Oberpfalz
15.02.2024 - 12:07 Uhr

Frisch gepresst: Neue Musik aus allen Stilrichtungen und Ecken der Welt

Molly Lewis pfeift uns einen, Vera Sola und Hector Tellez Jr beglücken mit einer ganzen Armada an Gitarren.

Ob Plattenteller, CD-Player oder Spotify-Playlist: Wir haben neue Musik für euch. Bild: Schober, Hubert
Ob Plattenteller, CD-Player oder Spotify-Playlist: Wir haben neue Musik für euch.

Molly Lewis - On The Lips (Cargo)

Molly Lewis - On The Lips (Cargo) Bild: Cargo
Molly Lewis - On The Lips (Cargo)

Molly Lewis pfeift gerne. Im vergangenen Jahr hat sie damit an der Seite von Mark Ronson und Andrew Wyatt eine der emotionalsten Szenen des Hollywood-Hits „Barbie“ vertont, Modehäusern wie Chanel, Gucci und Hermes ihr einzigartiges Talent geliehen, und Weyes Blood auf Tour unterstützt. Auf ihrem ersten Longplayer lädt sie, unterstützt von prominenten Musikern aus allen Herren Länder, in ihre ganz eigene Lounge-Bar ein – und pfeift uns natürlich einen. Das Licht ist gedämpft (wie die Trompete), das Schlagwerk wird mit Besen gestreichelt, die Gitarren gezupft, der Martini natürlich gerührt. Wir befinden uns in den späten 50ern und lauschen diesem Soundtrack zu einem Film Noir oder einem Bertolucci-Epos.

Video

Başak Yavuz - Raum 610 (Rumi Sounds)

Başak Yavuz - Raum 610 (Rumi Sounds) Bild: Rumi Sounds
Başak Yavuz - Raum 610 (Rumi Sounds)

Die in Berlin lebende türkische Musikerin hat zunächst Architektur studiert, bevor sie sich der Musik zuwandte. Das ist wichtig zu wissen, denn diese Songs, oder besser Songkonstruktionen, klingen trotz eines gewissen Jam-Charakters irgendwie wie am Reißbrett entworfen, durchdacht, ja sorgsam konstruiert und zusammengesetzt. Die Komponenten sind dabei der Jazz, aber auch die experimentelle, progressive Rockmusik, der Funk, Hip-Hop als auch Spoken-Word-Performances. Karen Mantler & Her Cat Arnold klingen dagegen konventionell, Başak Yavuz und ihre hervorragende deutsche Band um den Gitarristen und Arrangeure, Sebastian Böhlen wagen mehr und gewinnen dabei.

Video

Abdullah Ibrahim – 3 (Bertus)

Abdullah Ibrahim – 3 (Bertus) Bild: Bertus
Abdullah Ibrahim – 3 (Bertus)

Ein Mitschnitt aus dem Londoner Barbican Center beinhaltet das Album beide Auftritte des legendären Pianisten – der erste wurde vor dem Konzert ohne Publikum direkt analog auf einer 1"-Scully-Tapemachine aufgenommen, die früher von Elvis Presley in den berühmten Sun Studios in Memphis benutzt wurde. Die zweite Aufnahme stammt von der Aufführung des Abends selbst, bei der Ibrahim in einem einzigartigen Trio auftritt, zu dem Cleave Guyton Jr. gehört, der bereits mit Größen wie Aretha Franklin, Dizzy Gillespie und Joe Henderson spielte. Der gefeierte Bassist und Cellist Noah Jackson komplettiert das Trio. Beide sind Mitglieder von Ekaya und haben auf Abdullahs Top-3-Billboard-Jazz-Album "The Balance" mitgewirkt. "3" enthält eine Reihe spezieller neuer Stücke und bewegender Arrangements, die von der Musik beeinflusst sind, mit der Ibrahim Abdullah - auch Dollar Brand genannt - aufgewachsen ist (Gospel und Jive, amerikanischer Jazz und klassische Musik, sakrale und weltliche Musik), sowie Arrangements von Stücken seiner Freunde und Jazz-Helden wie Duke Ellington und John Coltrane, die alle von seinem flüssigen und überschwänglichen Spielstil durchdrungen sind. Die Stücke enthalten fesselnde Gesangsdarbietungen von Ibrahim Abdullah, der mit herzzerreißenden Liedern über den Schmerz der Sklaverei, die er sowohl in seiner Muttersprache als auch auf Englisch singt. Gibt es auch im eher seltenen 3-LP-Format.

Video

Hector Tellez Jr - The Great Unknown (Thirty Tigers)

Hector Tellez Jr - The Great Unknown (Thirty Tigers) Bild: Thirty Tigers
Hector Tellez Jr - The Great Unknown (Thirty Tigers)

Hector ist der Sohn der kubanischen Legende Hector Tellez Sr., eines romantischen Bolero-Sängers, der eine jahrzehntelange Karriere voller Auszeichnungen hinter sich hat. Weniger romantisch ist allerdings der Stil des Filius, denn gleich im Opener erklingen herrliche Hendrix-Gitarren und überhaupt ist dieses Album ein erstklassiges Gitarren-Rock-Album der alten Schule geworden. Davon kündigen auch prominente Mitstreiter wie Peter Buck (REM) und Krist Novoselic (Nirvana), sowie Barrett Martin (Screaming Trees), der das Album auch produzierte. Da der Mann auch eine veritable, funky Rock-Röhre hat sei diese Scheibe auch allen Lenny Kravitz-Fans ans Herz gelegt.

Video

Vera Sola – Peacemaker (City Slang)

Vera Sola – Peacemaker (City Slang) Bild: City Slang
Vera Sola – Peacemaker (City Slang)

Der „Peacemaker“ ist keineswegs der pazifistische Friedensstifter, es ist ein Colt. Auch so kann man Frieden stiften, oder zumindest Ruhe. Und so sind die Texte der kanadisch-amerikanischen Singer/Songwriterin und Multiinstrumentalistin auch manchmal surreal, manchmal zärtlich, unbeirrbar freizügig oder berührend mit einem Hauch von Alltäglichkeit. Musikalisch versucht sich dieser Tausendsassa elegant zwischen die Stühle zu setzen. Es hat Mariachi-Bläsersätze zu flirrenden Twang-Gitarren, es hat liebevoll atmosphärisch hallende, gezupfte Folk-Gitarren und es hat den Rock`n`Roll. Es hat auf dieser Platte überhaupt viele Gitarren zu ausgeklügelt-exquisiten Arrangements, die diese aufregend neue Stimme umgarnen. Vom Sound-Bild her fallen einem dazu Größen wie etwa Nick Cave, Calexico, Lee Hazelwood & Nancy Sinatra oder auch ein zärtelnder Tom Waits ein. Das ist -frei heraus- schon großes Kino geworden, Chapeau.

Video

Poppy Fusée – Better Place (Un Plan Simple)

Poppy Fusée – Better Place (Un Plan Simple) Bild: Un Plan Simple
Poppy Fusée – Better Place (Un Plan Simple)

Irgendwie klingt es immer charmant und sexy, wenn Französinnen englisch singen. Auf ihrem Longplay-Debüt macht das Pauline Lopez de Avora durchgehen. Ihre sanfte Kleinmädchen-Stimme legt sie in ein meist digitales Bett aus Dream- und Shoegaze-Pop das mit flauschigen Kuschel-Federn gefüllt ist. Man pennt deswegen nicht gleich weg, zum Tanzen lädt diese Scheibe aber nicht ein, hinfort schweben und sich auf Wolke 7 tragen lassen kann man dagegen recht ordentlich. Artverwandtes wie Phoebe Bridgers oder Elliott Smith sind dagegen arg geplagte ADS-Patienten. Diesem „Better Place“ sollte man durchaus mal ein Ohr leihen -auch wenn man darauf am Ende ein Schläfchen macht.

Video

 
Kommentare

Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.

Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.

Klicken Sie hier für mehr Artikel zum Thema:
Zum Fortsetzen bitte

Sie sind bereits eingeloggt.

Um diesen Artikel lesen zu können, benötigen Sie ein OnetzPlus- oder E-Paper-Abo.