Brooklyn Funk Essentials – Intuition (Bertus)
Der Name ist Programm: die Funk Essentials machen natürlich kräftig groovenden Funk, den sie mit Soul-, R&B-, Jazz- und sogar Disco/Philly-Sound-Elementen würzen. Das ist natürlich an sich noch nichts Besonderes, verfahren doch zich Kapellen in den USA nach diesem Prinzip. Nicht alle haben jedoch eine Alison Limerick am Mikrophon und die zackigen Bläsersätze sind auch handverlesen. „Intuition“ ist ein spannendes, wenn auch recht rückwärtsgewandtes Album geworden, dass seine Wurzeln klar in den 70ern hat.
Mt. Desolation - Through Crooked Aim (Cargo)
Das Side-Projekt der Keane-Mitglieder und Haupt-Songwriter/Sänger Tim Rice-Oxley und Jesse Quin wühlt tief im Americana-Sumpf und hat mit der Hauptband außer der Stimme wirklich nichts gemein. Zudem geht man sehr bedächtig vor und versucht in Punkto Langsamkeit gar den Red House Painters im Opener den Rang abzulaufen. Mt. Desolation nehmen dann aber rasch Fahrt auf und legen mit „Too Hard A Stone“ einen flotten Klopfer auf. Überhaupt wird der traditionsbewusste Americana mit einem ganzen Arsenal an Genre-fremden Stilen wie Prog-Strukturen, Talk Talk Kammer- und Art-Pop, Trip-Hop-Samples, Power-Pop, etc. aufgepeppt. So gelingt ein immer spannendes, manchmal etwas düsteres Album, dem Street-Band Saxophonist Jake Clemons – der Enkel von Clarence – schöne Farbtupfer aufsetzt.
The Zombies - Different Game (Cooking Vinyl)
Nein, da erklingt nicht eine neue Version von „A Whiter Shade Of Pale“ und auch „Dropped Reeling & Stupid“ ist kein verschollener Steely-Dan-Track. Die Zombies sind einmal mehr aus der Gruft zurück und dabei sind immer noch Tasten-Derwisch Rod Argent und Sänger Colin Blunstone. Dieses Ur-Gestein der British Invasion existiert bereits seit 1961(!) und klingt vielleicht nicht wie ein Jungbrunnen, aber so muss man erst einmal in Würde altern. Vergleichbare Kapellen – es gibt quasi keine mehr – können sich vor so viel Kreativität und Chuzpe eine Scheibe abschneiden. „Rediscover“ ist ein Orgel-getränkter Schmachtfetzen mit Brian-Wilson-Feeling, „Love You“ bleibt zumindest geographisch in Kalifornien, man fährt aber vom Strand Richtung Laurel Canyon und „Run Away“ lässt den Spät-Sechziger-Prog wiederaufleben. Respekt die Herren, das war so nicht zu erwarten gewesen.
Luca Fogale – Run Where The Light Calls (Amelia Rec)
Ist es eine Auszeichnung, wenn man es mit seinen Songs in TV-Serien wie Grey’s Anatomy und NCIS Los Angeles geschafft hat? Zumindest bringt es Kohle ein. Und man hat den Geschmack der Masse getroffen. Diese Masse steht aktuell anscheinend auf getragene (Liebes- und Verzweiflungs-)Lieder mit Klavier und/oder Gitarrenbegleitung, sanftem aber eindringlichem, vor Emphase glühenden Gesang und wenig Experimenten außerhalb des popkulturellen Konsenses. Also alles richtig gemacht, Herr kanadischer Singer/Songwriter.
City and Colour - The Love Still Held Me Near (Membran)
Das sieht aber schwer nach Lazarus aus. Und in der Tat, Dallas Green trauert um seinen Freund und Produzenten, Karl Bareham, der bei einem Tauchunfall an der australischen Gold Coast tödlich verunglückte. Wir haben es also einmal mehr um ein Trauer- und Katharsis-Album zu tun und so traurig der Umstand auch sein mag, bei Künstlern zeitigen solche Unglücksfälle doch meist die ergreifendsten Werke. Green zelebriert seinen Herzschmerz und geht dabei auch mal an die Kitsch-Grenze was wohl auch seiner hohen Stimme geschuldet ist. Peinlich wird es aber nie, denn man kauft dem Mann seine Gefühle einfach ab. Die Melodien legen sich geschmeidig um dieses Falsett und lassen auch mal (dezente) Ausbrüche der Gitarren zu. Schließlich stand der Mann ja auch mal der Post-Hardcore-Institution Alexisonfire vor. Vom Campfire-Folk-Song über rockige Americana bis hin zur angesoulten Ballade reicht dabei des Spektrum.
Luke Elliot – Let`em All Talk (Rough Trade)
Und einmal mehr: eine Scheidung. Der britische Singer/Songwriter, eh schon immer für schweres Liedgut, üppige Moll-Melodien und sehnsüchtiges Schwelgen gut, verarbeitet hier seinen Schmerz, seine Verzweiflung. Da darf es dann schon mal recht orchestral zugehen und die letzten beiden Moby-Alben kommen einem in den Sinn. Dramatisch dicht das Cover von „I (Who Have Nothing)“, Bläser und Bratz-Gitarren prägen das dunkel funkelnde „William Tell“ und auch „Close With You“ will nicht so recht aus der Gruft, wo es sich schon Nick Cave und der Gun Club gemütlich gemacht hat. Mit wehmütig schwelgenden Streichern, einem Engels-Chor und einem wohltemperierten Klavier verabschiedet uns der Crooner auf „Great Ship Went Down“. Großes Kino das.
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