Oberpfalz
13.07.2022 - 18:33 Uhr

Frisch gepresst: Neue Musik aus allen Stilrichtungen und Ecken der Welt

King Gizzard & The Lizard Wizard blasen das Gehirn frei, wenn nicht sogar weg, Hudson-Taylor halten mit fröhlich bravem Folk-Pop dagegen und Todd Sharpville singt sich aus der Gummizelle frei.

Ob Plattenteller, CD-Player oder Spotify-Playlist: Wir haben neue Musik für euch. Bild: Schober, Hubert
Ob Plattenteller, CD-Player oder Spotify-Playlist: Wir haben neue Musik für euch.

Michelle David & The True-tones: Truth & Soul (Rush Hour Music)

Michelle David & The True-tones: Truth & Soul (Rush Hour Music) Bild: Rush Hour Music
Michelle David & The True-tones: Truth & Soul (Rush Hour Music)

Die schwarze Sängerin aus den USA ist mir ihrer niederländischen Begleitband zumindest in Europa schon recht erfolgreich und wurde z.B. für den „Edison Award“, eine Art holländischen Grammy, nominiert. Der Deutschlandfunk notierte: „Musik, die so klingt, als ob John Lee Hooker und die White Stripes mit einer Gospelsängerin jammen.“ Nun ja. Sicherlich ist Frau Davis sämtlicher Ausrichtungen und Spielarten des Soul mächtig, den trockenen, abgehangenen Delta-Blues eines Hooker frönen, aber andere Kapellen und mit dem Garagen-Rock der White Stripes haben diese Musiker schon überhaupt nichts am Hut. Geboten wird indes fein abgeschmecktes, mit Streichern verziertes Edel-Soul-Handwerk der 70er-Schule, das sich nicht dreckig macht, sondernd in Samthandschuhen und High Heels daherkommt.

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Simon Joyner: Songs from a Stolen Guitar (BB Island)

Simon Joyner: Songs from a Stolen Guitar (BB Island) Bild: BB island
Simon Joyner: Songs from a Stolen Guitar (BB Island)

Simon Joyners neuestes Album gerät noch dunkler und eindringlicher als die Vorgänger, sein Thema hier ist die Isolation. Behutsam wie sparsam instrumentiert, klingen diese vorwiegend akustisch schwelgenden Folk-Skizzen wie eine frühe, allerdings recht windschiefe Ausgabe von Leonard Cohen. Man mag aber auch Spurenelemente von Neil Young, Will Oldham oder einem Lou Reed am Lagerfeuer ausmachen.

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Avi Kaplan: Floating On A Dream (Universal)

Avi Kaplan: Floating On A Dream (Universal) Bild: Universal
Avi Kaplan: Floating On A Dream (Universal)

Gesammelt hat der Singer/Songwriter seine Meriten bei der A-cappella-Formation Pentatonix. Das erklärt vielleicht ein wenig seinen enormen Stimmenumfang, der vom Falsett bis zum tiefen Bass-Brummen reicht - und diese Stimme daher so einnehmend und solitär macht. Geprägt sind diese Lieder vom Herzschmerz seines Protagonisten, beheimatet sind sie tief im Westen und Süden der USA, vereinen ein Gespür für Country-Rock, Laurel-Canyon-Folk, Soul und Gospel, Vergleiche zu klassischen Country-Croonern wie Lee Hazelwood bis zur Folk-Legende Richie Havens sind daher nicht von der Hand zu weisen, wogegen Produzent Shooter Jennings (Brandi Carlile, Tanya Tucker, American Aquarium) im Debüt eine Mischung aus Ennio Morricone und Bill Withers auszumachen meint. Fest steht, Avi Kaplan hat dem American Songbook hier ein schönes Kapitel hinzugefügt.

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Hudson Taylor: Searching For The Answers (The Orchid)

Hudson Taylor: Searching For The Answers (The Orchid) Bild: the orchid
Hudson Taylor: Searching For The Answers (The Orchid)

Die Folk-Pop-Bruderschaft Harry und Alfi sind in der Heimat Irland schon so eine Art Stars. Und auch auf Youtube sammelten sie schon in adoleszenten Jahren Millionen von Klicks. Der dritte Longplayer präsentiert das Duo weiterhin vorwiegend akustisch, entspannt, geerdet, locker und lässig („Honest“ hat dies coole Fingerschnippen, Sängerin Gabrielle Aplin schnurrt dazu), bisweilen sogar richtiggehend schmissig und Highlife-informiert wie auf „Hold Out Hope“, das auch gut auf die „Graceland“-Platte von Paul Simon gepasst hätte.

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Amber Run: The Start (Tripel Rec)

Amber Run: The Start (Tripel Rec) Bild: Triple Rec
Amber Run: The Start (Tripel Rec)

700 Millionen Klicks und eine Platin-Auszeichnung in den USA sprechen für das Trio aus Nottingham. Sein epischer, elektronisch unterfütterter Indie-Pop-Rock mag Assoziationen an den Bombay Bicycle Club oder Half Moon Run wecken, bis auf die flotte Ohrwurm-Single, „The Start“ geben sich die Jungs aber etwas introvertierter und melancholischer.

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Bay Ledges: Ritual (Nettwerk)

Bay Ledges: Ritual (Nettwerk) Bild: Nettwerk
Bay Ledges: Ritual (Nettwerk)

Zach Hurd ist von der West- an die Ostküste gezogen, die Sonne und ein paar Sandkörner hat er aber in den kühleren Teil des Landes gerettet. Zudem hat er sich verlobt, also hören wir mal keine tieftraurigen Rekonvaleszenz-Lieder, dem Singer/Songwriter scheint zwar nicht komplett die Sonne aus dem Allerwertesten, gute Laune verbreiten sie allemal. In Eigenregie in verschiedenen Wohnungen von Freunden eingespielt, war der Computer ein fester (Band-)Partner, das Album klingt trotz der vielen elektronischer Spielereien extrem organisch und analog, so in etwa wie Jack Johnson 4.0. in komplett lässig.

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Todd Sharpville: Medication Time (V2)

Todd Sharpville: Medication Time (V2) Bild: V2
Todd Sharpville: Medication Time (V2)

Hinter dem neuen Album Artwork des Blues-Rock- & Americana-Musikers steckt eine traurige Geschichte. „Medication Time“ erforscht nämlich einen Abschnitt seines Lebens vor 16 Jahren, als der Stress eines Umgangsrechtsstreits mit den Kindern während einer chaotischen Trennung zu einem totalen Zusammenbruch und einem zweimonatigen Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik in West Wales führte - Gummizelle inklusive. Sei´s drum, das ist Geschichte, der Mann kam wieder auf die Beine, schrieb ein paar Songs und lässt einmal mehr sein raues Organ und die Sechssaitige den Blues zelebrieren. Produziert hat Duke Robillard, hervorzuheben sind zwei Duette: eines mit dem aus Rhode Island stammenden Sugar Ray Norcia, das andere mit dem Detroiter Künstler Larry McCray mit dem schönen Titel, „Brothers From Another Mother“. Beste Blues-Rock-Kost von einem der Großen der Zunft.

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King Gizzard & The Lizard Wizard: Omnium Gatherum (Virgin)

King Gizzard & The Lizard Wizard: Omnium Gatherum (Virgin) Bild: Virgin
King Gizzard & The Lizard Wizard: Omnium Gatherum (Virgin)

Selbst eingefleischte Fans der australischen Tausendsassa könnten hier zu knabbern haben. Das inzwischen schon zwanzigste Album (in nur zehn Jahren) vereint bis dato „vergessene“ Aufnahmen und man muss ich schon anschnallen um diesen Parforceritt durch quasi die kompletten Musik-Genres heil zu überstehen. Und mit komplett ist komplett gemeint, denn hier geht Heavy- & Trash-Metall ebenso zusammen wie Blues mit Jazz mit HipHop, Funk, Psycho-Soul, Space- oder Prog-Rock. Und wenn sie mögen, können sie sogar Pop -fast zumindest. Ähnlich stilübergreifend wütete einst nur Frank Zappa und in der heutigen Zeit vielleicht noch Bobby Conn. Achtung: kann zu massivem Gehirn-Schwurbel führen!

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