Brigid Mae Power - Dream From The Deep Well (Cargo)
Privat geht das Ehepaar Power/Broderick schon lange getrennte Wege, musikalisch versteht man sich weiterhin bestens. Peter Broderick zeichnet also weiterhin für die Produktion und Arrangements verantwortlich, hat dabei den elegisch-getragenen Folk-Sound mit ein paar Farbtupfern aus der psychedelischen Dream-Pop-Kiste dekoriert. Brigid Mae Power gibt sich dieses Mal betont politisch und spricht vor allem die Oberflächlichkeit der Social-Media-Generation aber auch Ukraine-Krieg und Frauenrechte an. Wunderschön auch das Tim-Buckley-Cover von „I Must Have Been Blind“.
Jack River - Endless Summer (Nettwerk)
Angesichts der Klima-Kapriolen auch in Australien stellt sich die Frage, ob man sich noch einen endlosen Sommer wünschen will. Holly Rankin aka Jack River hält dazu einen bunten Strauß an Pop- und Power-Pop-Melodien bereit, die leider auch recht Mainstream-konform und stromlinienförmig ausgefallen sind. Niedliche Pop-Musik, bestes Radio-Futter, nach Ecken & Kanten sucht man hier vergebens, dabei wollte die junge Mutter eigentlich ein politisches Album machen.
Son Volt - Day of The Doug (Thirty Tigers)
Jay Farrar hat ein Album mit Songs von Doug Sahm aufgenommen. Im Laufe seiner 50-jährigen Karriere bahnte sich Doug Sahm seinen Weg quer durch die Genres, indem er Schlüsselelemente aus Rock, R&B, Country, Folk, Tex-Mex und Psychedelia zu etwas zusammenfügte, das in seinem eigenen, einzigartigen Raum existierte. Als Kind teilte er die Bühne mit Hank Williams Sr., bevor er mit dem Sir Douglas Quintett drei Top-40-Hits landete und ein viel beachtetes Solowerk aufnahm. Er hat nie aufgehört, sich weiterzuentwickeln und immer wieder musikalische Grenzen zu sprengen. „Er ist ein überlebensgroßer Charakter“, sagt Farrar. „Er erinnert mich an Neal Cassady aus On the Road. Sein Leben war episch.“ Sahms Einfluss auf die amerikanische Musik ist unermesslich und hallt auch heute noch nach. Son Volt bleiben deshalb auch nah an den Originalen, wobei ein etwas kreativeres Herangehen locker möglich gewesen wäre.
Grouplove - I Want It All Right Now (Bertus)
“Tongue Tied“ hieß der milliardenfach gestreamte Hit der Band aus L.A. Dann kam eher wenig Neues oder Bewegendes nach. Und auch dieses, von John Congleton (Death Cab For Cutie, Wallows, St. Vincent) sauber und wuchtig produzierte Album macht hier keine Ausnahme. Kraftvolle Wumms-Gitarren, euphorische Gesänge bis hin zum fröhlichen Gegröle, treibende Rhythmussektion und ein wenig Synthies zum auskleiden des Stadion-tauglichen Sound-Designs, das Spektrum reicht von den Cold War Kids bis zu den Pixies.
Fuchs – Too Much Too Many (SPV)
Wenn Herr Fuchs nicht gerade in der Realschule unterrichtet, macht er zusammen mit seiner Frau und ein paar Mitstreitern Musik. Dem akademischen Background folgend, handelt es sich hier denn auch um eine Art Konzept-Album bezüglich der wahren Werte des Lebens, „Too Much Too Many“ kann also als pädagogisch wertvoll angesehen werden. Hans-Jürgen ist nach Eigenaussage ein bekennender Fan von Genesis-Keyboarder Tony Banks. Das hört man. Sicherlich hat der Mann aber auch schon die eine oder andere Queen-, Yes-, Eloy- oder Gentle-Giant-Platte gehört, speist sich der Sound doch aus melodischem 70er-Prog-Rock. Der Zungenschlag ist dabei typisch deutsch, aber daran muss man sich ja nicht stören.
Kid Be Kid - Truly A Life Goal But No Ice Cream (Fun In The Church)
Sandra Lötzsch ist eine Berliner Jazz- und Soul-Musikerin, Beatboxerin, veritable Pianistin, noch bessere Sängerin und allem voran eine begnadete Grenzgängerin, deren zahlreiche Richtungswechsel man auf der Platte kaum folgen kann. Gegenläufige Rhythmen finden hier zusammen, Drum-Computer und wohltemperiertes Klavier, Sprechgesang und ausufernde Stimmakrobatik, Beats und Sounds die sich mal bekriegen, mal umschmeicheln -allesamt Attacken auf gängige Hörgewohnheiten. Lötzsch fordert dem Zuhörer einiges ab, der wird dafür aber mit einem Brainwash seiner Hörgewohnheiten belohnt.
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