Die Gesellschaft war schon immer vielfältiger, als sie aus heteronormativer Perspektive erscheint. Doch erst in den vergangenen Jahren trauen sich immer mehr queere Menschen in die Öffentlichkeit. Sie zeigen Flagge, gehen zum Christopher Street Day (CSD), stehen zu ihrer sexuellen Identität und setzen sich für ihre Rechte ein. Lange genug haben sie sich versteckt. Jetzt ist es Zeit für "Pride" (engl. für Stolz). Auch in der Oberpfalz.
Der Begriff "Pride" (oder Gay-Pride) stammt aus der amerikanischen Lesben- und Schwulenbewegung. Laut Cambridge-Wörterbuch beschreibt er den selbstachtenden und damit stolzen Umgang mit der eigenen sexuellen Identität. Doch alleine die Tatsache, dass wir als Journalist:innen Begriffe wie "Pride" immer noch erklären müssen, zeigt, dass diese Themen noch nicht in der Gesellschaft integriert sind. Besonders im ländlichen Raum scheint all das noch Neuland zu sein – oder? Wir, die Volontär:innen von Oberpfalz-Medien, waren neugierig: Wie bunt ist die Oberpfalz wirklich?
Denn einerseits zeigen Regenbogenfahnen, die an öffentlichen Gebäuden wehen oder Social-Media-Profile zieren, dass die gesellschaftliche Akzeptanz gegenüber queeren Menschen zunimmt. Andererseits steigt auch die Hasskriminalität gegenüber Menschen der queeren Community nachweislich. Laut Zahlen des Bundesinnenministeriums wurden 2021 in Deutschland 870 Straftaten aufgrund sexueller Orientierung registriert. 2020 waren es noch 578. Immer häufiger hetzen Rechte sowie religiös-motivierte Gruppierungen gegen Homosexuelle. Angriffe beim CSD in diesem Jahr wie in Münster, welcher für einen trans Mann tödlich endete, oder Dresden sind der beste Beweis, dass es noch viel zu tun gibt. Die Oberpfalz ist dabei bestimmt keine Ausnahme.
Bei einer Studie der Grünen über queeres Leben in Bayern 2020 wurden knapp 900 Teilnehmer:innen befragt. Das Ergebnis: Fast jede/r zweite Befragte gibt an, in den vergangenen drei Jahren Diskriminierung aufgrund der sexuellen oder geschlechtlichen Zugehörigkeit erfahren zu haben – nicht nur am Arbeitsplatz. Dabei handelt es sich meistens um Beleidigungen, Beschimpfungen und Ausgrenzungen. Gut 16 Prozent der Befragten wurde tatsächlich schon Gewalt angedroht oder hat diese bereits erfahren. Aus Angst davor geben viele queere Menschen auf dem Land ihre sexuelle Orientierung und/oder geschlechtliche Zugehörigkeit nicht bekannt oder ziehen in die Stadt. Ein weiterer Grund dafür könnten auch die fehlenden Beratungsangebote und Selbsthilfegruppen für sexuelle und geschlechtliche Minderheiten in der Oberpfalz sein.
Im Podcast "Zeit für Pride" sprechen wir mit Personen aus der LGBTQ*-Community (Abkürzung für Lesbian, Gay, Bisexual and Transgender) über Diskriminierung, Selbstfindung und ihren Herausforderungen in der Oberpfalz. Wir wollen aufklären, Vorurteile aus dem Weg räumen und Akzeptanz schaffen. Bei unserer Recherche war auch für uns noch vieles Neuland: Wie schreibt man eine nicht binäre Person an? Transmann oder trans Mann? Deshalb haben wir uns Hilfe aus der LGBTQ*-Community geholt. Denn wir wollen nicht über die betroffenen Personen sprechen, sondern mit ihnen.
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