"Willst du mich?" fragt Graf Wetter vom Strahl in Heinrich von Kleists gleichnamigem Schauspiel-Klassiker am Ende das Käthchen von Heilbronn. Doch anstatt ihm das Jawort zu geben, beginnt die Hauptdarstellerin in der Neuinszenierung von Julia Prechsl mit den Worten "Das ist nicht meine Geschichte. Meine Geschichte ist ..." ihre Sicht der Dinge zu erklären und, teils auch in der Umgangssprache unserer Tage, dem Publikum mal so richtig lautstark mitzuteilen, wie sie sich eigentlich eine emanzipierte Beziehung zu einem Mann vorstellt. Währenddessen machen die Bühnenakteure nach und nach den Abgang, weil sie begriffen haben, dass aus diesem Hochzeitsfest nichts mehr wird.
Modern und abstrakt
Das ist der Abschluss einer Inszenierung, die am Regensburger Theater im Velodrom von Anfang an eine moderne und auch etwas abstrakte Machart an den Tag legt. Einige der Besucher, die deshalb in der Pause der Premiere schon gegangen waren, hätten wohl spätestens hier endgültig zuviel gehabt.
Und in der Tat kann man darüber streiten, ob man den Schluss wirklich in diese Richtung abbiegen sollte. Auch auf den Elektronik-Sound könnte man hier und da verzichten, da er die Atmosphäre nicht wirklich verdichtet, sondern manchmal schlicht nervt. Einfach nur Stille wäre an einigen Stellen effektiver gewesen.
Ein schmaler Grat
Aber diese Inszenierung hat durchaus kreative und originelle Einfälle und in zahlreichen Szenen wandelt Regisseurin Julia Prechsl geschickt auf dem schmalen Grat, der diesen Klassiker aus dem Jahre 1810 am Theater Regensburg für unser heutiges Publikum unterhaltsam und dennoch nicht überdreht oder verkitscht präsentiert.
Dazu gehören viele durchdachte Bewegungsabläufe und auch der Umgang mit dem abstrakten Bühnenbild von Birgit Leitzinger, das in Form einer überdimensionalen Blumenblüte mit beweglichen Blütenblättern viel Potential bietet. Auch die eher abstrakten und nur punktuell historisch angehauchten Kostüme von Olivia Rosendorfer komplettieren hier geschickt das Gesamtbild.
Laut und emotional
Ob allerdings die Hauptprotagonisten wirklich so oft sehr laute emotionale Ausbrüche an den Tag legen müssen, sei dahingestellt - auch deshalb, weil die ansonsten überzeugenden Akteure Inga Behring als Käthchen und Jonas Hackmann als Graf vom Strahl in diesen Ausbrüchen nicht immer noch in der Lage sind, verständlich zu artikulieren.
Thomas Weber als Gottschalk sorgt mit Fingerpicking für einen Hintergrundsound und zeigt seine Fähigkeiten auf der E-Gitarre. Auch Denia Nironen als Kunigunde von Thurneck, Gerhard Hermann in der Rolle des Theobald Friedeborn und alle weiteren Akteure agieren mit Leidenschaft und Ausdruck. Auch deshalb ist der anhaltende und intensive Premieren-Applaus im gut gefüllten Auditorium nicht unberechtigt.
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