Ein skurriler Prozess vor der 5. Strafkammer des Landgerichts Regensburg unter Vorsitz von Richter Georg Kimmerl gegen einen 64-jährigen Geschäftsmann aus Mainz, der zuletzt in Luxemburg lebte, endete mit einer Verfahrenseinstellung gegen Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 5000 Euro. Außerdem muss er 50 Sozialstunden ableisten.
Die Staatsanwaltschaft hatte dem Angeklagten Betrug in 69 Fällen zur Last gelegt. Wegen dieses Vorwurfs saß er auch vom Dezember 2017 bis September 2018 in Untersuchungshaft. Er soll, so der Vorwurf der Anklagebehörde, seinen ihm freundschaftlich gesonnenen Bekannten seit dem Jahr 2013 vorgegaukelt haben, dass er aus einem Auslandsgeschäft einen Anspruch auf 21 Millionen Dollar habe. Um an das Geld heranzukommen müsse er erhebliche Zahlungen für Steuern, Gebühren und Zölle vorstrecken, die er jedoch nicht mehr habe. Seinen Versprechungen und Beteuerungen glaubend, es wieder zurückzuzahlen, liehen ihm seine Bekannten immer wieder Geld. Teilweise versprach er ihnen auch, dass er sie dafür großzügig entlohnen würde. Bis zu seiner Festnahme im Dezember 2017 kam es so zu insgesamt 69 Transaktionen mit einer Gesamtsumme von 2269234 Euro. Da er bis dato keinen Cent zurück zahlte geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass ihm bewusst war, dass er dazu gar nicht in der Lage ist oder es einfach auch gar nicht vor hatte.
Bereits im September vergangenen Jahres wurde dieser Vorwurf an drei Prozesstagen verhandelt. Nach Verlesen des Anklagesatzes erklärte der Verteidiger Johannes Hoch (Mainz) bereits, sein Mandant habe "in keinem der Fälle in betrügerischer Absicht gehandelt". Sechs der acht Geschädigten sagten damals aus, dass sie sich nicht geschädigt fühlen und keinerlei Interesse an einer Strafverfolgung haben. Einer der Zeugen hatte sogar das Gericht um Erlaubnis gebeten, den Angeklagten umarmen zu dürfen. Auch der Zeuge, ein ehemaliger Yachtbauer aus dem Landkreis Kelheim, der Anzeige erstattet hatte, ruderte bei seiner Vernehmung vor der Strafkammer zurück und äußerte sogar den Verdacht, dass der Angeklagte Opfer der "Nigeria Connection" geworden ist. Ein weiterer vermeintlich Geschädigter, ein Steuerberater aus Kelheim, war inzwischen verstorben.
Für den Paukenschlag sorgte im September dann die Aussage eines Sachbearbeiters der Kripo. Er erklärte, dass sich auf seiner Dienststelle "noch etwa zehn Leitz-Ordner" mit sichergestellten Dokumenten befinden, die bislang noch nicht ausgewertet wurden, da diese in englischer Sprache verfasst sind. Es soll sich um tausende von Seiten handeln. Das war bis dahin weder dem Gericht, noch dem Verteidiger bekannt. Damit nicht genug: Es fand nach Angaben des Ermittlers auch kein Kontakt zu vier Personen statt, die unter Umständen als Entlastungszeugen infrage kommen können. Daraufhin wurde der Prozess ausgesetzt und der Angeklagte aus der Untersuchungshaft entlassen.
Im nunmehr neu aufgerollten Verfahren zogen sich die Strafkammer und die Prozessbeteiligten zu einem Rechtsgespräch zurück, nachdem sie vorher im Selbstleseverfahren vom Inhalt der aufgetauchten Akten Kenntnis erlangt hatten. Der anschließenden Erklärung des Gerichtsvorsitzenden zu Folge hatte die Strafkammer angeregt, das Verfahren gegen eine Geldauflage wegen geringer Schuld einzustellen. Dem habe aber die Staatsanwaltschaft widersprochen. Ihrer Auffassung nach läge ein Geständnis näher, da es nach Aktenlage eine ganze Reihe von Indizien für eine Betrugsabsicht gäbe. Im Laufe der Verhandlung wurde eine ganze Reihe der Betrugsvorwürfe eingestellt. Am Ende stimmte die Staatsanwaltschaft einer Verfahrenseinstellung zu, da der Vorwurf nicht mit der notwendigen Sicherheit nachzuweisen ist. Aus dem Akteninhalt konnte man schließen, dass der Angeklagte an seinen Millionendeal geglaubt hat. Eine Entschädigung wegen der erlittenen Untersuchungshaft wurde dem Angeklagten nicht zugesprochen.













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