Von Claudia Erdenreich
Er fertigte jede Minute zwei Warhols, am Ende bedeckten die Bilder mehr als 150 Quadratmeter auf dem Haidplatz. Der Extremkünstler Michael Werner wagte am Samstag einen Weltrekordversuch und produzierte genau 1002 Portraits in nur zehn Stunden. Trotz Zeitdruck, Hektik, Hitze und Gewitter gelang die humorvoll-kritische Performance.
"Zwischendurch stand es auf der Kippe", berichtete der erschöpfte, aber glückliche Künstler am Abend. Um 18 Uhr setzte Gewitterregen ein, schnell mussten die bis dahin gefertigten Portraits eingerollt und geschützt werden. "Aber eine halbe Stunde später konnten wir alles wieder ausrollen", so Werner. "Dabei haben mir Regensburger Bürger sehr geholfen, alleine hätte ich das nicht geschafft". Um 19.30 Uhr und damit noch etwas früher als geplant waren die über 1000 Kunstwerke fertig gestellt und damit der Weltrekord erreicht.
Nicht Werners erster Weltrekord
Es war nicht der erste Weltrekord von Michael Werner. Der 1961 in München geborene Künstler malte bereits ein 160 Meter langes Werk beim Streetlife-Festival in München. Er schaffte es, dass Menschen in über 44 Ländern gleichzeitig 10 000 Schirme öffneten und wagte sich nun gutgelaunt an die Warhol-Darstellungen. Werner hält damit auch der Leistungsgesellschaft mit ihrem "höher, schneller, weiter", den Spiegel vor. Mit einer Kunstperformance als Rekordversuch erregte der in Maxhütte-Haidhof lebende Künstler Aufsehen wie Kritik.
Andy Warhol fungierte als Vorbild für das Ereignis. Der große Pop-Art-Künstler fertigte selbst große Bildreihen, Werner wollte ihn übertreffen. Dafür ging Michael Werner an seine persönlichen Grenzen. Er stand Stunden in der prallen Sonne, für Pausen oder Essen blieb ihm keine Zeit. Die Kunstaktion bereitete er über Monate akribisch vor, er plante und erstellte eine eigene Homepage. Zuvor bekam Warhol vom Künstler noch eine neue Frisur verpasst. "Jedes Bild ist ein Unikat", versicherte Michael Werner.
Michael Werner arbeitete am Samstag hochkonzentriert und zügig, stand aber dennoch interessierten Passanten den ganzen Tag über für Gespräche zur Verfügung. "Ich bekam sogar zahlreiche Kaufanfragen", lachte der Künstler überrascht. Das hatte er gar nicht geplant, es ging ihm um den Weltrekord und die Aufmerksamkeit auf aktuelle Themen. Zahlreiche Regensburger kamen bewusst vorbei, um ihn bei der Arbeit zu beobachten, Gäste blieben neugierig stehen, Kinder fragten ihn, was er macht.
Ritterturniere und Hinrichtungen
"Der Haidplatz war ideal für meinen Weltrekord", bekräftige Werner. Im Mittelalter wurden Ritterturniere auf dem Platz abgehalten und sogar Hinrichtungen. Bis heute dient der Haidplatz als Markfläche, Sport- und Festgelände. Über die Jahrhunderte fanden ganz unterschiedliche Aktionen darauf statt, Künstler wetteiferten mit Gauklern, Wissenschaftler versuchten, zu überzeugen. 1654 zeigte Otto von Guericke seine legendäre Darstellung mit den "Magdeburger Halbkugeln". Er bewies damit die Wirkung des Luftdrucks und des Vakuums und verblüffte die Gesandten des Reichstags sowie die Regensburger Bürger. Wenig später misslang einem Seiltänzer die Akrobatik, er stürzte ab.
Michael Werner blieb ganz auf dem Boden. In knapp zehn Stunden verbrauchte er rund 20 Liter Farbe. Bewusst wählte er völlig harmlose Fingerfarben für seine Kunstaktion. Die Performance war ein offizieller Bestandteil des Regensburger Kulturprogramms, das in diesem Jahr unter dem Motto "Höhenflug" steht. "Das Kulturamt unterstützte mich von Anfang an sehr", freute sich der Künstler. Sein Thema rund um Superlative passte ideal zum Jahresmotto und der Haidplatz war nun Austragungsort für einen erfolgreichen Kunst-Weltrekord.
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