Oberpfalz
02.02.2023 - 18:33 Uhr

Frisch gepresst: Neue Musik aus allen Stilrichtungen und Ecken der Welt

Ein neuer, singender Schlagzeuger auf Abwegen zeichnet für die Schönheit dieser Ausgabe verantwortlich, Emanuel Harrold fusioniert dafür die meisten Genres.

Ob Plattenteller, CD-Player oder Spotify-Playlist: Wir haben neue Musik für euch. Bild: Schober, Hubert
Ob Plattenteller, CD-Player oder Spotify-Playlist: Wir haben neue Musik für euch.

Anna Mieke – Theatre (Nettwerk)

Anna Mieke – Theatre (Nettwerk) Bild: Nettwerk
Anna Mieke – Theatre (Nettwerk)

Inspiration für ihr zweites Werk hat sich die irische Singer/Songwriterin auf ihrer Radtour durch Europa, beim Lernen von Maori-Songs als Kind in Neuseeland und beim Lernen von Folk Songs in Bulgarien geholt. In der Zeit lernte sie auch noch die Bouzouki, Cello und Gitarre zu spielen. Angefüllt mit Inspirationen und einem breitem Instrumentarium – neben den erwähnten Instrumenten kommen auch noch Klarinette, Saxophon, Harfe, Geige, Bass, Tribal-Drums und dezente Synthesizer-Sprenkel zum Einsatz – bewegt sie sich weit weg vom traditionellen Irish Folk, wenngleich die meist gezupfte akustische Gitarre neben der leicht nebelverhangenen Stimme im Zentrum dieser, das übliche 3- bis 4-Minuten-Format sprengenden Lieder stehen.

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Isafjord – Hjartastjaki (Svart Rec)

Isafjord – Hjartastjaki (Svart Rec) Bild: Svart Rec
Isafjord – Hjartastjaki (Svart Rec)

Schwierig auszusprechen das Ganze. Da haben es einem Björk oder Sigur Ros leichter gemacht als die Isländer Aðalbjörn Addi Tryggvason (Sólstafir) und Ragnar Zolberg (Sign/x-Pain of Salvation) die zusammen als Isafjørd, was wörtlich übersetzt „Fjord aus Eis“ bedeutet, agieren. Und auch wenn gewisse Vergleiche mit Sigur Ros nicht von der Hand zu weisen sind, wuchert dieser Sound doch näher an GodSpeed You Black Emperor oder anderen Post-Rock-Kapellen. Dabei bildet Ragnars geschmeidige Engelsstimme einen brillanten Kontrast zu Addis staubigen und schmerzenden Schreien, die sie zu dicht orchestrierten Arrangements aus Klavierklängen und sanften Gitarren stellen. Das klingt düster und gleichzeitig kristallklar, assoziiert Vergleiche mit ihrer Heimat Island.

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Melissa Carper - Ramblin' Soul (Thirty Tigers)

Melissa Carper - Ramblin' Soul (Thirty Tigers) Bild: Thirty Tigers
Melissa Carper - Ramblin' Soul (Thirty Tigers)

Eine gehörige Portion Nostalgie umweht die neuen Songs der Country-Singer/Songwriterin. Die absolut einzigartige (man muss sie nicht mögen) Stimme intoniert diverse Stile zwischen Blues, frühem Rock 'n' Roll, Soul, Swing, 20er Jahre Jazz und natürlich Country. Dass dabei der Tod der Eltern, des geliebten Hundes und des quasi Verlustes des jüngeren Bruders durch schwere psychische Probleme verarbeitet werden, ist nicht immer so klar auszumachen wie auf dem mit schweren Orgel-Sounds, Klavier und Gospel-Chören unterfütterten "Ain't A Day Goes By".

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Emanuel Harrold – We Da People (Bertus)

Emanuel Harrold – We Da People (Bertus) Bild: Bertus
Emanuel Harrold – We Da People (Bertus)

Der Schlagzeuger aus Missouri ist ein begnadeter Fusionierer. Stile und Genres verbinden gehört ja inzwischen zum guten Ton, wer mitreden will, macht das. Vor allem wenn es um die Amalgamierung von Funk, Soul, R&B, Gospel und Jazz geht gibt es unzählige (auch durchaus gelungene) Beispiele. Harrolds Jagdrevier ist genau hier, nur setzt er mehr auf die Verbindung von Jazz und R 'n' B, lässt den Rest praktisch nebenher mitlaufen. Davon kündet auch die illustre Gästeliste, allen voran Old Buddy, Gregory Porter, aber auch Brian Owens, Jahmal Nichols, Charles Ransom II, Joel Holmes oder Carlos „Scooter“ Brown mischen mit. „I Think“ wird mit flotten angenehm unterzuckerten Streichern angereichert, und wenn man sich den Titelsong anhört, kann man sich zur Melange auch noch Frank Zappa dazu denken.

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Dave Rowntree - Radio Songs (Cooking Vinyl)

Dave Rowntree - Radio Songs (Cooking Vinyl) Bild: Cooking Vinyl
Dave Rowntree - Radio Songs (Cooking Vinyl)

Sind Schlagzeuger die besseren Menschen? Zumindest – wie im Falle des Blur-Drummers – die vielseitigen, denn der Mann reüssiert hier nicht nur mit seinem ersten Solo-Album, er ist auch Film- und Fernsehkomponist, Podcaster, Leichtflugzeugpilot (und -ausbilder), Anwalt und bis vor kurzem auch noch Labour-Abgeordneter. Und wie der Stöcke schwingende und ebenfalls solistisch arbeitende Kollege Father John Misty (oder früher auch mal ein gewisser Phil Collins) ist Rowntree auch ein überraschend guter Sänger. Einzig der Brit-Pop der Mutterband ist nicht so sein Ding, da ist er vielseitiger unterwegs, macht mal auf New Wave („London Bridge“), mäandert in der Liebes-Ballade „1.000 Miles“, experimentiert mit Geräusch-Schnipseln, Ambient-Sounds, Streichern und gegen den Strich gebürstete Percussion in „HK“ oder unterkühlten (Maschinen-)Melodien auf „Machines Like Me“. Man hört nicht nur hier die Handschrift des Produzenten Leo Abrahams, der schon mit den Wild Beats und Brian Eno gearbeitet hat. Ein Werk zwischen den Stühlen, aber eines mit Verve.

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Sam Himself – Never Let Me Go (Sony)

Sam Himself – Never Let Me Go (Sony) Bild: Sony
Sam Himself – Never Let Me Go (Sony)

Der in New York lebende Schweizer Künstler Sam Koechlin hat die Sound-DNA der Mega-City in seinen Songs eingefangen. Die sind ob aller verhangener Düsterkeit immer auch euphorisch und tanzbar, strecken sich in Melodie und Rhythmus vom New Wave bis in den modernen Indie-Pop der Jetztzeit. Dabei streift der Komponist und Sänger so unterschiedliche (aber eben auch New Yorker) Charaktere wie Bruce Springsteen und David Bowie, kredenzt hymnische Indie-Rock-Batzen als auch alles umarmende Sehnsuchts-Balladen. Produzenten Daniel Schlett (Iggy Pop, The War on Drugs) liefert eine makellose Arbeit ab.

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