Oberpfalz
13.10.2022 - 10:48 Uhr

Frisch gepresst: Neue Musik aus allen Stilrichtungen und Ecken der Welt

Mit Kitty Solaris und Ran Nir kommen die Schönheiten dieser Ausgabe aus Berlin, aber auch aus Hersbruck gibt es Positives zu vermelden.

Ob Plattenteller, CD-Player oder Spotify-Playlist: Wir haben neue Musik für euch. Bild: Schober, Hubert
Ob Plattenteller, CD-Player oder Spotify-Playlist: Wir haben neue Musik für euch.

Fujiya & Miyagi: Slight Variations (PIAS)

Fujiya & Miyagi: Slight Variations (PIAS) Bild: Pias
Fujiya & Miyagi: Slight Variations (PIAS)

Das achte Album der britischen Electro-Pop-Visionäre (ja, Fujiya & Miyagi sind keine japanische Band) blickt gleichzeitig zurück und nach vorne. Es enthält neue Stücke, aber auch Songs aus dem Back-Katalog und deckt somit das weite Sound-Spektrum der Band ab. Und das ist wirklich breit gefächert: von Pop über House bis hin zu Disco und Acid, mit Anklängen an den deutschen Kraut-Rock der 70er-Jahre, Psychedelia, Funk und Art-Pop. Manchmal wird das alles in einem Song verwurstet, Titel wie „Non-Essential Worker“ sind aber zum Beispiel Kraftwerk pur, wogegen „Sweat“ aus der Feder von Nile Rodgers stammen könnte.

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Kitty Solaris: Girls & Music (Solaris Empire)

Kitty Solaris: Girls & Music (Solaris Empire) Bild: Solaris Empire
Kitty Solaris: Girls & Music (Solaris Empire)

Das letzte Album der “heimlichen Indie-Queen Berlins“ war ja recht Electro-Pop-lastig - und gleich der Opener, „And The World Stops Turning“ setzt diese Tradition (leider) fort. Die „Dark Night“ ist dann aber überhaupt nicht so „dark“, dafür ein Song in bester Indie-Pop-Tradition. Und er kündigt an, dass wir es bei diesem Album mit einem politischen zu tun haben. Die letzten Jahre sind auch an Kitty Solaris nicht spurlos vorüber gegangen. Es werden Themen wie Selbstermächtigung, Frauen in der Musikindustrie und deren Anerkennung, aber auch Drogen, Verlust, Vergänglichkeit, geplatzte Träume, das Überleben in schwierigen Zeiten oder der frühe Tod eines engen Freundes verarbeitet. Musikalisch wird bei den folgenden Songs recht gekonnt zwischen den Polen Electronic- und Indie-Singer/Songwriter-Pop jongliert - und die Waage gehalten. Die angenehm sanfte Stimme kontrastiert dabei mit den eher unterkühlten Beats und melancholischen Melodien. Kitty Solaris ist das „Mystery Girl“ und spielt diese Rolle perfekt aus.

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Kenneth Minor: Retirement (Unique Rec)

Kenneth Minor: Retirement (Unique Rec) Bild: Unique Rec
Kenneth Minor: Retirement (Unique Rec)

Kaum zu glauben, dass dieses Album bei uns ums Eck in Hersbruck aufgenommen wurde. Die Franken spielen einen furchtlosen (Indie-)Rock, der (natürlich) einige Altvordere zitiert. So kombiniert „Down In Our Hearts“ durchaus stimmig Lou Reed mit Mark Knopfler, andernorts klingen die Stones an, mal dominiert die schon einigermaßen domestizierte Garage („Tears Don´t Dry in Rainy Seasons“) , mal die wohltemperierte Wohnstube (mit Cello und Flügelhorn) in „The Day She Came By“ oder „Pictures“, mal gibt es einen wilden, Twang und Tremolo-Gitarren-schwangeren Ritt auf dem Rodeo Bullrider Marke Violent Femmes („Crew Love`s Coming“, „When It´s All Gone“). Vielleicht haben diese Jungs noch nicht wirklich ihren Weg gefunden, der derzeitige Zickzack-Kurs hat jedenfalls schon mal einen hohen Spaßfaktor.

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Hannah Weiss Group: Terra (Enja Records)

Hannah Weiss Group: Terra (Enja Records) Bild: Enja Records
Hannah Weiss Group: Terra (Enja Records)

Gleich auf ihrem Debüt nehmen sich die Jazz-Sängerin Hannah Weiss und ihre Kapelle eine Suite zur Brust. „Terra“ ist ein in neun Teile gegliedertes Gesamtkunstwerk. Es geht um Angst, um Flucht und Hunger und Schmerz. Und um Liebe, Sehnsucht und Hingabe. In ihren Texten schildert Weiss, was sie sieht und beschäftigt, sie besingt das paradox normale Nebeneinander unterschiedlichster Gefühls- und Weltzustände, ohne zu urteilen, und in dem Wissen, dass das eine das andere nicht weniger relevant macht. Jazz wird hier nicht als hermetisches Genre behandelt, er darf sich entwickeln, in andere Ecken ausdehnen, am Pop schnuppern, improvisieren, mäandern und lautmalen. Verbindendes Element ist das Fließen, alle Stücke befinden sich in einem permanenten Flow, schwellen an und ab wie die Gezeiten der Meere.

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The Brother Brothers: Cover To Cover (Bertus)

The Brother Brothers: Cover To Cover (Bertus) Bild: Bertus
The Brother Brothers: Cover To Cover (Bertus)

Die Zwillinge Adam und David Moss wuchsen mit der Plattensammlung der Eltern behütet in Illinois auf. Die war mit Rock und Pop der 60er bis 80er Jahre gut bestückt und ein stetiger Quell der Inspiration für die Jungs. Selbst dem Folk-Genre verpflichtet, entwickelten sie irgendwie eine Seelenverwandtschaft zu Simon & Garfunkel. Die werden hier zwar explizit nicht gecovert, dafür klingen die Kompositionen von Tom Waits, Jackson Browne, James Taylor, Judee Sill, Richard Thompson oder den Beatles exakt nach den zusammen mit den Everly Brothers wohl berühmtesten Gesangs-Duo der Pop-Geschichte. Ein schöner, allerdings auch wenig aufregender Liedreigen für entspannte Autobahnfahrten.

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Ran Nir: Greener Pastures (Clouds Hill)

Ran Nir: Greener Pastures (Clouds Hill) Bild: Clouds Hill
Ran Nir: Greener Pastures (Clouds Hill)

Dem in Berlin lebenden israelischen Singer/Songwriter ist ein ganz famoses Plättchen geglückt. Nach dem introspektiven Debüt in besten DIY-Manier wird jetzt aus dem Vollen geschöpft. Das beschwingte „A Better Place“ hat eine Trompete, „I Am With You“ hätte Ed Sheeran auch gerne auf einer seiner Platten gehabt, im Titelsong zirpen die Gitarren zu feschen Handclaps, bei der Selbstreflexion „My Own Worst Enemy“ wird Rückschau auf das Rocker-Leben mit der Band The Mojos gehalten, das lakonische „O Brother“ verbindet asiatische Melodien mit dem Songwriting eines Leonard Cohen, der „Happy Song“ klingt mit seiner lockeren Bass-Linie happy & cool, und „Made Up My Mind“ ist sophisticated Yacht-Pop mit Streichereinlagen. Wie gesagt. Famoses Plättchen, das.

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Röyksopp: Profound And Mysteries II (Embassy One)

Röyksopp: Profound And Mysteries II (Embassy One) Bild: Embassy One
Röyksopp: Profound And Mysteries II (Embassy One)

„‚Profound Mysteries II‘ ist eine direkte Fortsetzung des ersten Teils. Wiederkehrende Themen wie Liebe und Verlust, Verzweiflung und Versöhnung werden in eine esoterische Verbeugung vor jenen Künstlern und Genres verpackt, die uns in all den Jahren geprägt haben," konstatieren Svein Berge & Torbjørn Brundtland selbst. Zum überbordenden, genreoffenen Electro- und Synthi-Pop-Abend haben sich die beiden wieder eine ganze Anzahl an alten Bekannten, aber auch neuen Gästen eingeladen. Einmal mehr ist Stammgast Susanne Sundfør mit dabei, aber auch Neuzugänge wie Allison Goldfrapp, Beki Mari, Astrid S, Karen Harding, Pixx und Jamie Irrepressible setzen ihre Duftmarken. Zu jedem Song gibt es zudem ein kleines Filmchen und Artwork-Beitrage des australischen Künstlers Jonathan Zawada, der natürlich auch für das tolle Cover verantwortlich zeichnet.

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The Interrupters: In The Wild (Epitaph)

The Interrupters: In The Wild (Epitaph) Bild: Epitaph
The Interrupters: In The Wild (Epitaph)

Irgendwie muss man bei Aimee Interrupter, ihrem Partner und Gitarrist Kevin Bivona und seinen jüngeren Zwillingsbrüdern Jesse (Schlagzeug) und Justin (Bass) immer an die ganz jungen Pretenders denken. Das Quartett hatte nebst Gästen (Tim Armstrong, Rhoda Dakar, Hepcat, The Skints) hörbar Spaß in der heimischen Garage und schuf ein lustig-jubilierendes Spaß-Album mit den Zutaten Punkrock, Doo-Wop, Gospel, Dancehall und den üblichen Anspielungen der Band auf die Tradition des Two-Tone-Sounds. Kein Wunder, dass man damit in einem Line-up mit Green Day, Weezer und Fall Out Boy auf der Bühne steht.

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