Regensburg
24.05.2019 - 18:10 Uhr

Regensburgs Wähler sollten über Wolbergs richten

Für Regensburgs suspendierten Oberbürgermeister Joachim Wolbergs war nach dem Traumergebnis ein Lebenstraum wirklich geworden. Der ist geplatzt.

Kommentar von Jürgen Herda
Joachim Wolbergs im Interview. Bild: jrh
Joachim Wolbergs im Interview.

Für Regensburgs suspendierten Oberbürgermeister Joachim Wolbergs war nach dem Traumergebnis ein Lebenstraum wirklich geworden. Seine 70-Prozent-Beliebtheit erklärt sich auch aus seiner hemdsärmeligen Mentalität, jedermanns Kumpel sein und bürokratische Gesetze bürgernah umsetzen zu wollen.

Wolbergs wurde Sozialbürgermeister unter Hans Schaidinger, als der CSU-Fuchs das Win-win-System zwischen Politik, Sport, Bauunternehmen und, ja auch Bürgern, bereits etabliert hatte. Ohne Schaidinger und Bauunternehmer Volker Tretzel würde der SSV Jahn heute nicht in der Conti-Arena gegen den HSV spielen, sondern nach der Pleite gegen die SpVgg Weiden.

Im Mittelpunkt des Korruptionsprozesses steht die Vergabe des Nibelungenkasernen-Areals an Tretzel. Dabei hat fast der gesamte Stadtrat zugestimmt. Alle bestochen? Wohl kaum. Die Mehrheit war überzeugt. Es ist das beste Angebot mit hochwertigen Sozialwohnungen.

Worin besteht nun Wolbergs Vorteilnahme laut Anklage? Dass Mutter und Schwiegermutter Wohnungen kauften, die im preislichen Mittelfeld lagen? Dass bei der Sanierung einer Pächterwohnung eine Rechnung unter den Tisch fiel? Dass bei Reparaturen in seiner Drittel-Datscha der vorher vereinbarte Preis bezahlt wurde? Schludrigkeiten, die dem OB nicht unterlaufen dürfen.

Profitiert hat er als SPD-Kandidat durch Wahlkampfspritzen der Bauunternehmer. Ob er sich dadurch abhängig machte? Wie seine Vorgänger und Mitbewerber? Möglich, bewiesen ist es nicht. Kein Politiker hat für ähnliche Vergehen mehr als einen Strafbefehl kassiert. Wolbergs hat, Stand jetzt, Traumjob und Existenz verloren. Am besten wäre es, der Wähler würde über seine Zukunft entscheiden.

 
Kommentare

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Till Rickelt

"Im Mittelpunkt des Korruptionsprozesses steht die Vergabe des Nibelungenkasernen-Areals an Tretzel. Dabei hat fast der gesamte Stadtrat zugestimmt. Alle bestochen? Wohl kaum. Die Mehrheit war überzeugt. Es ist das beste Angebot mit hochwertigen Sozialwohnungen".

So klar wie das im Kommentar behauptet wird ist das keineswegs. Die Stadträte entscheiden ja in den allermeisten Fällen nicht aufgrund ihres eigenen Urteils, sondern folgen den mehr oder weniger deutlich formulierten Vorschlägen ihrer Fraktionsvorsitzenden. Und da dürften Wolbergs und Hart sehr klar gemacht haben, dass für die SPD Fraktion und die anderen Fraktionen der bunten Koalition eine Zustimmung sozusagen "Pflicht" war. Darüber hinaus: Dass das Bauteam Tretzel scheinbar das beste (sprich: das am besten auf die Ausschreibung zugeschnittene) Angebot abgegeben hat, ist natürlich nicht verwunderlich, wenn vertrauliche Ausschreibungsunterlagen vorschriftswidrig von Hartl an Tretzel weitergegeben wurden, was ja unbestreitbar der Fall war und auch Gegenstand des Verfahrens ist (https://www.regensburg-digital.de/nibelungenareal-im-fokus-war-ausschreibung-auf-tretzel-zugeschnitten/28112018/).

Und last but not least: Wolbergs und Hartl haben zwar stets BEHAUPTET, dass das Angebot von Tretzel das beste sei, mit der Begründung hohe Sozialquote und fortschrittliches Energiekonzept. Diese Behauptungen wurden allerdings weder vom Stadtrat noch von den Medien je substantiell überprüft und haben sich mittlerweile teilweise als schlicht nicht zutreffend erwiesen:

https://www.regensburg-digital.de/tretzels-guenstige-nebenkosten-da-wurden-wir-offenbar-hinters-licht-gefuehrt/15012019/

https://www.regensburg-digital.de/nibelungenareal-wo-bleibt-tretzels-sozialer-wohnungsbau/25112017/

https://www.regensburg-digital.de/das-btt-energiekonzept-zwischen-leitbild-propaganda-und-korruptionsverdacht/30122018/

24.05.2019
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