Michael Morevek & Electric Traveling Show: Lost (Backseat)
Als Inspirationsquellen nennt der belesene Singer/Songwriter Werke von Mark Twain, Fjodor Dostojewskij, Hermann Melville, Arthur Rimbaud oder auch den von den Nazis zu Tode gefolterten Journalisten Julius Fučik. Musikalisch sozialisiert wurde er von Bob Dylan, Elvis Costello oder den Nits. Und gerade das feine, einfache, dezente, transparente, völlig entschlackte, aber umso atmosphärischer gestrickte Songwriting und Sound-Design der Holländer ist das bestimmende Momentum dieses wunderbaren Albums. Herrlich jubilierende Orgeln sind hier zu hören, ein sexy Saxophon, eine Oboe oder die leidende Lap Steel - und manchmal einfach auch nichts, als diese sanfte, eindringliche Stimme. Ähnlich filigran, intim und berührend arrangiert Philipp Poisel seine Musik.
Jacob Karlzon: Wanderlust (Warner)
Der norwegische Pianist ist kein Jazz-Purist. Die Farben Pop bis Prog sind im durchaus bekannt, die Tasten sind aber dennoch immer raumgreifend, dezente Elektro-Schnipsel, schon deutlicher Schlagzeug und Steh-Bass bilden ein solides Fundament, Dominic Miller darf mal seine Saiten ergänzen, Mathias Eick seine Trompete und Streicher legen einen feingeknüpften Teppich auf „ Promises Kept“.
Fieh: In The Sun In The Rain (Membran)
Der Titeltrack klingt fast wie eine moderne Mischung aus Renaissance und ELP - und führt (nicht ganz) in die Irre. Der norwegische Siebener steuert eher die Tanzflächen dieser Welt an, verquickt smoothen Soul mit knackigem Funk und legt dabei vor allem Wert auf polyrhythmischen Rhythmus, abrupte Tempi-Wechsel und überhaupt viel nervöse Unruhe und Bombast. Andere beschrieben das bereits als "Future Soul" oder "Left Field R&B" - es sucht jedenfalls aktuell noch seinesgleichen.
Cowboy Junkies: Songs of the Recollection (Proper)
Die Timmins-Bande war ja schon immer gut darin, verehrte Kollegen zu Covern (remember u.a. „Sweet Jane“ aus den „Trinity Sessions“), dies ist nun ein reines Tribute-Album. Gewagt und gewonnen gleich beim Opener, „Five Years“ von David Bowie - mit beherztem Gitarrenlärm geadelt. Gleiches gilt für The Cures „Seventeen Seconds“ und dass bei Songs von Neil Young, Gram Parsons, Gordon Lightfood, Vic Chesnutt, den Stones oder Bob Dylan wenig anbrennen würde, verstand sich von selbst.
The Waterboys: All Souls Hill (Indigo)
Auf der bereits im letzten Jahr erschienen Single, „The Liar“ bekommt unser liebster Fake-News-Dichter, Donald „Asshole“ Trump sein Fett weg und auch sonst kümmert sich Mike Scott um die Welt und ihre Verwerfungen. Diktator Putin hatte er da leider noch nicht auf dem Zettel. Musikalisch bewegt man sich in gewohnten Gefilden, der arg gemütliche, fast 10-minütige Country-Stomper mit Gospel-Einlage, „Passing Through“, fällt ebenso aus dem Rahmen wie der James-Bond-artige Titelsong. Ganz besinnlich kommt die verschlafene Ballade zum „Hollywood Blues“ daher, „Once Were Brothers“ zündet dann einmal mehr eindringlich-schwelgende Hymnen-Lichter an. Sicherlich nicht Scotts beste Platte, andere wären trotzdem stolz wie Harry auf diese Melodien.
Tempers: New Meaning (Cargo)
Das Duo Jasmine Golestaneh und Eddie Cooper aus New York machen Bohème-Großstadt-Synthi-Pop. Sehr cool, sehr elegant, sehr dunkel. Zu Drum-Maschinen mit staubtrockenen Beats schmachtet eine blasse, entrückte Engelsstimme, Synthis legen Teppiche aus, die Gitarre darf dazu quecksilbrige Akkorde zirpen. Man hatte das auch schon mal in den 80ern und mit Anne Clark eine Speerspitze.
A Place to Bury Strangers: See Through You (D`Hart)
Und auch diese Kapelle stammt aus New York und ähnelt in ihrem Sound-Design, was abgeklärte Nüchternheit betrifft, Tempers. APTBS gelten aber auch als "The Loudest Band in New York" und so werden hier zusätzlich noisige Gitarren-Wälle ein wenig Post-Punk und Industrial-Lärm und anstelle von Engelsgeflöte verhallte Vocals aus dem Purgatorium integriert. Brrrrr!
Eugen & Roger Cicero: Zwei Leben, eine Bühne (in+out)
Der Soundtrack zum gleichnamigen (äußerst sehenswerten) Film über Vater und Sohn Cicero enthält neben einigen Hits diverse, überaus hörenswerte, weil überraschend arrangierte und meist live performte Coverversionen. Mit dabei u.a. „Kiss“ von Prince, „Have A Talk With God” von Steve Wonder, ”Just The Way You Are” von Billy Joel, das berührende Abschlusslied “From The Morning” von Nick Drake, aber auch zwei klassische Kompositionen von Meister Bach und Herrn Chopin.
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