Oberpfalz
15.12.2022 - 15:03 Uhr

Frisch gepresst: Neue Musik aus allen Stilrichtungen und Ecken der Welt

Frau Zelmani trägt jetzt auch Rock, Lainey Wilson dazu noch den Funk und die 1975 legen ihr bis dato bestes Album vor -Rock & Funk inklusive

Ob Plattenteller, CD-Player oder Spotify-Playlist: Wir haben neue Musik für euch. Bild: Schober, Hubert
Ob Plattenteller, CD-Player oder Spotify-Playlist: Wir haben neue Musik für euch.

Sophie Zelmani: The World End Pretty (Oh Dear Recordings)

Sophie Zelmani: The World End Pretty (Oh Dear Recordings) Bild: Oh Dear Recordings
Sophie Zelmani: The World End Pretty (Oh Dear Recordings)

Das inzwischen schon 13. (!) Album der Grand Dame des schwedischen Folks klingt irgendwie eher nach Pop und Rock. Vor allem der gleichnamige Opener ist ein Chrissie Hynde-Song, den die nur nie geschrieben hatte, feines, kleines Gitarren-Solo inklusive. „What If“ watet knietief in schwülstigen Streicher-Schwaden und ist auch eher Film-Musik denn Folk. Und dann folgt für die Folk-Gemeinde mit „Remember“ endlich der erlösende, dafür umso intimere Folk-Song der Al Steward-Liga. In die Gleiche Kerbe schlägt „This Will Be The Year“, nur das man hier eher an Neil Diamond ohne Bombast denken mag. Die zarten Folk-Balladen haben am Ende also doch die Oberhoheit behalten, die Streicher blieben dabei präsent, klingen aber dann eher als wie von Van Dyke Parks arrangiert. Ein schönes Album, bei dem aber vor allem die neuen, rockigen Zelmani-Facetten am hellsten leuchten.

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Soft Captain: Soft Captain (Radicalis)

Soft Captain: Soft Captain (Radicalis) Bild: Radicalis
Soft Captain: Soft Captain (Radicalis)

Soft Captainist die Band von Manuel Gagneux (Zeal & Ardor, Birdmask) und dem Musiker, Komponisten und Soundkünstler Samuel Tschudin. Mit Zeal & Ardor hat diese Musik schon mal überhaupt nichts zu tun. Also kein Hard-Blues-Gospel-Rock sondernd: exquisiten 80er Pop. Oder wie die Künstler selber sagen: "Fade Musik für Leute mit einem falschen Anspruchsdenken, die gerne darüber fantasieren, weiße Hosen zu tragen und auf den Decks lächerlich teurer Seeschiffe zu posieren. Aber wir wollten der Musik auch einen besonderen Sinn für Pathos und Melodrama geben. Wir schätzen die Ästhetik des Yacht-Rocks, aber unsere Songs sind nicht wirklich darauf ausgerichtet, in dieses Genre zu passen. Seien wir ehrlich: Wir mögen einfach Boote und Piña Coladas." Klingt, als wäre es den beiden peinlich, diese Platte gemacht zu haben und ja, Soft Captain fügen dem Genre nichts Neues hinzu, aber das Bekannte bedienen sie zur absoluten Zufriedenheit.

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Lainey Wilson: Bell Bottom Country (Warner)

Lainey Wilson: Bell Bottom Country (Warner) Bild: Warner
Lainey Wilson: Bell Bottom Country (Warner)

Der Name "Bell Bottom Country" leitet sich von jenem Wort ab, mit dem man gemeinhin den speziellen Sound und die Ästhetik von Louisiana beschreibt: Country, aber mit einem einzigartigen Flair. Die Musikerin und neuerdings auch Schauspielerin ("Yellowstone") wird in den USA schon als das next big thing am Country-Firmament gefeiert und auch wenn die Rock-Note Ihrer Lieder ein knackige ist, bedient Sie vor allem die Country-Fans, denn alleine diese markante Stimme würde zu (fast) keinem anderem Genre passen -ein wenig süß, ein wenig kehlig, immer präsent, erdig und ungemein kräftig. Am coolsten klingt die fesche Lady aber, wenn Sie sich die Glitzerhosen anzieht und den Funk wie in „Grease“ feiert. Der hat dann zwar ein wenig Stallgeruch, aber das macht die besondere Würze.

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Logan Farmer: A Mold For The Bell (Cargo)

Logan Farmer: A Mold For The Bell (Cargo) Bild: Cargo
Logan Farmer: A Mold For The Bell (Cargo)

Zwei Tage genügtem dem Singer/Songwriter aus Colorado, um zusammen mit dem Grammy-dekorierten Produzenten Andrew Berlin (Gregory Alan Isakov) die Basic Tracks seines neuen Albums aufzunehmen. Man glaubt diese Spontanität, Intimität und Direktheit den Songs anzuhören. Und was noch ins Ohr sticht, ist die Omnipräsenz eines Saxophons, eher eine Rarität im Singer/Songwriter-Kosmos. Framer`s fragile Stimme und das behutsame Gitarrenspiel stehen aber dennoch im Zentrum des Geschehens, Harfe und Field Recording mischen sich ein um diese Kurzgeschichten den richtigen Rahmen zu geben.

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Ruby Goon: Brand New Power (PIAS)

Ruby Goon: Brand New Power (PIAS) Bild: Pias
Ruby Goon: Brand New Power (PIAS)

Pop aus Moskau hat es in diesen Tagen eher schwer Gehör zu finden. Was früher als exotisch galt, hat aktuell einen anderen Geschmack bekommen. Dabei war der Singer-Songwriter Ivan Solimani-Leznhev schon immer Underground und wird sicherlich nicht auf der Playlist eines Wladimir Putin zu finden sein. Dafür sind seine Lieder viel zu versponnen, im besten Sinne psychedelisch mit einem Hang zum Glamour. Zudem entführt uns der Musiker und seine Band vom eher kühlen Moskau in wärmere Gefilde wie Florida oder Kalifornien. Dieser (US-)Sound hat nichts mit kühl-bombastischen Ost-Rock zu tun, sondernd plätschert federleicht und auch mal Soul- oder Funk-informiert mit einem Hang zum Yacht-Pop („Cold Wind“, „Leech!“) dahin, verliert sich in leicht jazzigen Improvisationen oder überholt sich im überkandidelten „Movie Groovie“ auch einmal selbst. Ein farbenfroher Gemischtwarenladen der Spaß macht.

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Emma Elisabeth: Live at Clouds Hill (ADA)

Emma Elisabeth: Live at Clouds Hill (ADA) Bild: ADA
Emma Elisabeth: Live at Clouds Hill (ADA)

Die Clouds Hill sind ein Studio, Emma Elisabeth Dittrich, die aktuell in Berlin lebende, schwedische Singer/Songwriterin hat dort ihr letztes Album, „Some Kind Of Paradise“ quasi nochmals live vor kleinem Publikum eingespielt. Die Atmosphäre knistert, die Intimität des kleinen Rahmens ist zum Greifen, die Aufnahmequalität superb, so dass man, sollte man das reguläre Studio-Album nicht haben, definitiv für dieses Klangwunder eine Kaufempfehlung aussprechen möchte. Ein klasse Americana-Schweden-Happen für Leute, die Angel Olson, Beth Orton oder auch gerne mal Stieve Nicks hören.

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Turin Brakes: Wide-Eyed Nowhere (Cooking Vinyl)

Turin Brakes: Wide-Eyed Nowhere (Cooking Vinyl) Bild: Cooking Vinyl
Turin Brakes: Wide-Eyed Nowhere (Cooking Vinyl)

Es ist schon eine Weile her, seitdem Olly Knights, Gale Paridjanian, Rob Allum und Eddie Myer als eine der Protagonisten der „Quiet Is The New Loud“ Bewegung gefeiert wurden. Gut 20 Jahre später hat sich an ihrer Sound-Ästhetik nichts verändert: warm klingende Akustikgitarren, werden über superdichte, fette Grooves gelegt, mit Schichten subtiler klanglicher Details und direktem, leidenschaftlichem Gesang versehen. Aufgenommen bereits letzten Sommer im Garten-Studio von Olly Knights kann man die Sonne förmlich auf der Haut spüre, die Blumen riechen und die Insekten summen hören. Und auch wenn mal ein Song ein bisschen „bitter-sweet“ daherkommt, „Wide-Eyed Nowhere” ist die definitive Sommer-Platte für einen trüben Herbst.

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The 1975: Being Funny In A Foreign Language (Dirty Hit)

The 1975: Being Funny In A Foreign Language (Dirty Hit) Bild: Dirty Hit
The 1975: Being Funny In A Foreign Language (Dirty Hit)

Das letzte Album der Band, »Notes On A Conditional Form« aus dem Jahr 2020, wurde ihr viertes Nummer-1-Album in Großbritannien in Folge, wäre gelacht, wenn das auch mit diesem vierten Wurf nicht gelingen sollte. Man kann der Kapelle nicht vorwerfen überproduktiv zu sein, vier Alben in 20 Jahren sind eine überschaubare Ausbeute, aber bei den The 1975 steht eben Qualität vor Quantität. Themen wie QAnon-Verschwörungstheoretiker und queere Hipster mögen nicht jedermanns Gefallen finden, dafür ist die Musik extrem vielschichtig und dicht arrangiert ausgefallen. Es gibt tolle Soft-Rock Saxophoneinlagen wie weiland bei Supertramp, breit angelegte Background Gesänge der Yacht-Pop-Liga, hibbelige Synthesizer aus den 80ern und auch mal eine funky Gitarre. Verabschieden tut sich die Kapelle dann mit einer sanften Americana-Ballade im Stile Bon Ivers. Irgendwie passt das zwar alles nicht zusammen, irgendwie ist aber auch jeder Song für sich ein Stern am Firmament.

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