Irgendwie hat man sich bereits daran gewöhnt. Die deutsche Wirtschaft stagniert, die Hiobsbotschaften der Unternehmen reißen nicht ab und dennoch klettert der Dax nach oben. Und auch die Aussichten scheinen gut zu sein: Die Wirtschaft der USA scheint euphorisiert von der Wahl Donald Trumps. Auch haben die Notenbanken die Leitzinsen gesenkt. Also rosige Aussichten für das Jahr 2025 und darüber hinaus?
Nicht unbedingt, denn Unsicherheiten gibt es mehr als man denkt und auch nicht alle Indizes konnten im letzten Jahr positive Zahlen vermelden. So haben zum Beispiel kleinere und mittelgroße deutsche Aktien aus dem M- und SDax kaum zugelegt beziehungsweise sogar verloren. Bei diesen Unternehmen kommt die konjunkturelle Schwäche Deutschlands und der einzelnen Branchen besonders zum Tragen, während die Schwergewichte im Dax von weltweiten Trends unter anderem in den USA profitieren. Auch auf Länderebene sind nicht alle Indizes im Plus.
Kommen Investitionsprogramme?
Löst sich die Situation auf, sind die Aktien günstig bewertet und machen einen Sprung nach oben. Spitzt sie sich jedoch weiter zu, sind weitere Abgaben möglich. Ähnliches gilt für etliche deutsche Werte: Kommt nach der Wahl eine wirtschaftsfreundliche Regierung oder nicht. Gibt es verlässliche Investitionsprogramme oder belastet Regulierung und Sparzwang weiter?
Ein Ende des Ukraine-Kriegs könnte hier ein Stimmungsaufheller sein. Auch im Nahen Osten könnten ruhigere Zeiten bevorstehen. Israel hat seine Ziele weitgehend erreicht. Syrien und der Fall von Baschar al-Assad bedeuten für den Iran eine deutliche Schwächung. Gut möglich, dass hier eine entspanntere Phase eingeläutet wird, was positiv für globale Kapitalmärkte sein sollte.
USA: Weitere Zinssenkungen?
Andererseits sind in den USA seit der ersten Zinssenkung die langfristigen Zinsen deutlich gestiegen. Grund sind erwartete positive Effekte auf die Konjunktur in den USA durch die Politik Trumps. Hierdurch steigen die Inflationserwartungen, was wiederum die Zinssenkungsphantasie dämpft. Während in Europa ein weiteres Sinken der Leitzinsen realistisch erscheint, werden in den USA weitere Zinssenkungen angezweifelt.
Auch der Devisenmarkt ist in Bewegung, so stand in den letzten Wochen der Euro zum Dollar deutlich unter Druck. Während für den Dollar die wachstumsfördernde Politik und ein höheres Zinsniveau sprechen, lähmt in Europa die politische und konjunkturelle Lage. Jedoch sind Exporte durch den sinkenden Dollarkurs günstiger geworden, was wiederum die Wettbewerbsfähigkeit stärkt und selbst so manchen Zoll verkraftbar macht.
In den USA kann sich im aktuellen Hype um die positive wirtschaftliche Situation auch schnell eine Ernüchterung breitmachen. Die gestiegenen Zinsen verteuern den Schuldendienst der größten Volkswirtschaft der Welt enorm. Bei inzwischen über 36 Billionen Dollar Staatsschulden betragen die jährlichen Zinszahlungen über 1 Billion. Tendenz steigend. Auch die avisierte Zollpolitik ist unter Risikoaspekten gefährlich.
Aktives Risikomanagement nötig
Ein enorm hoher Anteil US-amerikanischer Aktien in den Depots, sehr wenige Aktien, die in den letzten beiden Jahren den Markt nach oben gezogen haben, eine hohe Bewertung dieser Papiere und ein extremer Optimismus bewegen erfahrene Börsianer zur Vorsicht. Extrem viel Geld und eine brummende US-Wirtschaft sprechen andererseits für weitere Kurschancen.
Wie so oft liegen auch für 2025 Chancen und Risiken nah beieinander. Während kurzfristig viel möglich scheint, sollten hochwertige Aktien, mit soliden Gewinnen, starken Marktpositionen und stetigen Dividenden sowie stabilen Geschäftsmodellen langfristig weiter aussichtsreich scheinen. Zumal die Alternativen bei Festgeld und Co weniger abwerfen. Da es statistisch alle paar Jahre zu teils kräftigen Rücksetzern kommt, sollten Anleger neben einer breiten Streuung von Top-Aktien auch auf ein aktives Risikomanagement Wert legen.
Zur Person: Robert Beer
- Robert Beer ist Fondsmanager und Inhaber der Robert Beer Investment GmbH in Parkstein.
- Als Buchautor befasst er sich zudem seit den 1980er-Jahren mit der Wirtschaft und den Kapitalmärkten.
- Seine LuxTopic-Fonds wurden u.a. mit dem "Deutschen Fondspreis" sowie dem Euro Fund Award 2022, 2023 & 2024 und dem Lipper Award prämiert.
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