Jack In Water: You Once Were Home (Nettwerk)
William Clapson ist der Musiker, der hinter der gewaltigen Stimme, den tiefen Songs und dem Alias Jack in Water steckt. Der Brite ist ein lauter Leisetreter, spielt mit Dynamik, lässt seine Lieder anschwellen wie ein Tsunami, um sie dann als sachte Welle wieder ausklingen zu lassen. Ein reichhaltiges Folk-Instrumentarium wird um Streicher ergänzt, die Melodien sind moll-lastig, das Wasser, in dem Jack fischt ist dunkel-grau und unergründlich tief.
Juanita Euka: Mabanzo (Strut)
Geboren in der Demokratischen Republik Kongo, aufgewachsen in Buenos Aires und letztendlich gestrandet in London, ist die Nichte von Papa Wemba von ganz verschiedenen musikalischen Einflüssen geprägt. Da ist natürlich der Afro-Beat, der sich herrlich sämig und charmant mit Latin Music, etwas Jazz und Nu-Soul made in the UK paart. Heraus kommen Bläser-verstärkte Gassenhauer wie auch empathische Tangos und Chansons. Gesungen wird auf Spanisch und Englisch und textlich gibt sich die junge Dame durchaus kämpferisch und aufgeklärt. Dass sich diese Musik trotzdem auf dem Dancefloor am wohlsten fühlt tut den klugen Botschaften ja keinen Abbruch.
Madrugada: Chimes At Midnight (Warner)
Dann waren es nur mehr drei: Sivert Høyem, Frode Jacobsen, Jon Lauvland Pettersen. Nach dem Tod ihres Gitarristen Robert Burås löste sich die norwegische Band erst einmal auf, um dann 2019 zu einer Reunion-Tournee zusammen zu finden und das Jubiläum ihres bahnbrechenden Debüts, „Industrial Silence“, zu zelebrieren. Die Resonanz darauf war so überwältigend, dass man sich Produzent Kevin Ratterman (Ray LaMontagne, My Morning Jacket, The Flaming Lips) schnappte und sich in Los Angeles an die Aufnahmen zum vorliegenden Werk machte. Die Pandemie hätte dann fast einen Strich durch die Rechnung gemacht, aber letztendlich gelang das Unternehmen und so wurde aus alten, aber noch nie veröffentlichten Stücken und komplett neue Geschriebenem dieses monumentale Werk geschaffen. Es hat wirklich alles, was ein hymnisches Pop-Album haben sollte: grandiose Melodien, üppige Instrumentierung, packende Refrains, herzerweichende Balladen und wuchtigen Rock-Songs. „Chimes At Midnight” steht damit neben den besten Werken von U2, Elbow, aber auch Nick Cave & The Bad Seeds. Und „Slowly Turns The Wheel“ geht schon fast als Neil Diamond-Hymne der „I Am … I Said"-Liga durch.
Bugge Wesseltoft: Be Am (Jazzland)
„Es ist ein so ruhiges Album – was kann man dazu sagen?“, so der Meister selbst. Und Recht hat er, denn außer ein herzzerreißend einfühlsam gespieltes Klavier oder eines Fender Rhodes Pianos gibt es wirklich nicht sehr viel mehr auf dieser kontemplativen Platte zu hören.Aber wir haben ja schon in der Kindheit gelernt, dass weniger oft mehr ist. Und tatsächlich kommt dann in „Life“ eine Kalimba zu Gehör, die aber so sanft angeschlagen wird, dass man schon die Ohren spitzen muss. Bei den Kompositionen, „Emerging“ und „Roads“ wird Håkon Kornstads am soulvollen Saxophon hinzugezogen, aber dann sind die Zutaten ausgereizt.
Elles Bailey: Shining In The Half Light (Bertus)
Im letzten Jahr wurde die Singer/Songwriterin und Gitarristin aus Bristol zur besten Blues-Künstlerin des United Kingdom gewählt. Da müssen ein paar richtige Rocker unter den Juroren gesessen haben, denn die reine Lehre verbreitet die stimmgewaltige Dame sicherlich nicht. Der Blues der Frau Bailey rockt und rollt und in Titeln wie z.B. dem famosen „Stones“ ertönt auch ein voluminöser Gospel-Chor. Es dominieren die fetzigen Blues(Rock)-Titel, gefühlvolle Balladen wie „Colours Start To Run“ oder „Different Kind Of Love“ gehören aber ebenso zum Repertoire. Die Auszeichnung geht also voll in Ordnung.
Toby Goodshank: Truth Jump Fall (BB Island)
Die Orgel im Titelsong klingt voll nach Procol Harum, das war es dann aber auch schon mit Prog-Rock-Reminiszenzen. Der Mann mit dem etwas seltsamen Humor startete seine Karriere als Gitarrist der Moldy Peaches, später ging er mit Adam Green auf Tour oder spielte im Vorprogramm von Kimya Dawson oder Jeffrey Lewis - und dann nahm er noch so nebenbei 14 Platten in 5 Jahren auf. Seinen minimalistischen, psychedelisch angehauchten Indie-Pop kann man gut zwischen Robyn Hitchcock und Kevin Ayers einordnen, hören sollte man diese bescheidenen aber wunderschönen Harmonien aber allemal.
Superchunk: Wild Loneliness (Cargo)
Na wer guckt denn da so frech aus dem Fensterchen?! Die neue Superchunk-Platte hat mal wieder ein Tiermotiv auf dem Cover und ach ja, die Melodien sind auch wieder mal keck, euphorisch, jubilierend, alles umarmend, freudig und Sixties-verliebt ausgefallen. Kein Wässerchen trübt diesen Liederreigen, ganz im Gegenteil steuert eine illustre Gästeriege Bemerkenswertes zum Gesamtkunstwerk bei. Owen Pallet verantwortet die feinen Streicher zu „City Of The Dead“ und „This Night“, Franklin Bruno (The Mountain Goats, etc) ein einfühlsames Klavier bei „On The Floor“, Mike Mills von R.E.M. den Gesang dazu, Kelly Pratt (Beirut, David Byrne) die fetten Bläser bei „Highly Suspect“, Tracyanne Campbell von Camera Obscura den Gesang bei „This Night“, Andy Stack von Wye Oak das Saxofon bei „Wild Loneliness“, Sharon Van Etten den Gesang bei „If You’re Not Dark“ und Norman Blake und Raymond McGinley von Teenage Fanclub den Gesang zu „Endless Summer“.Wäre aber vielleicht auch ohne diese All-Star-Riege einmal mehr eine großartige Platte geworden.
Xavier Rudd: Jan Juc Moon (Virgin)
Wenn es einen australischen Musiker gibt, der wie selbstverständlich seine Wurzeln, seine Herkunft in seine Lieder einfließen lässt, dann ist es Xavier Rudd. Der Multiinstrumentalist ist kein Aborigine, aber er hat ein tiefes Verständnis für die Natur und die Lebensverhältnisse seiner direkten Heimat und er Welt als Ganzes entwickelt. Dieses Verständnis fließt in seine Texte und seine Musik ein, so dass die exotischen Klänge eins Didgeridoos neben einer Steel-Gitarre, dem Klavier, einer sehnsüchtigen Mundharmonika, dem Cello oder einer Rap-Einlage von J-Milla stehen. Es sind Pop-infizierte Hymnen und schüchterne Folk-Balladen, Weltmusik und klitzekleine Ambient-Schnipsel, die zu einem Ganzen geformt werden. Zu einem authentischen Ganzen, dem man immer die erdverbundene Seele und das Herzblut anhört.
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