Über den richtigen Umgang mit Pressemitteilungen

Oberpfalz
21.07.2023 - 08:22 Uhr

Dem Leser sollte stets klar sein, woher ein Text kommt. Hier besteht in mancher Redaktion Verbesserungsbedarf.

Das ist laut Duden eine Pressemitteilung.

Es geht hier um die redaktionelle Bearbeitung von Pressemitteilungen. Im Lokalteil können sie von Vereinen kommen, von Schulen oder von Kindergärten, von der Stadtverwaltung, der Gemeinde oder vom Landratsamt. Natürlich auch von Politikern oder Parteien, um nur einige Beispiele zu nennen. Erscheinen sie dann im Blatt, sind sie oft unzureichend gekennzeichnet. Mein Leseranwalts-Kollege Anton Sahlender (Main-Post in Würzburg) hat in einer seiner Kolumnen empfohlen: "Die Redaktion sollte zu einem Beitrag gleich die komplette Pressestellen-Übernahme verkünden. So erspart sie sich das Hineinfummeln von Einzelhinweisen in fremde Texte. Die Transparenz, die sich daraus ergibt, wirkt fort. Sie macht eine Ehrlichkeit sichtbar, die die Glaubwürdigkeit erhält. Die fällt wiederum auch auf die wirklich selbst recherchierten Beiträge zurück." So sehe ich es auch.

Der Hinweis erfolgt nicht

Bei zwei Artikeln in einer unserer Lokalausgaben sind mir hier wieder einmal Defizite aufgefallen. In einer längeren Meldung, in der der Landtagsabgeordnete Harald Schwartz Fördergelder der Bayerischen Landesstiftung für Baumaßnahmen im Landkreis Amberg-Sulzbach verkünden darf, fehlt der Hinweis völlig, dass es sich um eine Pressemitteilung handelt. Der Leser muss den Eindruck gewinnen, der Beitrag stamme von der Redaktion selbst.

Ebenso verhält es sich bei dem Bericht über ein Ehemaligentreffen an einer Schule, sehr wahrscheinlich von einem dort unterrichtenden Lehrer verfasst. Auch in diesem Fall geht aus dem Beitrag nicht hervor, dass dieser eigentlich eine der Redaktion zugesandte Pressemitteilung ist. Ein nahezu identischer Text findet sich auf der Internetseite der Schule.

Journalistischer Alltag

Wir von der Vereinigung der Medien-Ombudsleute (VDMO) haben im Zusammenwirken mit der Initiative Qualität im Journalismus (IQ) vor knapp zwei Jahren einen Leitfaden für den redaktionellen Umgang mit Pressemitteilungen erarbeitet und herausgebracht, den ich den Redaktionen ans Herz legen möchte. Interessierte Leserinnen und Leser finden ihn auf der Homepage der VDMO.

In dem Leitfaden machen wir noch einmal deutlich, dass Pressemitteilungen zum journalistischen Alltag gehören. Sie können zur wertvollen Information werden und Redaktionen zu eigenen Beiträgen anregen. Oder sie werden veröffentlicht als das, was sie sind: als Pressemitteilung von einem erkennbaren Absender. Zwischen der Anregung zu eigenen Recherchen und der unveränderten Veröffentlichung bietet sich eine Reihe von Möglichkeiten für den journalistischen Umgang mit Pressemitteilungen.

Basieren journalistische Beiträge auf Pressemitteilungen, ohne dass dies kenntlich gemacht wird, werden Grenzen zwischen Public Relations und Journalismus aufgelöst. Während Journalismus Informationen gemeinwohlorientiert aufbereitet, also im Interesse möglichst vieler, meist unterschiedlicher Individuen oder Gruppen, steht bei PR immer nur eine einzige Perspektive im Vordergrund: die einer einzelnen Person oder einer Organisation, zum Beispiel eines Vereines, Verbandes oder Unternehmens. Ziel von PR ist es, öffentliche Sympathien zu deren Gunsten zu erhöhen. Dabei handelt es sich um eine Selbstdarstellung, die Image beziehungsweise Reputation steigern soll. Journalismus hingegen strebt die Darstellung aus möglichst unterschiedlichen Blickwinkeln an, um so Meinungsbildung, Kritik und Kontrolle zu gewährleisten.

Werden Pressemitteilungen wortgleich übernommen, ohne darauf aufmerksam zu machen, erscheint Öffentlichkeitsarbeit als Journalismus, ohne vom Publikum als PR erkannt werden zu können. Dies ist umso problematischer, wenn redaktionelle Inhalte nur auf jeweils einer PR-Quelle basieren.

Presserat etwas undeutlich

Der Deutsche Presserat hat im Pressekodex zum Umgang mit Pressemitteilungen folgende ethische Regel aufgestellt: "Pressemitteilungen müssen als solche gekennzeichnet werden, wenn sie ohne Bearbeitung durch die Redaktion veröffentlicht werden." Dabei wird nicht näher definiert, was "ohne Bearbeitung" bedeutet. Hierzu existiert aber eine ausführliche Spruchpraxis.

Im Regelfall bearbeitet eine Redaktion die Pressemitteilung leicht, redigiert oder kürzt sie. Auch dann ist durchgängig Quellentransparenz geboten (zum Beispiel "nach Angaben der Firma/des Vereins xy" oder "... erklärte in einer Pressemitteilung..."). Das gilt ebenso, wenn die Redaktion die Pressemitteilung als Ausgangspunkt weiterer Recherchen und Nachfragen nimmt und lediglich Zitate aus der Pressemitteilung veröffentlicht: Hierbei gebieten es Fairness und Transparenz, auf den Hintergrund der Recherchen zu verweisen (beispielsweise durch Formulierungen wie "Wie xy bereits mitteilte..." oder "... hatte in einer Stellungnahme Folgendes veröffentlicht..."). Dient die Pressemitteilung ausschließlich als Themenanregung für einen redaktionellen Beitrag mit weiteren Protagonisten und Perspektiven, in dem keine Zitate aus der Pressemitteilung verwendet werden, entfällt die Kennzeichnungspflicht.

Der Leitfaden von VDMO und IQ enthält eine Reihe von "Merkpunkten" für die redaktionelle Praxis. So wird unter anderem betont, dass nicht jede Pressemitteilung erscheinen muss. Die Redaktion entscheidet souverän: Ohne relevante neue Aussage ist eine Veröffentlichung unnötig. Für Belanglosigkeiten sollte kein Platz ver(sch)wendet werden. Und: Pressemitteilungen sind kein Journalismus, die Darstellung von Kontroversen muss die Redaktion selbst journalistisch in der Hand behalten und sollte sie nicht wechselseitigem Pro und Contra per Pressemitteilung überlassen.

Deutschland und die Welt01.02.2019
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