Regensburg
29.03.2019 - 17:54 Uhr

Drei Jahre Haft für "lieben Opa"

Die Staatsanwaltschaft ermittelte zwei Jahre, bevor sie Anklage erhob. An Ende war auch für das Gericht klar, dass ein 65-Jähriger seine Enkelin mehrfach sexuell missbraucht hat.

Drei Jahre und drei Monate muss ein 65-Jähriger hinter Gitter, weil er mehrfach seine Enkelin sexuell missbrauchte. Bild: Volker Hartmann/dpa
Drei Jahre und drei Monate muss ein 65-Jähriger hinter Gitter, weil er mehrfach seine Enkelin sexuell missbrauchte.

(ahs) Seit Ende Januar musste sich ein 65 Jahre alter Kraftfahrer vor dem Jugendschöffengericht Regensburg als Jugendschutzgericht wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in acht Fällen verantworten. Nach einer teils unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchgeführten umfangreichen Beweisaufnahme wurde er am Donnerstag zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten, sowie zu einer Schmerzensgeldzahlung von 5000 Euro verurteilt. Darüber hinaus muss er für die materiellen und immateriellen Folgenschäden aufkommen.

Die Taten gehen auf die Jahre 2014 und 2015 zurück, als die kleine Jaqueline (Name geändert) elf, beziehungsweise zwölf Jahre alt war. In dieser Zeit übernachtete sie, ebenso wie ihre jüngere Schwester und zwei Cousinen, häufig beim Angeklagten, der als liebevoller Opa bekannt war und zu dem die Mädels volles Vertrauen hatten. Auch im März 2014 soll Jaqueline den Angeklagten in seiner Wohnung besucht haben. Als sie ihn aus Neugierde fragte, wie ein Zungenkuss geht, soll er ihr statt ihr das zu erklären zur Demonstration einen solchen gegeben haben. Von diesem Zeitpunkt an soll er die Intensität seiner sexuellen Handlung immer weiter gesteigert haben, bis hin zu Manipulationen im Intimbereich mit der Hand und der Zunge. In einem Fall soll er das Mädchen aufgefordert haben, sich nackt und mit gespreizten Beinen auf die Couch zu legen. Anschließend soll er davon ein Video gefertigt haben. Insgesamt ermittelte die Staatsanwaltschaft über zwei Jahre, ehe sie Anklage erhob.

Glaubhafte Opferaussage

Bis zum Schluss beteuerte der Angeklagte, dass an den Vorwürfen nichts dran sei. Eine Kinder- und Jugendpsychologin kam jedoch in ihrem Glaubhaftigkeitsgutachten zu der Überzeugung, dass die heute 16-Jährige während des zwei Jahre dauernden Ermittlungsverfahrens und auch vor Gericht erlebnisorientiert aussagte. Sie habe in ihrer Naivität alles gemacht, was ihr geliebter Opa von ihr verlangte. Dabei habe sie auch keinen Argwohn gehegt, da er immer sofort damit aufhörte, wenn sie nicht mehr wollte. Die Staatsanwältin plädierte für eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten.

Anders sah es Verteidiger Michael Haizmann. Außer der Aussage der Geschädigten gäbe es keine belastbaren Beweismittel. Das behauptete Video konnte, ebenso wie angeblich gefertigte Bilder, nicht gefunden werden. Dagegen habe die Beweisaufnahme ergeben, dass sich Jaqueline schon im Kindesalter sexuell sehr interessiert zeigte und auch über das Internet entsprechende Bekanntschaften pflegte. Von ihren Eltern hingegen habe sie sich vernachlässigt gefühlt.

Ihre pubertätsbedingten Auffälligkeiten seien von der Tante falsch interpretiert worden. Diese sei es auch gewesen, die die Falschbeschuldigungen aus ihr "herauskitzelte", was dann schließlich zur Strafanzeige führte. Bei derart erheblichen Zweifeln müsse, so sein Antrag, der Angeklagte freigesprochen werden.

In ihrer mündlichen Urteilsbegründung machte Richterin Cornelia Braun keinen Hehl daraus, dass es eine schwierige Aufgabe war, aufzuklären wer hier die Wahrheit sagt. Objektive Beweismittel standen nicht zur Verfügung. Zudem sei erkennbar, dass die 16-Jährige ihren Opa auch heute noch liebt. Ihre bevorstehende Befragung als Zeugin vor Gericht war für sie so belastend, dass sie eine Woche vorher wegen Suizidgefahr in die Kinderpsychiatrie eingewiesen werden musste. Auch habe sie als Zeugin Schuldgefühle zum Ausdruck gebracht, dass sie teilweise mitgemacht hatte. Auch nach 200 Therapiestunden zeige sie noch ein gestörtes Sexualverhalten, ein Ende der Behandlung ist nicht in Sicht.

Beweislage dürftig

Belastend für den Angeklagten sei zudem gewesen, dass die Auswertung seines Handys ergab, dass er nach Seiten mit Kinderpornografie gesucht hatte. Sein Camcorder wurde, bevor er der Polizei übergeben wurde, auf Werkseinstellung zurückgesetzt. Damit war keine Auswertung mehr möglich. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

 
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