Kassensturz zum Jahresabschluss 2022: Oberpfälzer Kulturförderer steckt im Bilanzminus

Regensburg
08.09.2023 - 15:00 Uhr
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Eine gemeinnützige Gesellschaft, deren Gesellschafter die Oberpfälzer Kommunen und der Bezirk sind. Geld, das unter anderem in Aktien angelegt ist – und ein dickes Minus in der Bilanz. Was hat es mit den Verlusten auf sich?

Man kann sich die "Kulturell-Gemeinnützige Oberpfalz GmbH" (KGO) vorstellen wie eine Stiftung: Mit ihren Geldern fördert die Gesellschaft das kulturelle Leben in der Oberpfalz und andere gemeinnützige Zwecke. Hauptgesellschafter ist der Bezirk Oberpfalz, Geschäftsführer ist gleichzeitig der Kämmerer des Bezirks, Karl Hirsch. Mitgesellschafter sind die Städte Regensburg, Weiden, Neumarkt und Schwandorf sowie die Landkreise Regensburg, Amberg-Sulzbach, Cham, Neumarkt und Neustadt/WN.

Und dieser Gesellschaft fehlen nun 4,9 Millionen Euro – zumindest bilanziell. Das Vermögen der Gesellschaft beträgt laut aktueller Kurswerte gut 46 Millionen Euro, die Bilanzsumme zum Jahresende 2022 betrug 76,85 Millionen Euro. Im Portfolio: Aktien und festverzinsliche Anleihen. Schuld an dem Einbruch, so erklärt KGO-Geschäftsführer Hirsch, ist der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und dessen ökonomische Auswirkungen. Das vergangene Jahr sei geprägt gewesen vom Krieg, Energiepreisen und Lieferengpässen. Deshalb gibt es nun jene Finanzanlagen, die im vergangenen Jahr Verluste gemacht haben. Auch sie müssen im Jahresabschluss 2022 abgeschrieben werden und sind deshalb maßgeblich für einen Fehlbetrag in Höhe von 4,4 Milionen Euro verantwortlich, also für einen Großteil des finanziellen Minus.

Nicht erfreulich, aber langfristig zweitrangig

Solche Verluste, erklärt Hirsch, seien nicht erfreulich, relativierten sich aber langfristig: Die festverzinslichen Anleihen halte man grundsätzlich bis zum Ende, um sie mit ihrem Nennwert zurückbezahlt zu bekommen. Die Kurswerte während der Laufzeit, erklärt Hirsch weiter, – die zum Beispiel zum Jahresende 2022 um gut 3 Millionen Euro unter den Nennwerten lagen – haben so zwar Auswirkungen auf die Bilanz, spielen aber für die Gesellschaft eine eher untergeordnete Rolle. Ein Fehlwirtschaften kann man dem Bezirk also nicht unterstellen.

Sehr viele Eon-Aktien im Portfolio

Kritisch könnte man lediglich ein Detail im Aktien-Portfolio begutachten: Nach Auskunft des Geschäftsführers ist das Aktienpaket zwar breit gestreut in Werte mit "verhältnismäßig geringen Risiken" – aus historischen Gründen aber bestehen 45 Prozent des Aktienpakets aus Papieren des Energiekonzerns Eon. Bezogen auf das gesamte Finanzvermögen der Gesellschaft machen die Eon-Anteile rund 12 Prozent aus – ein solch großes Aktienpaket eines einzigen Unternehmens birgt auch ein gewisses Risiko. Wirft man einen Blick auf große Fonds, die die großen amerikanischen oder deutschen Unternehmen im Portfolio führen, so fällt auf: Im Durchschnitt findet man in diesen Fonds jeweils Unternehmens-Anteile zwischen 5 und 7 Prozent. Eon-Aktien werden nach Auskunft von Hirsch aber von Analysten als konservativer Titel eingestuft – derzeit bestünde auch deshalb keine Absicht, den derzeitigen Bestand zu verändern. Aber auch das Aktienpaket, so Hirsch, habe sich in der Zwischenzeit wieder erholt. Seit Jahresbeginn berichtet Hirsch von einem Kursanstieg um 1,7 Millionen Euro.

Dass die Gesellschaft dessen zum Trotz noch genügend Geld für Kulturförderung zur Hand hat, ist durch einen langfristigen Anlageplan sichergestellt: Jedes Jahr werden Anlagen fällig – und mit den Erträgen wird gefördert. Weil die KGO zwar eine kommunale Gesellschaft ist – aber doch in Form einer gemeinnützigen Gesellschaft mit beschränkter Haftung – untersteht sie nicht der staatlichen Kommunalaufsicht. Als "aufsehendes Gremium" fungiert in diesem Fall der Bezirkstag, der unter anderem dafür zuständig ist, dass finanzielle Risiken für die Kommunen minimiert werden und zum Beispiel der Grundsatz "Sicherheit vor Ertrag" beachtet wird.

Laut eigenen Angaben hat die KGO von 2012 bis einschließlich 2022 knapp fünf Millionen Euro für die Oberpfälzer Kultur ausgegeben, pro Jahr jeweils rund eine halbe Million Euro. Außerdem hat die Gesellschaft in den vergangenen Jahren das Oberpfalz-Studentenwohnheim in Regensburg saniert: Mehr als 21 Millionen Euro flossen hier in die Renovierung der vier Häuser. Finanziert wurden auch das zu großen Teilen aus den Erträgen des KGO-Finanzvermögens.

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Regensburg08.09.2023
Hintergrund:

Wie die "Kulturell-Gemeinnützige Oberpfalz GmbH" an Aktien kam

  • Gründung: Als die Oberpfalz zu Beginn des vorigen Jahrhunderts elektrifiziert wurde, verstanden der Bezirk Oberpfalz (damals „Kreis Oberpfalz und Regensburg“) sowie viele Städte und Landkreise es als öffentliche Aufgabe, eine flächendeckende Stromversorgung aufzubauen. Dazu wurde am 5. November 1920 das "Kreisüberlandwerk Oberpfalz GmbH & Co. KG.", kurz KÜW, gegründet.
  • Das Kreisüberlandwerk: Hier wurde wohl nie in größerem Umfang selbst Strom produziert, weil bereits 1923 die Stromerzeugungsanlagen an die Oberpfalzwerke AG für Elektrizitätsversorgung (kurz OWAG), aus der später die OBAG hervorging, übertragen wurden. Im Gegenzug erhielt das Kreisüberlandwerk Vorzugsaktien der OWAG.
  • Eon-Aktien: Bis aus der OWAG irgendwann Eon geworden war, wurden die Aktien weitergetauscht: So besaß die Gesellschaft im Juli 2003 schließlich 666 025 Stück Eon-Aktien.
  • Kulturell-Gemeinnützige Oberpfalz GmbH: Am 28. November 2001wurde aus der KÜW schließlich die Kulturell-Gemeinnützige Oberpfalz GmbH, inzwischen besitzt der Bezirk noch 500 000 Eon-Aktien (Stand 10. August 2023).
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