der junge Mann ist der Neffe des großen, ja übermächtigen B.B. King. Solche Verwandtschaften können eine große Bürde sein, vor allem, wenn man sich ebenfalls dem Blues verschrieben hat. Phillip-Michael Scales wurde zunächst vom Indie-Rock sozialisiert und fand erst, inspiriert durch Onkel B.B. zum Blues. So ist es nicht nur seinem Alter geschuldet, dass sich seine Auslegung des Musikgenres eher wie eine Adaption eines Lenny Kravitz oder auch Joe Bonamassa liest. Er selbst nennt seinen Stil "Dive Bar Soul" und macht damit schon klar, wo sein Herz auch noch hängt: am Soul und vor allem seinen gospeligen Chören.
Pluto Jonze: AWE
Der junge Musiker aus Sydney hat sich gut drei Jahre Zeit für das zweite Album gelassen und dabei sowohl bei Melodie-Künstlern des frühen Pops, nennen wir sie ruhig die Beatles, als auch bei fröhlich-bekifften Pop-Verliebten der 2000er, von Tame Impala bis zu den Flaming Lips rein gehört, die Inspirationen auf sich wirken lassen, sich vielleicht mit einer Flasche Rotwein an den Strand gesetzt und erste Entwürfe im Kopf formuliert. Diese Skizzen hat er dann vorwiegend im DIY-Verfahren, aber auch mit einige Gästen im Studio zu einem recht illustren Lied-Reigen verdichtet, der am Ende nicht mehr und nicht weniger als großer Indie-Pop mit Electro- und Psychadelic-Note geworden ist.
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