Kiefer Sutherland: Bloor Street
Ja, der macht auch Musik. Da hat der Schauspieler zwar das Rad nicht gerade neu erfunden, aber wer auf gut abgehangenes Americana mit Schwerpunkt Heartland-Rock und Country steht, wird hier ganz ordentlich bedient. Sutherland hat eine recht angeraut-raspelnde Raucher-Stimme, die gut zu seinen bodenständigen Herz-Schmerz-Geschichten passt und mit Grammy-Preisträger Chris Lord-Alge zudem einen Produzenten gefunden, der den passenden AOR-Sound geschneidert hat: unprätentiös, schlank, aber trotzdem druckvoll und üppig genug für jedes Radioformat.
The Anchoress: The Art Of Losing (Expanded Edition)
The Anchoress aka Catherine Anne Davies hat es zuletzt nicht leicht gehabt. Zunächst der frühe Tod ihres Vaters, dann eine Behandlung wegen Gebärmutterhalskrebs und schließlich noch mehrere Fehlgeburten. Die daraus resultierende Platte begegnet der Trauer mit einem trotzigen Optimismus, wie man inmitten des Verlustes einen Sinn finden kann. „Hatte es einen Sinn, meinen Verstand zu verlieren?“, fragte sich die Protagonistin selbst - und gab sich die Antworten mit diesem Album, das nun in einer erweiterten Version mit 19 Titeln und 5 zusätzlichen brandneuen akustischen Tracks vorliegt. Das laut Elton John eines der besten Alben des Jahres 2021 ist eine Mischung aus kraftvollem Indie-(Art-)Pop zwischen den Simple Minds, Tori Amos, Kate Bush und den Manic Street Preachers.
Jackie: Hey Angel
Jackie Mohr heißt die Sängerin und Namensgeberin des Trios aus Toronto. Verglichen werden wollen die Drei mit Snail Mail, Courtney Barnett oder auch Julia Jacklin, wobei die mittlere Künstlerin Jackie wohl noch am nähesten kommt - addiert man eine gute Portion Power- und Indie-Rock zu deren Songwriting. Die Kanadier neigen eher zum Jubeln, als zum Innehalten, sind eloquent und nicht enigmatisch-verkopft. Melodien für Millionen? Aktuell vielleicht erst doch noch für ein paar Hunderttausend.
North Mississippi Allstars: Set Sail
Luther und Cody Dickinson, die Söhne des legendären Produzenten und Musikers Jim Dickinson (Alex Chilton, Willy DeVille, Green On Red, The Replacements um nur einige wenige zu nennen), gründeten die Band 1996 als loses Kollektiv von gleichgesinnten Musikern der zweiten Generation, die ein lokales Repertoire und einen regionalen Stil teilten. Im Laufe der Jahre änderte sich die Besetzung, und bei „Set Sail“ kamen die Talente von Jesse Williams am Bass und Lamar Williams Jr. hinzu, dem Sohn des Allman-Brothers-Bassisten Lamar Williams Sr. am Gesang. Zusammen pflegt die Gruppe legendärer Musikerkinder einen offenen Crossover-Stil, der von Soul über Blues zu Folk und Roots-Rock reicht. Bemerkenswert dabei der flüssig-lockere Groove, die süffigen, sofort ins Ohr gehenden Melodien und die Gewieftheit und Sicherheit bei den kurzen, kleinen solistischen Großtaten. Nachdem die famosen The Duke & The King seit Jahren nichts mehr veröffentlicht haben, schließen die Allstars diese schmerzliche Lücke. Zeitlos gut und eine der Höhepunkte des noch jungen Jahres.
Greensky Bluegrass: Stress Dreams
Der Name ist Programm: Greensky Bluegrass spielen Bluegrass und vertonen die wahren Geschichten des amerikanischen Lebens, der Kämpfe, der Tragödien und der Triumphe. Bestückt mit Kontrabass, Mandoline, Banjo, Gitarre und Dobro huldigen Sie zwar diesem ur-amerikanischem Genre der weißen Einwanderer, packen aber eine gehörige Portion Americana und Roots-Rock dazu, so dass selbst Voreingenommene hier noch auf ihre Kosten kommen.
Black Sea Dahu: I Am My Mother
Janine, Simon und Vera sind Geschwister, kommen aus der Schweiz und zeigen, dass man auch fernab der Kelly Family anspruchsvolle Popmusik im Familienkreis kreieren kann. Sie singen über Empathie, Akzeptanz und die Kunst, die Schönheit im nie endenden Tanz zwischen dem Hässlichen und dem Erhabenen zu erkennen. Es geht darum, seine Wurzeln und seinen Platz in einer Welt zu finden, die immer im Wandel ist. Es geht um Handlungsfähigkeit und Selbstermächtigung. Es geht um alle Arten von Beziehungen: Liebe, Familie, Gesellschaft. Musikalisch holen sie weit aus, setzen Streicher an die richtigen Stellen, pflegen ansonsten einen facettenreichen folk-orientierten Indie-Pop der mit viel Emphase und Leidenschaft vorgetragen wird - eine Hymne auf das Leben, auf die Musik an sich.
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