Oberpfalz
10.02.2023 - 18:35 Uhr

Frisch gepresst: Neue Musik aus allen Stilrichtungen und Ecken der Welt

Journey schlagen mal wieder live mit viel Gitarrengeniedel zu, Hammock gewinnen selbigem ganz eigene, feine Noten ab, Leisetöner wie Robert Forster oder Maria Raykhman stecken diese Rocker aber in die Baumwolltasche.

Ob Plattenteller, CD-Player oder Spotify-Playlist: Wir haben neue Musik für euch. Bild: Schober, Hubert
Ob Plattenteller, CD-Player oder Spotify-Playlist: Wir haben neue Musik für euch.

Masha The Rich Man - Sheyne Ziere (Motor)

Masha The Rich Man - Sheyne Ziere (Motor) Bild: Motor
Masha The Rich Man - Sheyne Ziere (Motor)

“Ich will meine Ängste und Träume fühlen, aussprechen, ausleben.“ Ich habe so lange verdrängt, wer ich wirklich bin und was ich sein will, dass ich andere Leute ermutigen möchte, ihren eigenen Weg zu gehen“, sagt die ukrainisch-jüdische Singer/Songwriterin Maria „Mascha“ Raykhman die inzwischen in Berlin eine Heimat gefunden hat. Ihr bisheriges Leben, geprägt von Rissen und Brüchen, bildet den Background dieses lyrischen Folk- und Chanson-Liedreigens, der zutiefst zu berühren vermag. Streicher, Klavier, Akustikgitarre, warme (Moll-)Töne bestimmen das Bild und betten diese wunderbar unverstellte, zu tiefen, ehrlichen Emotionen fähige Stimme in ein sanftes Melodien-Bett, das Vorbildern wie Regina Spektor in nichts nachsteht, aber auch um die Theatralik eines Freddie Mercury (ihrem erklärtem „Hero“) weiß. Der Schluss- und Titelsong ist übrigens eine auf Jiddisch gesungene Liebeserklärung an die Oma, die einst als einzige an die Enkelin geglaubt und ihr den Gesangunterricht spendiert hatte. Da klingt dann auch ein Leonard Cohen an.

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BMX Bandits – Music for the film "Dreaded Light” (Tapete)

BMX Bandits – Music for the film "Dreaded Light” (Tapete) Bild: Tapete
BMX Bandits – Music for the film "Dreaded Light” (Tapete)

Dass Duglas T. Stewart und seine Bande Filmmusik schreiben ist zwar ein Novum, erklärt sich aber aus der Historie seines Protagonisten (die hier nicht wirklich relevant ist). Gut ist es auf alle Fälle, dass überhaupt mal wieder Musik dieser formidablen Kapelle aus Schottland zu hören ist, bezaubern die Bandits doch seit Mitte der 80er Jahre in recht unregelmäßigen Abständen mit tollen Melodien, schottischem Humor und feinem Indie-Gitarren-Pop mit DIY-Attitüde unsere Herzen. „C 86“ hieß ja ihre erste Platte, wonach dann ein ganzes Genre mit Kapellen wie Teenage Fanclub, Belle & Sebastian, Soup Dragons, Vaselines oder die Pastels benannt wurde -die Class 86. Nun braucht es neben den benannten Zutaten für einen Film auch die eine oder andere eher elegische, mäandernde Zutat, die die Bandits aber ebenso locker aus dem Ärmel schütteln wie große, pfiffige Pop-Songs. Dieser Soundtrack ist daher eher zum stillen genießen, denn als Tanzbodenfeger geeignet. Ein Schluck Wein dazu kann auch nicht schaden.

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Robert Forster – The Candle And The Flame (Tapete)

Robert Forster – The Candle And The Flame (Tapete) Bild: Tapete
Robert Forster – The Candle And The Flame (Tapete)

Der Go-Betweens-Mann hat mal wieder eine seiner wichtigen wie schönen Platten gemacht. Einer der Gründe dahinter ist allerdings weniger schön, denn Ehefrau Karin Bäumler bekam eine schlimme Krebsdiagnose und so hat dieses Album auch viel mit der Krankheit und ihrer Heilung zu tun. Gleich der Eröffnungs-Song, „She`s A Fighter“ thematisiert das und braucht dazu auch nur diesen einen intensiven Satz, „She´s a fighter, fighting for good“. Damit ist alles gesagt, das Leid, die Zuversicht, der Sieg. Das sind aber natürlich nicht die einzigen schlauen Sätze, die sich unser Literat aus Down Under hat einfallen lassen. „I Don´t Do Drugs, I Do Time“ ist so ein anderer klasse Song, wo Herr Professor auf seine 65 Lenze zurückblickt. Altersweise nennt man das wohl und dazu passt ein vorwiegend streng akustisch geschnittenes Gewand warmer Melodien, aufgenommen ohne großen Firlefanz in ein paar Tagen im Studio, ohne Kopfhörer, ohne Overdubs, alle gemeinsam in einem Raum mit Blickkontakt. Und diese intime, gemütliche Wohnzimmeratmosphäre transportiert dieses Kleinod von einem Album.

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Mikey Mike - Mikey Mike's Life on Earth, Vol. 2 (Thirty Tigers)

Mikey Mike - Mikey Mike's Life on Earth, Vol. 2 (Thirty Tigers) Bild: Thirty Tigers
Mikey Mike - Mikey Mike's Life on Earth, Vol. 2 (Thirty Tigers)

Auch wenn der 34-jährige aus Maryland stammende Grammy-Gewinner jetzt in Nashville sein Unwesen treibt, hat sein zweites Album mit ziemlich vielem, aber am allerwenigsten mit Country-Musik zu tun. Der erklärte Spaßvogel und PP-Kasper -eine Billboard-Kampagne zu Vo. I, führte zu über 20.000 Anrufen auf seine persönliche Telefonnummer- ist musikalisch auch dieses Mal nicht zu fassen, einzig seinen humoristischen Stil hat er beibehalten. Es gibt Rap- und HipHop-Ansätze, aber eben auch nur Ansätze. Wir hören den Slacker-Pop eines Beck wie auch Verrücktheiten eines Bobby Conn. Zwischendrin dann zarte Folk-Pretiosen und Liebeslieder wie „Roaches“, seltsam eiernde Gute-Laune-Songs wie „Joy“, oder Funk-Voccoder-Spielereien wie im „Drama“. G. Love & seine Special Sauce sind ähnlich geniale Grenzgänger, produziert hat das Unikum kein geringerer als der siebenfacher Grammy-Gewinner Dave Cobb (Chris Stapleton, Lady Gaga).

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Journey – Live In Concert At Lollapalooza (Frontier)

Journey – Live In Concert At Lollapalooza (Frontier) Bild: Frontier
Journey – Live In Concert At Lollapalooza (Frontier)

Im Sommer 2021 gastierte die Hard- & Classic-Rock-Institution in Chicago auf dem berühmten Lollapalooza-Festival. Mit dabei die beiden Drummer Deen Castronovo und Narada Michael Walden, Gitarrist Neal Schon, die beiden Keyboarder Jonathan Cain und Jason Derlatka, Bassist Marco Mendoza und Sänger Arnel Pineda, Vollbedienung war also garantiert. Mit viel zu viel Keyboard-Gedöns (aber der Fan liebt das ja) und feschen Gitarren-Solis wurden dann etliche Hits auf über 10 Minuten Länge gepuscht. Höhepunkt des orgastischen Genudels „La Do Da“. Überhaupt besteht das Set ausschließlich aus Klassikern der Perry-Ära, erhältlich als Doppel-CD, Bluy-ray, 3er-LP und nen Film gibt´s auch noch dazu.

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Hammock - Love In The Void (Cargo)

Hammock - Love In The Void (Cargo) Bild: Cargo
Hammock - Love In The Void (Cargo)

Hammock lassen sich Zeit. Bevor „Procession“ richtig losgeht, ist der Opener auch schon wieder Geschichte, man erinnert sich daran, ein dunkles Rauschen wahrgenommen zu haben. Und auch der Titelsong schleppt sich eher aus den Boxen, als dass hier massiver Druck oder gar Dringlichkeit entstehen würden. Marc Byrd und seine Kollegen bauen behutsam aber unermüdlich ihre orchestralen, Kathedralen-großen Tongebilde zusammen, als würde ein Leinwand-Epos in Slow Motion abgespielt werden. Wenn ein Titel bedeutungsschwanger „It's OK to Be Afraid of the Universe“ heißt, kann das auch schon mal zehn Minuten in Anspruch nehmen. Post-Rock in Perfektion ist das, man muss nur auch genügen Zeit und Muße dafür mitbringen.

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INVSN – How Far Have We Fallen (Clouds Hill)

INVSN – How Far Have We Fallen (Clouds Hill) Bild: Clouds Hill
INVSN – How Far Have We Fallen (Clouds Hill)

Dennis Lyxzén steht, b.z.w. stand nicht nur der International Noise Conspiracy und Refused vor, er ist auch der Kopf hinter INVSV. Diese Kapelle war mal unter Post-Punk und Indie-Rock gut einzuordnen, inzwischen tummelt man sich knietief in den 80ern, in Wave & Industrial -mit einem Extrawumms auf den Snare Drums. „Illuminate This“ macht hier noch eine Ausnahme in Richtung Vergangenheit, Lyxzén beißt und bellt hier mehr als er singt, ansonsten hören wir viel Depeche Mode, New Order, Sisters Of Mercy und wegen des Dunkel-Faktors auch ein wenig Joy Division. Schon ein wenig aus der Zeit gefallen, wie der überdimensionierte Liedstrich, schön allerdings sind die voluminösen Background-Gesänge.

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Neil Young – Harvest 50. Anniversary Edition (Reprise)

Neil Young – Harvest 50. Anniversary Edition (Reprise) Repro: Reprise
Neil Young – Harvest 50. Anniversary Edition (Reprise)

Zum Geburtstag eines der wichtigsten Alben des Kanadiers gibt´s mal wieder keine Torte, sondernd die übliche Plünderung des Fan-Geldbeutels in Form einer Sonderausgabe. Was wird geboten: Drei Studio-Outtakes auf CD/7″-Vinyl, eine unveröffentlichte Solo-Performance für die BBC aus dem Jahr 1971 auf CD, LP und DVD sowie eine bisher unveröffentlichte, zweistündige Doku aus dem Jahr 1971, in der die „Harvest“-Sessions filmisch dokumentiert werden. Außerdem enthält das Paket ein Hardcover-Buch und ein ausklappbares Poster. Käufer des Vinyl-Boxsets können sich zudem auf einen Lithographie-Druck freuen. Die Qualität des Live-Mitschnitts sind dabei ohne Tadel. Noch eine Randnotiz: Das Hardcover-Buch hält nie gezeigte Fotos sowie ausführliche Linernotes des Fotografen, Produzenten und Musikers Joel Bernstein bereit. Dieser merkt in seinen persönlichen Zeilen an, dass über den Verlauf der letzten 50 Jahre bereits etliche Mitwirkende dieses Albums verstorben sind. Danny Whitten, Youngs Bandkollege bei Crazy Horse, starb sogar noch im Jahr der Veröffentlichung an einer Heroin-Überdosis, was dem Albumsong „The Needle and The Damage Done“ – ein Song über Heroinsucht – eine tragische neue Aktualität verlieh. Neben Whitten haben wir zudem „alle Mitglieder der Stray Gators (Kenny Buttrey, Tim Drummond, Jack Nitzsche und Ben Keith), Produzent Elliot Mazer, Tontechniker Henry Lewy, Manager Elliot Roberts und den künstlerischen Leiter Tom Wilkes“ verloren, wie Bernstein schreibt. „Und auch die Muse des ‚Harvest‘-Albums, Carrie Snodgress, weil nicht mehr unter uns“, so Bernstein weiter, der mit den Worten schließt: „Diese Songs und Aufnahmen sorgen dafür, dass keiner von ihnen jemals vergessen wird“ -wie dieser Meilenstein auch.

 
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