Parkstein
05.07.2019 - 18:17 Uhr

Witron vergrößert: Oberpfälzer Branchen-Primus

Es begann 1971 in einer Drei-Zimmer-Wohnung. Jetzt vergrößert die Witron Logistik + Informatik GmbH ihre Werke auf mehr als 20 Hektar. Was steht hinter der Verdoppelung der Produktionsfläche und Verdreifachung des Umsatzes auf 1,5 Milliarden bis 2022?

Zu den bestehenden vier Witron-Werken in Parkstein (Kreis Neustadt/WN) kommt ein neues Werk mit 120 000 Quadratmetern im Norden hinzu. Bild: Witron
Zu den bestehenden vier Witron-Werken in Parkstein (Kreis Neustadt/WN) kommt ein neues Werk mit 120 000 Quadratmetern im Norden hinzu.

Die nördliche und mittlere Oberpfalz gelten heute als das Zentrum für Intralogistik in Deutschland - noch vor dem Ballungsraum Stuttgart. Die Entwicklung mit zahlreichen Unternehmensausgründungen (Spin Offs) in der Region trägt vor allem einen Namen: Walter Winkler. Den 81-jährigen Gründer von Witron umgibt in der Branche der Nimbus eines genialen Innovators. Ausschließlich aus eigener Kraft, mit einem dynamischen - organischen - Wachstum brachte er die Witron von einer Handvoll Mitarbeiter Anfang der 70er Jahre zu einem bald milliardenschweren Weltunternehmen voran.

Winkler spricht von einem "enormen Erfolg": "Aber wir hatten in unserer fast 50-jährigen Unternehmensgeschichte nie Umsatzziele. Wir wollen die Besten am Markt bei Schnelligkeit, Qualität, Effizienz und Engagement sein ..." Konkrete Großaufträge im Volumen von 1,5 Milliarden Euro "zwingen" zu einer raschen Erweiterung. Walter Winkler plant Funktionalität und Arbeitsprozesse wie immer "im Kopf" - ohne Taschenrechner oder Computer. Nach diesen Berechnungen wird die passgenaue Software "geschrieben". Ausdrücklich lobt Winkler das rasche Genehmigungs-Prozedere durch die Marktgemeinde Parkstein und das Landratsamt Neustadt/WN. Die Architektur des Großprojekts in deutlich dreistelliger Millionenhöhe lehnt sich an die bestehende Bebauung an. Es bleibt bei unauffälliger "Wohnhaushöhe" sowohl bei den beiden Bürogebäuden, als auch beim eigentlichen Produktionsbetrieb. Das neue Werk "2 Nord" rundet somit das Firmenareal zur Nordseite hin ab. Die Finanzierung erfolgt ausschließlich mit Eigenmitteln, versichern Walter Winkler und Geschäftsführer Helmut Prieschenk. "Wir haben keinen einzigen Euro an Bankverbindlichkeiten."

"Aus einem Guss"

Einen Erfolgsfaktor stellt die Bedienung der "gesamten Wertschöpfungskette aus einem qualitätsvollen Guss" (Prieschenk) dar. Das heißt, Planung, Fertigung, der Bau sowie der Service und der Betrieb der Anlagen liegen in der Hand von Witron. Prieschenk: "Der Kunde kann sich auf sein Geschäft konzentrieren, wir kümmern uns um die Technik." Mehr als die Hälfte der Witron-Beschäftigten ist im Service tätig.

Walter Winkler schätzt den technischen Vorsprung von Witron durch die von ihm erfundene "Order-Picking-Machinery"(OPM) auf zehn Jahre. OPM bedeutet de facto die Alleinstellung am Markt in diesem Bereich der Intralogistik. Witron konstruiert vor allem für die Lebensmittler in aller Welt bis zu 150 000 Quadratmeter große Logistik-Center. Ihre Standardhöhe beträgt 22 Meter. Die verschiedenen Temperaturzonen für "Trocken"-Lebensmittel, Obst/Gemüse sowie Kühl- und Tiefkühlprodukte umfassen abertausende Produkte im Vollsortiment. Dabei sind die akribischen Arbeitsprozesse nicht nur zur Versorgung des stationären Handels ausgelegt, sondern immer mehr für E-Commerce.

Algorithmen garantieren, dass die Ware jeden Quadratzentimeter der Europaletten ausfüllt. Sie werden exakt so bestückt, wie sie dann die Regale der Discounter befüllen. Winkler: "Dies stellt eine ebenso wirtschaftliche wie ergonomische und nachhaltige Lösung dar." Den Mitarbeitern in den Logistik-Centern bleibt schwere körperliche Arbeit erspart und proppenvolle Europaletten erfordern weniger Lkw-Fahrten.

Die bisher rund 1000 von Witron ausgelieferten COM-Maschinen bestücken täglich mehr als 115 000 Europaletten, die wiederum aus über 10 Millionen "Waren-Päckchen" bestehen. Höchste Zuverlässigkeit ist gefordert. In den USA laufen die System ganzjährig 24 Stunden rund um die Uhr. "Projektgeschäft ist Vertrauenssache. Die Kunden schauen mehr in die Augen, als in den Vertrag ...", sagt Prieschenk. Auf dem Weltmarkt heiße es "wenn Winkler plant, dann funktioniert's."

"Frühstücks-Zuschlag"

Bei Witron sind 50 bis 60 Neueinstellungen im Monat die Regel: vom Informatiker bis zum Koch, vom Mathematiker bis zum Maschinenbauer. Als "Riesenkapital" betrachtet Winkler seine Mitarbeiter und die Ausbildung mit derzeit 280 jungen Menschen. Der 81-Jährige hat sein von ihm gegründetes und aufgebautes Unternehmen in eine Stiftung analog der Bosch-Stiftung umgewandelt. "Die Firma gehört den Mitarbeitern, sonst niemand", appelliert er an die soziale Verantwortung der Unternehmer. Großen Zuspruch findet das Mitarbeiter-Benefit-Programm. Es beinhaltet u. a. eine Altersversorgung als "substanzielles Standbein", Unfall- und Berufsunfähigkeitsversicherung und eine Jahresgewinnbeteiligung in Höhe etwa eines Monatsgehalts. Einmalig ist der einst von Hildegard Winkler initiierte "Frühstücks-Zuschlag" für Monteure im Auslandseinsatz: "Nur wer ordentlich gefrühstückt hat, kann gescheit arbeiten." "Wir verstehen uns als ein Oberpfälzer Familien-Unternehmen aus inzwischen 50 Nationalitäten", unterstreicht CEO Prieschenk.

Parkstein05.07.2019
 
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