Oberpfalz
05.07.2022 - 10:52 Uhr

Frisch gepresst: Neue Musik aus allen Stilrichtungen und Ecken der Welt

Ein Grizzly Bear auf wunderbaren Abwegen, ein Ex-New-Wave-Star inszeniert üppigen Pop, und auch die eine Hälfte von Heart versucht es mal solo.

Ob Plattenteller, CD-Player oder Spotify-Playlist: Wir haben neue Musik für euch. Bild: Schober, Hubert
Ob Plattenteller, CD-Player oder Spotify-Playlist: Wir haben neue Musik für euch.

Colin Hay: Now and the evermore (Bertus)

Colin Hay: Now and the evermore (Bertus) Bild: Bertus
Colin Hay: Now and the evermore (Bertus)

“Love Is Everywhere” singt unser Ex-Men-At-Work-Frontman quasi in Endlosschleife im gleichnamigen, wirklich wundervollen Pop-Song. Die Rechnung hatte er wohl bei den Aufnahmen noch ohne unseren Lieblingsdespoten Wladimir Putin gemacht, vielleicht soll der Song aber auch Mut in diesen dunklen Mordor-Zeiten machen. Denn unterm Strich ist diese Lied-Sammlung eine trotzig-fröhliche Feier des Lebens und der Liebe, die Kampf, Verlust und Sterblichkeit auf Schritt und Tritt mit Mut und Humor begegnet. Hay schöpft aus einem weiten Spektrum des Pop, arrangiert orchestral und üppig (und kommt dabei Neil Diamond gefährlich nahe), besinnt sich auf keltischen Folk, streift Country (schließlich wurde in Nashville aufgenommen) badet in Streichern, lässt sich von Chören umgarnen oder schwelgt zur Lap Steel - Hauptsache, es klingt schön abgehangen und vintage.

Video

Ann Wilson: Fierce Bliss (Silver Lining)

Ann Wilson: Fierce Bliss (Silver Lining) Bild: Silver Lining
Ann Wilson: Fierce Bliss (Silver Lining)

Schön, mal wieder ein Artwork von Altmeister Roger Dean bewundern zu dürfen, wie überhaupt die Verpackung des neuen Solo-Albums der Heart-Sängerin sehr aufwändig und ansehnlich geraden ist. Wilson hat sich diverse Co-Autoren an Ihre Seite geholt - u.a. Warren Haynes und Tom Bukovac von den Muscle Shoals Sound Studios - um dann richtig großen Vintage-Rock mit bleischweren Gitarren einzuspielen. Die bedienen auch Großmeister wie Kenny Wayne Shepherd, der Govn`t-Mule-Chef, oder Produzent Bukovac - und man fühlt sich zurückversetzt in die frühen 70er, nur in einer weitaus besseren Soundqualität. Mit den gecoverten Songs ist es dagegen so eine Sache… Queens „Love Of My Life“ kommt da noch recht gut weg, der “Missionary Man“ von den Eurythmics watet knietief im Heavy Rock und entbehrt jeder Leichtigkeit, und ob Jeff Buckley über die etwas klebrige Fassung von „Forgot Her“ so entzückt sein dürfte, darf dahingestellt bleiben. Noch fetter als das Original und ziemlich geil hingegen Robin Trowers „Bridge Of Sights“. Ohne Tadel weiterhin die gewaltige Röhre unserer Protagonistin.

Video

Bryan Ferry: Love Letters (Digital)

Bryan Ferry: Love Letters (Digital) Bild: Digital
Bryan Ferry: Love Letters (Digital)

Es war ruhig geworden um den Ober-Dandy, den charismatischen Sänger und Frontman von Roxy Music. Mit einer EP meldet sich der Top-Crooner nun zurück. Sie enthält, was der Meister am besten kann und am liebsten tut: Covern. Dieses Mal hat er sich an „Love Letters“, ursprünglich von Ketty Lester im Jahr 1961 geschrieben und performt, an „I Just Don`t Know What To Do With Myself“ von Burt Bacharach, das durch Dusty Springfield große Popularität erlangte, an „Fooled Around And Fell In Love“ von Elvin Bishop und an „The Very Thought Of You“ aus dem Jahr 1943, von Ray Noble geschrieben und bekannt gemacht durch Künstlerinnen wie Billie Holiday oder Nat King-Cole versucht -, und in seiner unnachahmlichen Art natürlich wieder gewonnen.

Video

Thee Nathaniel Fregoso & The Bountiful Hearts: Keep It Wild (R.I.P. Ben Lee Rec)

Thee Nathaniel Fregoso & The Bountiful Hearts Bild: R.I.P. Ben Lee Rec
Thee Nathaniel Fregoso & The Bountiful Hearts

Der Mann hinter dem ellenlangen Bandnamen war mal Songschreiber der Indie-Kapelle The Blood Arm, später Begründer der Synth-Punk-Band Mexican Radio und noch ein wenig später Label-Gründer. Die hier versammelten Aufnahmen stammen eigentlich schon aus dem Jahr 2009 und wurden einst von The Mighty Lemon Drops` David Newton produziert, dann aber irgendwie vergessen. Die Langeweile in der Pandemie ließ die alten Schätze zu neuem Leben erwecken, und so rockt sich der Mann hier recht tapfer durch zwei recht beschauliche Balladen sowie durch zwei flotte Punk-Pop-Nummern.

Video

Beady Belle: Nothing But The Truth (Jazzland Rec)

Beady Belle: Nothing But The Truth (Jazzland Rec) Bild: Jazzland Rec
Beady Belle: Nothing But The Truth (Jazzland Rec)

Beady Belle aka Beate S. Lech aus Norwegen veröffentlich seit einiger Zeit bei Bugge Wesseltofts Jazzland-Label. Ihr Musikmix entwickelt sich dabei aber eher weg vom Jazz Richtung modernem R´n`B bis hin zum Hiphop. Man findet sie noch, die groovenden Soul- und Funk-Nummern, und auch Spurenelemente von Psychedelia, Ambient und Art-Pop sind noch auszumachen, aber unterm Strich ist das schon eine auf Hochglanz polierte Mainstream-Produktion, die auf die Dance-Charts dieser Welt zielt. Die Stimme bleibt natürlich weiterhin toll, nur das Bett, in die sie gelegt wird, stammt inzwischen von Windsor und nicht mehr von - sagen wir mal - Ikea.

Video

Daniel Rossen: You Belong There (Wrap)

Daniel Rossen: You Belong There (Wrap) Bild: Wrap
Daniel Rossen: You Belong There (Wrap)

Man sollten den Mann als Mitglied und einer der Hauptsongschreiber von Grizzly Bear her kennen. Meilenweit entfernt tummelt sich so natürlich auch nicht der Sound seiner ersten Solo-Platte (nachdem bereits eine EP erschienen ist). Bei ihr ist es in etwa so wie bei Father John Misty und den Fleet Foxes: Ja, kommt einem irgendwie vertraut vor, klingt aber doch komplett anders. Bei Daniel Rossen ist hier wohl auch der Umzug von New York nach Sante Fé in New Mexico schuld, denn der Einschlag des Flamencos ist unüberhörbar. Zudem erweitert er den Americana-Ansatz der Mutterband um Jazz und Art-Folk/Pop, intoniert Texte, die sehr intim und persönlich daher kommen, und fordert seine Zuhörer auf, sich intensiv auf diese Platte einzulassen und sich mit ihr zu beschäftigen. Wenn es blöd läuft, wird „You Belong There“ so ein typisches Kritiker-Lieblings-Album, das aber kaum Käufer findet. Was soll`s, seine Brötchen kann er ja weiterhin mit den Bären verdienen.

Video

Tigran Hamasyan: StandArt (Warner)

Tigran Hamasyan: StandArt (Warner) Bild: Warner
Tigran Hamasyan: StandArt (Warner)

Bis dato hat der gefeierte und vielfach ausgezeichnete armenische Meister-Pianist das Erbe seiner Heimat hochgehalten, jetzt nimmt er sich erstmals fremdem Liedgut an und wählt dazu Stücke aus einer Wahlheimat, den USA. Es sind „StandArts“ aus dem American Songbook der Jahre 1920 bis 1950 mit Stücken von Richard Rogers, Charlie Parker, David Raksin oder Oscar Hammerstein. Zur Band gehören Bassist Matt Brewer, Schlagzeuger Justin Brown und Trompeter Ambrose Akinmusire, als Gäste wirken die Saxophonisten Joshua Redman und Mark Turner.

Video

Baits: Bring Your Friends (Nose Appeal)

Baits: Bring Your Friends (Nose Appeal) Bild: Nose Appeal
Baits: Bring Your Friends (Nose Appeal)

Eine kleine EP, die gerade Recht zur Aufhebung des Lockdowns kommt, denn diesen explosiven, direkten, voll aus der Hüfte geschossenen Grunge-Pop muss man einfach laut und am besten in einem Live Club hören. Melodiöser Gute-Laune-Lärm aus deutschen Landen, so frisch, als würden die 80er gerade erst zu Ende gehen.

Video

 
Kommentare

Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.

Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.

Klicken Sie hier für mehr Artikel zum Thema:
Zum Fortsetzen bitte

Sie sind bereits eingeloggt.

Um diesen Artikel lesen zu können, benötigen Sie ein OnetzPlus- oder E-Paper-Abo.