Any Other – Stop: You Have A Right To Remember (42 Rec)
Hinter diesem Musik-Projekt steckt die italienische Singer/Songwriterin, Multiinstrumentalistin und Produzentin Adele Altro. Sie ist eine bipolare Persönlichkeit und erinnert sich in ihren Liedern an ihre Jugend und das Erwachsenwerden – mit all den Problem, die eine solche Persönlichkeit vor allem in Bezug auf Eltern und Freunde mit sich bringt. Das kann auch mal recht schmerzlich und verstörend sein, die Musik ist ein Spiegelbild dessen. Adele Altro baut mit ihren Melodien also keinen Gegenpol zu den Inhalten auf, wie das sonst so viele Künstler machen, sie ist bewusst sperrig in ihrer DIY-Attitüde. Robert Wyatt, der große Dichter, Musiker und Sänger, strickt seine Songs ähnlich fragil-kompliziert und ums Eck gedacht, um am Ende doch wieder versöhnlich zu werden. Indie-Folk-Rock mit Kante.
Mooneye – Come With Me And Hide (Bertus)
Die Belgier sind ja bekannt für ihren wohl ausformulierten und gerne etwas um die Ecke gedachten Art-Pop (dEUS, Balthazar, Zita Swoon, etc). Michiel Libberecht, der Mann hinter Mooeneye, geht ein wenig konventioneller zu Werke und setzt auf eine wohlfeile Mischung aus Folk und Pop, bei der auch mal eine flotte Indie-Rock-Gitarre den Ton angeben darf. Meist kommen diese Lieder aber im akustischen (Gitarren-)Gewand daher, sind getragene, atmosphärisch aufgeladene Balladen, die zum Träumen („To Young To Have Regrets“) aber auch Nachdenken („Too Fast“) einladen. Paul Simon lässt grüßen, Kevin Morby auch.
Yard Act - Where's My Utopia? (Universal)
Die Kapelle aus Leeds demonstriert Crossover in Bestform! Da geht verdammt viel zusammen, was eigentlich nicht zusammengeht, und das alles in einem Song wie z. B. in „All Illusion“. Spoken-Word, Hiphop, elegische Synthie-Streicher, jazzy Gitarren, Philli-Feeling, Soul-Chöre und Gorillaz-Versatzstücke (dessen Remi Kabaka Jr. fungiert als Co-Produzent). Diese Tour de Force hält mit hohem Spannungsbogen das gesamte Album über an und wird noch mit Post-Punk, Grunge-Gitarren, DJ-Action im Scratch-Style, Dub-Gewitter und Einflüssen von den Red Hot Chili Peppers über Fela Kuti bis Ennio Moricone und Spillers 00er-Jahre-Pop-Hit „Groovejet“ angereichert. Mehr geht echt nicht.
The Snuts – Millennials (The Orchard)
Der Schotten-Vierer hat ein Album mit lauter knackigen Single-Hits gebastelt. Neu an diesem Sound, gar einzigartig, ist gewiss nichts, aber die Fröhlichkeit, die himmelhochjauchzenden, bzw. stürmenden Melodien, diese treibend Rhythmen und fetzigen Riffs machen Lust beim nächsten Sommer-Open-Air wild die Beine zu schwingen und hemmungslos diese Songs mitzugrölen. Ins Ohr geht das und ab wie Schmidts berühmte Katze. Die Killers agieren etwas diffiziler, die Vaccines sind ganz nah dran an diesem Indie-Pop-Sound, Shout Out Louds und Kaiser Chiefs ebenso.
Brittany Howard - What Now (Universal)
Die Alabama Shakes machen Pause. Das ist eigentlich eine schlechte Nachricht, wird aber durch dieses Solo-Album ihrer Sängerin zu einer verdammt guten. Brittany Howard löst sich vom Blues-Rock der Mutter-Band und macht, ja was macht diese grandiose Sängerin eigentlich genau? „Earth Sign“, der Opener, verwirrt auf alle Fälle erst einmal. Zu wuchtigen Klavieranschlägen zelebriert Howard Gesangs-Akrobatik, ein-, zweistimmig, im Chor, Polyrhythmik mischt sich ein, kontrollierte Kakophonie schraubt sich in himmlische Höhen – um abrupt zu enden. Danach zunächst zarte Xylophon-Tupfer, bevor sich Howards watteweiche Soul-Stimme zwitschernd und jubilierend zu „I Don't“ gesellt. Der Titel-Song danach, ein fescher Funk, wie ihn auch Prince gemocht hätte, „Red Flags“ hätte dagegen Lenny Kravitz gefallen. „To Be Still“ ist dann auch eine wirklich ganz ruhige, Jazz-gebadete Ballade, bevor „Another Day“ wieder den Funk zitiert. So geht es immerzu auf höchstem Niveau weiter, nur den Blues, den bekommt man hier nie.
Faada Freddy - Golden Cages (Think Zik)
Mit seinem erdigen, monotonen Rhythmus schickt einem der Titelsong und Opener geradewegs in die Sümpfe des Mississippi und auf die Baumwollfelder der Südstaaten. Dabei stammt der Sänger aus dem Senegal und schafft in seinem Texten auch immer wieder Verbindungen zu seiner Heimat. Faada Freddy kommt mit wenig aus, Body-Percussion, Handclaps, Finger Snips, ein paar Trommeln. Im Zentrum steht immer diese Stimme, gedoppelt, mit sich im Chor singend, jede Variation ist denkbar und wird genutzt. So ist der güldene Käfig genau das Gegenteil: ein nach allen Seiten offenes Experimentierfeld für diese geniale wie vielfältige Stimme.
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