The Simps: Siblings (Rough Trade)
Zahara Jaime und Idris Vicuña aka Eyedress und zzzahara aka The Simps sind zwar keine Zwillinge, beide haben Ihre Wurzeln aber auf den Philippinen und Ihr gemeinsamer Wohnort ist L.A. Gemeinsam teilen Sie auch Ihre Liebe für DIY-, Punk- und Post-Punk-Musik, da war es doch naheliegend, gemeinsame Sache zu machen. Die klingt dann allerdings weit mehr nach Electro-Pop und Post-Wave mit seinen Drum-Computern, den wirbelnden Synthesizern und den zurückhaltenden, twangigen Gitarrenlinie. Wirklich aufregend ist das nicht, Mr. Eyedress erste Platte, „Let's Skip to the Wedding“ enthielt 2020 die virale Hit-Single "Jealous", die in über 1 Million TikTok-Videos verwendet wurde - und auf Platz 10 der TikTok Top Alternative Rock Tracks of 2021 stand - sowie derzeit 172 Millionen Streams auf Spotify hat. Wie immer eine Sache des Geschmacks.
Peter Doherty & Frédéric Lo: The Fantasy Life of Poetry & Crime (Strap Originals)
Den Libertines- und Babyshambles-Sänger und Texter muss man wohl nicht weiter vorstellen, Frédéric Lo dagegen ist wohl eher nur Freunden frankophiler Musik bekannt. Er ist musikalischer Leiter, Komponist, Arrangeur, Musikproduzent und Singer-Songwriter und vor allem für seine Arbeiten mit und für Daniel Darc, Pony Pony Run Run, Stephan Eicher, Maxime Le Forestier , Christophe Honoré und Alex Beaupain bekannt.
Die beiden haben sich anscheinend gesucht und gefunden, Lo schreibt die Musik, Doherty bezwingt dazu seine Dämonen und steuert lyrisch hochinteressante Texte bei. Das Ergebnis sind emotional berührende, das Sentiment kitzelnde Chansons, orchestrale Mini-Dramen, barocke Oden, Kammer-Folk-Arien -oder einfach anspruchsvolle Popmusik. Steve Harley und Kevin Rowland wären stolz wie Harry auf diese Songs.
Michael Malarkey: Strays (Ki An Projects)
Herum gekommen ist der junge Mann ja schon. In Beirut als Sohn eines irisch-amerikanischen Vaters und einer arabisch-italienischen Mutter geboren, wuchs er in Yellow Springs/Ohio auf, bevor er nach London zog und dort viele Jahre lebte, um letztendlich in Atlanta/Georgia zu landen. Solch ein Leben prägt natürlich das Songwriting und Malarkey singt vom wahren Leben, Lieben, von Verlust und Angst, von allem, was das Leben eben ausmacht. Ein dunkler, sparsamer Folk-Pop mit viel Akustikgitarre passt gut zu diesen intimen Liedern und die oft zitierten Vergleiche zu Tom Waits oder Nick Cave treffen eher auf die innere Ausrichtung, denn auf den musikalischen Vortrag.
Broadcast: Maida Vale Sessions / Mother Is The Milky Way / Microtronics Vol. 1 & 2 (Warp)
Zeitgleich veröffentlicht die Electro-Pop-Institution aus Birmingham drei Alben, wovon die „Maida Vale Sessions“ sicherlich die interessanteste, „Microtronics Vol. 1 & 2“ eher nur harten Fans empfohlen werden kann. Bei den Sessions noch voll dabei, erlag die ikonische Sängerin der Band, Trish Keenan vor gut einem Jahr einer Lungenentzündung. „Mother Is The Milky Way” konnte man früher lediglich beim Tour-Merchandise erwerben, zählt aber auch nicht zu den besten Scheiben der innovativen Elektroniker, die ob der Verbindung von 60er-Sounds, psychedelischer Rockmusik und eben starken elektronischen, gerne auch durch alte analoge Synthesizer erzeugte Klang-Elemente und natürlich der Ähnlichkeit des Gesangs mit Stereolab verglichen werden.
Flora Purim: If You Will (Strut Rec)
Die Grande Dame des brasilianischen (Fusion-)Jazz kehrt nach 15 Jahren Abstinenz mit einem neuen Album zurück! Und diese Kompositionen klingen weiterhin so charmant und fließend, so locker leicht und lebensbejahend, so groovy und lässig, so farbenfroh und sonnig, wie man es von Ihr gewohnt ist. Die Stimme scheint nicht zu altern, wenn überhaupt vielleicht ein wenig zu reifen. Trotzdem hat Sie mit Diana Purim Ihre Tochter mit ins Spiel gebracht und auch alte Weggefährten wie Airto Moreira oder Jose Neto dürfen natürlich nicht fehlen. Das Album enthält neben neuen Kompositionen auch Neubearbeitungen von Floras persönlichen Lieblingsliedern und erbauliche Texten aus ihrer bewegten Karriere, die Sie mit Künstlern und Bands wie Return To Forever, Chick Corea, George Duke, Miriam Makeba oder Stan Getz verband. Ein weiteres Meisterwerk dieser großen Künstlerin.
Disassembler: A Wave From A Shore (Cargo)
This Will Destroy You co-founder Christopher Royal King (AKA Symbol) und Violinist und Komponist Christopher Tignor haben sich über Monate Ihre Ideen zwischen L.A. und New York hin und her geschickt und daraus diese musikalische Entspannungsübung erschaffen. Natürlich dominiert die Geige und thront hier über von Synthesizern, weiteren Tasteninstrumenten, allerlei elektronischen Klangerzeugungsmaschinen und dezenten Perkussion erschaffenen Klanglandschaften, die üppiger als bei Brian Eno oder Nils Frahm erblühen, aber trotzdem keine große Aufregung zulassen. ZEN.
Papercuts: Past Life Regression (Slumberland Rec)
Jason Quever hat sicherlich ein paar Spacemen 3-Scheiben in seiner Sammlung. Van Dyke Parks, Syd Barrett, die Beach und Soft Boys, Velvet Underground oder Belle & Sebastian und Mazzy Star sollten Ihm auch keine Unbekannt sein. Wer so musikalisch sozialisiert wurde, kann entweder auf die Barrikaden steigen und Punk werden, oder eben das Gehörte in sein eigenes Schaffen einfließen lassen und daraus diesen wundervoll sanft-versponnen, in sich kreiselnden, psychedelischen Dream-Pop destillieren. Das Leben ist doch schön!
Ceramic Animal: Sweet Unkind (Universal)
Diese Porzellantiere, genauer gesagt das Brüdern-Trio – Chris Regan (Gesang, Gitarre), Erik Regan (Schlagzeug) und Elliott Regan (Gesang, Tasten) – sowie die Jugendfreunden Anthony Marchione (Gitarre) und Dallas Hosey (Gesang, Bass) stammen aus Pennsylvania und Ihr West Coast-lastiger Gitarren-Rock ist alles andere als zerbrechlich. Grobschlächtig und hemdsärmelig ist er aber auch nicht, eher grundsolide, manchmal sogar ein wenig verspielt und Yacht-Rock-anfällig („I Love A Stranger“), sentimental und emphatisch („Forever Song“), oder geradezu romantisch und ein bisschen zu gefällig („Up In Smoke“). Produziert hat The Black Keys-Frontmanns Dan Auerbach und der hätte ruhig ein paar mehr Ecken & Kanten, ein bisschen mehr ROCK wie z.B. auf „Valerie“ belassen können.
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