Oberpfalz
19.05.2023 - 19:39 Uhr

Frisch gepresst: Neue Musik aus allen Stilrichtungen und Ecken der Welt

Ailbhe Reddy feiert das Vinyl und lässt das Klang-PVC ganz anders als den Silberling klingen. Drei Singer/Songwriter aus Holland, Schweden und Deutschland lassen große Freude aufkommen.

Ob Plattenteller, CD-Player oder Spotify-Playlist: Wir haben neue Musik für euch. Bild: Schober, Hubert
Ob Plattenteller, CD-Player oder Spotify-Playlist: Wir haben neue Musik für euch.

Ailbhe Reddy - Endless Affair (Bertus)

Ailbhe Reddy - Endless Affair (Bertus) Bild: Bertus
Ailbhe Reddy - Endless Affair (Bertus)

Die Irin aus Dublin ist des Feierns ein wenig müde geworden, man geht ja auch stramm auf die 30 zu. So kann man ihr zweites Album durchaus als eine Coming-of-Age-Geschichte beschreiben, den Tod der Oma inklusive. Den rockigen Folk-Rock garniert sie mal mit Ausflügen Richtung New Wave, Power-Pop oder auch einem Bläsersatz, typische Jigs & Reels sucht man hier vergeblich. Das ist unterm Strich eine recht flotte Sache, zumal diese Stimme durchaus ihre Reize hat. Was auch reizvoll wie interessant ist: Platte und CD unterscheiden sich komplett voneinander was Spiellänge, Abmischung und Anordnung betrifft.

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Angel Bat Dawid - Requiem For Jazz (International Anthem)

Angel Bat Dawid - Requiem For Jazz (International Anthem) Bild: International Anthem
Angel Bat Dawid - Requiem For Jazz (International Anthem)

Eine wichtige Inspiration für die Komposition und das Arrangement dieser Suite in 12 Sätzen waren die Dialoge aus Edward O. Blands Film, „The Cry Of Jazz“ aus dem Jahr 1959. Das Album ist eine weitreichende Abhandlung über die afroamerikanische Geschichte von einer ihrer scharfsinnigsten Erzähler:innen. Die Musik des Projekts wurde ursprünglich beim Hyde-Park-Jazz-Festival in Chicago 2019 uraufgeführt, wo Angel ein fünfzehnköpfiges Mehrgenerationen-Instrumentalensemble aus schwarzen Musikern aus der gesamten kreativen Community Chicagos leitete, zusammen mit einem vierköpfigen Chor (mit Sängern des Black Monument Ensemble) sowie Tänzer:innen und visuell arbeitenden Künstler:innen. Die Aufnahmen der Performance wurden schließlich von Angel gemischt und editiert, sie fügte Zwischenspiele, Gesang und zusätzliche Sounds hinzu, so dass das Werk mitunter schon fast klassische Züge bekam.

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Smokemaster - Cosmic Connector (Tonzonen)

Smokemaster - Cosmic Connector (Tonzonen) Bild: Tonzonen
Smokemaster - Cosmic Connector (Tonzonen)

Die Kapelle aus Bonn huldigt dem guten alten Deutsch-Rock der 70er mit seinen Bands wie Jane, Birth Control oder Grobschnitt. Deren Schlagzeuger, Eroc war auch an der Produktion dieses Werks beteiligt. Für Nachgewachsene: Es gibt hier lange, jam-artige Rock-Stücke mit geballter Gitarrenwucht, flächigen Keyboards, sphärischen Gesängen und jeder Menge Siegfried-Stimmung. Teutsch-Rock halt. Schüttle die Fokuhila für mich!

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Roofman – Still The Mess I Was (Clouds Hill)

Roofman – Still The Mess I Was (Clouds Hill) Bild: Clouds Hill
Roofman – Still The Mess I Was (Clouds Hill)

Thijs van der Meulen, sein Bruder und ein paar Kumpels vom anderen Ende des Teichs haben in den Hamburg Clouds Hill Studios fein analog dieses Gitarren-Album eingespielt. Es ist ein Werk, das Anfang der 70er hätte erscheinen sollen, so mit Neil Young als Stargast. Van der Meulen wuchs in einer Kleinstadt nahe am Wald auf und das hat sein von Naturmetaphern gespicktes Songwriting geprägt. Er ist dabei kein Mann der großen Worte, sondernd verhandelt sich und das Leben gesamt in ehrlicher, schlichter Lyrik. Musikalisch geht es auch bodenständig zu, wobei da die Schlichtheit der Raffinesse Platz macht. „Still The Mess I Was” ist kein bahnbrechendes Werk geworden, dafür hat man einen neuen, guten Freund gefunden.

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Alberta Cross - Sinking Ships (Kartell)

Alberta Cross - Sinking Ships (Kartell) Bild: Kartel
Alberta Cross - Sinking Ships (Kartell)

Guckt man sich das düstere Cover Artwork an, kann man schon darauf kommen, dass in dieser nachtschwarzen See mal ein Schiff verloren geht. Eher dunkel (aber nicht düster) sind auch die Songs von Petter Ericson Stakee, denn eine Alberta Cross gibt es nicht. Der Singer/Songwriter aus Uppsala lebt seit langem in London und hat im einstigen Tears-For-Fears-Tonstudio sein siebtes Werk aufgenommen. Es atmet das Americana, den Folk-Noir und auch ein wenig den Kammer-Pop. Behutsam, ja liebevoll baut er seine Melodien auf. Die Snare spielt eine Art Marsch während sich das Klavier vorsichtig in den Song schmiegt und die Gitarre verfremdete Klänge erzeugt. Das schafft Atmosphäre, öffnet Klangräume, schafft zeitloses Liedgut wie einst Mark Hollis. Die Coverversion des Songs von Sharon Van Etten, “Every Time The Sun Comes Up”, passt da ganz gut ins Bild.

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Max Braun – Till Morning Comes (Marzipan Records)

Max Braun – Till Morning Comes (Marzipan Records) Bild: Marzipan Records
Max Braun – Till Morning Comes (Marzipan Records)

Der Großstädter Max Braun, er lebt in Berlin, hat ein völlig rurales Album aufgenommen. Mit sanfter Stimme singt er zu sanften, akustischen Melodien seine lyrischen Texte über die Schwelle zwischen Wirklichkeit und Traum, dem Einschlafen. Man könnte das jetzt Wiegenlied-Folk nennen, nur sind diese Melodien zu schade, um dabei einfach wegzudämmern. Die Instrumente sind zart ziseliert und achtsam um den Song gruppiert, hier wird nicht gerockt, hier wird behutsam eine Note zur anderen gefügt. Und was Jo Ambros für Sounds aus einer Gitarre zaubert ist eine Klasse für sich. Was man auch noch kann: sich in „My Little Girl Dreams of The Dead“ ein wenig an The Notwist ranwanzen. Slow-Core-Folk-Noir, Procaz für die Seele. Geniales Debüt.

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