Oberpfalz
04.08.2022 - 11:31 Uhr

Frisch gepresst: Neue Musik aus allen Stilrichtungen und Ecken der Welt

Saxophonist Binker Golding führt auf die falsche Fährte, MC Taylor von His Golden Messenger tut es ihm gleich und Mt. Joy haben in der Wüste ein ganz saftiges Album aufgenommen

Ob Plattenteller, CD-Player oder Spotify-Playlist: Wir haben neue Musik für euch. Bild: Schober, Hubert
Ob Plattenteller, CD-Player oder Spotify-Playlist: Wir haben neue Musik für euch.

Riley Pearce: The Water & The Rough (Nettwerk)

Riley Bild: Nettwerk
Riley

Wie Ed Sheeran startete der Australier seine Karriere als Straßenmusiker. Wo der britische Barde das große Publikum suchte (und auch fand), bleibt der Singer/Songwriter eher bescheiden bei seinen Wurzeln als Folkie und verzaubert mit vielschichtigen Melodien, die dahinfließen wie ein gemütlich plätschernder Fluss. Er setzt auf sanften Melodieführung und ruhige, introspektive Texte, überzeugt durch die Unaufgeregtheit und Ehrlichkeit seiner Lieder. Diese Songs sind ein Entspannungsbad für die Seele.

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Revelators Sound System: Revelators (Cargo)

Revelators Sound System: Revelators (Cargo) Bild: Cargo
Revelators Sound System: Revelators (Cargo)

Eigentlich sollte man gar nicht erwähnen, dass hinter dem System MC Taylor von His Golden Messenger steckt, denn es führt komplett in die Irre. Und auch der Zweite im Bunde, Cameron Ralston, ist eher für seine Arbeiten mit Matthew E. White, k.d. Lang, Foxygen oder Bernard Butler bekannt. Zusammen mit ein paar Freigeistern mehr bilden sie das Revelators Sound System, und das frönt einem offenen Verständnis für diverse Spielarten des Jazz. Alice Coltrane, Sun Ra, Miles Davis aber auch Can, Lee Scratch Perry oder die Meters geistern durch diese langen, improvisierten Stücke, die voller kleiner Kabinettsstückchen stecken.

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The Pineapple Thief: Give It Back (KScope)

The Pineapple Thief: Give It Back (KScope) Bild: KScope
The Pineapple Thief: Give It Back (KScope)

„Give It Back" versammelt zwölf neue arrangierte Versionen früherer Werke, darunter Songs aus den Alben "Little Man", "All The Wars" und "Tightly Unwound". Die Band hat alle Stücke komplett neu aufgenommen und mit brandneuen Schlagzeugparts des von King Crimson zurückgekehrten Gavin Harrison versehen. Zudem wurden neue Teile hinzugefügt, Dinge umgeschnitten, zusätzliche Strophen eingebaut. Man muss allerdings schon ein Kenner sein, um diese Modifikationen auf einen Blick zu erfassen. Für Neueinsteiger ist „Give It Back" allerdings ideal, da es etwas knackiger und pointierter als die Original-Aufnahmen klingt.

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Sean Nicholas Savage: Shine (Cargo)

Sean Nicholas Savage: Shine (Cargo) Bild: Cargo
Sean Nicholas Savage: Shine (Cargo)

Zusammen mit Mac DeMarco ist dieser Liedreigen in Los Angeles entstanden. Seinem Partner und Kollegen nicht unähnlich, stehen Stimme und die Akustikgitarre im Zentrum aller Songs und verbreiten (fast barockes) Kammermusik-Feeling. Savage moduliert mit seiner Stimme, nützt diese als vielseitiges Instrument, phrasiert, wispert, barmt, jubelt und schmeichelt wie einst Tim Buckley. Dabei thematisiert er die Auferstehung der Psyche nach der Depression der Pandemie.

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Binker Golding: Dream Like A Dogwood Wild Boy (Bertus)

Binker Golding: Dream Like A Dogwood Wild Boy (Bertus) Bild: Bertus
Binker Golding: Dream Like A Dogwood Wild Boy (Bertus)

Keine Angst, Sie haben schon die richtige Platte aufgelegt! Auch wenn “(Take me to the) Wide Open Lows” als reduzierter Country-Blues auf der Steel-Gitarre beginnt, wird später doch noch so eine Art Jazz (mit Bruce Hornsby-Klavier) daraus. Tenorsaxophonist und Komponist Binker Golding liebt es zu verwirren und mischt sein zweites Album mit Einflüssen aus Americana, Country, Heartland-Rock, World- und Folkmusik. Die Songs erforschen dabei Themen wie Männlichkeit, Vater-Sohn-Beziehungen, Freundschaft, Liebe und Sex, Reflexion, Trinken, Eskapismus, Tod und Resilienz. So ein musikalisches Konzept hätte auch gut in die Hosen gehen können, die Spielfreude aller Beteiligten und das traumwandlerisch sichere Verflechten der Genres verhindern ein Scheitern.

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Garrett Kato: Small Town Ritals (Nettwerk)

Garrett Kato: Small Town Ritals (Nettwerk) Bild: Nettwerk
Garrett Kato: Small Town Ritals (Nettwerk)

Der Wahl-Australier aus Kanada hat noch ein Album voller kleiner intimer Lieder gemacht. Die großen Gesten sind es nicht, die ihn reizen. Diese Songs funktionieren wunderbar auch auf der Straße oder in diesem Falle vielleicht eher am Strand. „Small Town Ritals” ist nämlich ein wunderbares Spät-Sommer-Album geworden. Man spürt noch die Sonne, aber die Blätter färben sich schon sepiafarben, am Morgen hängt der Tau dick im Gras, und gegen Abend zieht auch schon mal Nebel auf. In diesem Kontext wird dann als Abschluss auch „Time After Time“ von Cindy Lauper gecovert.

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Patty Griffin: Tape (Thirty Tigers)

Patty Griffin: Tape (Thirty Tigers) Bild: Thirty Tigers
Patty Griffin: Tape (Thirty Tigers)

Tape. Cassetten. Hatte man früher mal, um Musik zu hören oder aufzunehmen. War ne tolle Alternative zur Vinyl oder den doch recht unhandlichen Tonbändern. Der Nachteil: Allzu oft „fraß“ der Kassettenrecorder die Dinger in sich hinein. Ein paar davon hat Patty Griffin jetzt beim Pandemie-Stöbern entdeckt, auf die wahrlich überschaubare Tonqualität gepfiffen, denn ihr war die Authentizität wichtiger. Wer ähnlich denkt, darf gerne bei diesen auf Stimme und Gitarre reduzierten Skizzen (auf „Don`t Mind“ ist noch sowohl ein gewisser Robert Plant als auch eine Orgel und das Schlagwerk zu hören) zugreifen.

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Mt. Joy: Orange Blood (Universal)

Mt. Joy: Orange Blood (Universal) Bild: universal
Mt. Joy: Orange Blood (Universal)

Wenn man mal keinen Bock auf My Morning Jacket hat, die Lumineers viel zu oft gehört und Big Thief am Ende doch ein wenig fad findet, sollte man sich mal an der Kapelle aus Philadelphia versuchen. Haben zuvor übrigens schon eine halbe Milliarde (!) anderer Leute getan, denn so viele Streams haben die Jungs schon gesammelt. Man ist also nicht ganz alleine, wenn man diesen psychedelisch angehauchten Folk-Rock gut findet. Meist geht es urgemütlich zu, manchmal auch arg flott, wie auf „Evergreen“, oder richtig schön rumpelig-schunkelig, wie im „Johnson Song“. Es gibt auch einen „Lemon Tree“, der wurde allerdings nicht in Pforzheim, sondernd vielleicht in Joshua Tree gepflanzt - geht aber mit Honky-Tonk-Klavier und kreischenden Gitarren genauso problemlos ins Ohr.

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