Der Netzbetreiber Bayernwerk sieht die Energiezukunft in einer weitgehend autarken lokalen Stromversorgung. Wie in einem Hofladen soll heimisch erzeugte Energie vor Ort angeboten und verbraucht werden. Auch auf die wachsende Elektromobilität stellt sich das Bayernwerk ein.
Bei einer Pressekonferenz stellte Reimund Gotzel, Vorstandsvorsitzender der Bayernwerk AG, am Donnerstag seine Vorstellung von der Energieversorgung von morgen vor. Zeitweise sei der Netzbetreiber ein Stück weit getrieben gewesen von der Energiewende und vom Photovoltaikboom in der Region, räumte Gotzel ein. 2011 schloss das Bayernwerk 50 000 Photovoltaikanlagen ans Netz an – jede zweite Anlage der Welt. Heute will das Bayernwerk selbst Treiber der Energiezukunft sein. Das stellte das Unternehmen bei der Vorstellung einer ganzen Reihe von Innovationen heraus.
Die Kernbotschaft: Die Energieversorgung muss dezentraler werden. In ländlichen Räumen sollen weitgehend selbstständige Energiezellen entstehen, die ihren Bedarf aus regenerativen Energien nahezu selbst decken. Auf dem Weg dorthin stehen Kommunen im Bayernwerk-Netz bereits jetzt sogenannte Energiemonitore zur Verfügung. Bayernwerk-Mitarbeiter Michael Wittmann demonstrierte den Monitor am Beispiel der Stadt Grafenwöhr: Dort wurde aktuell eine Energieerzeugung von 3500 Kilowattstunden angegeben und ein Verbrauch von 870 Kilowattstunden. „Das bedeutet eine Eigenversorgung von 100 Prozent, der Rest wird ins Netz eingespeist“, erklärte Wittmann.
Helfen sollen beim Umbau der Netze sogenannte intelligente Ortsnetzstationen. 6000 solcher tonnenschweren Stationen sollen in den nächsten Jahren ins Bayernwerk-Netz eingebaut werden. „Diese Anlagen versetzen uns in die Lage, ins Innere des Netzes zu schauen“, erklärte Egon Westphal, Technikvorstand der Bayernwerk AG. Die lokalen Stromkapazitäten könnten damit überwacht und ferngesteuert werden.
Auch in großen Städten werde es bei der energetischen Versorgung künftig zu Areallösungen kommen, sagte Gotzel voraus. Allerdings würden hier die Flächen für die Erzeugung von Solar- und Windstrom fehlen. Nicht decken lasse sich aus lokalen Konstrukten heraus der Energiebedarf der bayerischen Industrie, betonte Gotzel. Er geht daher künftig von einer Zweiteilung aus: lokale Energiekreisläufe in den Regionen und starke Verteilnetze für die industrielle Versorgung und größere Städte.
Klar im Fokus hat das Bayernwerk den Sektor Elektromobilität. „Die Autoindustrie konzentriert sich auf diese Antriebstechnologie und auch wir sagen ,Ja‘ zur E-Mobilität“, sagte Westphal. Ziel sei es nun, das Zusammenspiel zwischen den Ladevorgängen der E-Fahrzeuge und dem Stromnetz zu managen. Zusammen mit Audi starte das Bayernwerk in Kürze einen Feldversuch mit 20 Audi e-trons. Bayernwerk-Mitarbeiter werden die Elektroautos fahren und laden. Dann wird ausgewertet, wie sich die Ladevorgänge auf das Netz auswirken. Der Hintergrund: Künftig sollen Anreize für den Kunden geschaffen werden, das Fahrzeug dann zu laden, wenn das Netz den Strom hergibt.
Beim Ausbau und der Erneuerung der Netze plane das Bayernwerk die erwartete zusätzliche Leistung für die E-Mobilität mit ein, erklärte Westphal. 2045 könnte das Bayernwerk-Netz einer Studie zufolge bereit für 100 Prozent E-Mobilität sein. Die drei Millionen Autos, die heute im Bayernwerk-Netz gemeldet sind, könnten dann allesamt elektrisch fahren. Der Investitionsbedarf in die Mittel- und Niederspannungsnetze liege dafür bei etwa zwei Milliarden Euro.
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