Regensburg
01.10.2019 - 18:17 Uhr

Wolbergs-Prozess: Einstellung gefordert

Der zweite Wolbergs-Prozess ist noch nicht mal zwei Stunden alt, da beantragt Verteidiger Peter Witting schon die Einstellung des Verfahrens. Es folgt ein Schlagabtausch mit der Staatsanwaltschaft.

Joachim Wolbergs, suspendierter Oberbürgermeister von Regensburg, sitzt im Verhandlungssaal im Landgericht Regensburg. Bild: Armin Weigel/dpa
Joachim Wolbergs, suspendierter Oberbürgermeister von Regensburg, sitzt im Verhandlungssaal im Landgericht Regensburg.

Zunächst unaufgeregt beginnt der zweite Korruptionsprozess gegen den suspendierten Oberbürgermeister Joachim Wolbergs und drei weitere Beschuldigte aus der Immobilienbranche am Dienstagmorgen. Der Medienandrang am Landgericht Regensburg ist zwar groß, aber doch geringer als vor einem Jahr, als der erste Wolbergs-Prozess startete. Die Zuhörerplätze sind gerade mal zur Hälfte belegt. Einige Unterstützer der „Brücke“ sind gekommen – Wolbergs‘ Wahlverein, mit dem er sich bei den Kommunalwahlen im Frühjahr wieder um das Amt des Oberbürgermeisters bewirbt.

Doch erstmal steht für den 48-jährigen Politiker der zweite Prozess an, 20 Verhandlungstage sind bis Januar angesetzt. Wie in der ersten Hauptverhandlung geht es um Korruptionsvorwürfe: Wolbergs soll gestückelte Spenden in einer Gesamthöhe von 245 000 Euro für seinen OB-Wahlkampf aus der Immobilienbranche angenommen haben. Ihm werden Vorteilsannahme und Bestechlichkeit zur Last gelegt. Die weiteren Angeklagten, die Brüder Ferdinand und Martin Schmack sowie Thomas R., ehemaliger Geschäftsführer eines Erlanger Immobilienunternehmens, sollen sich dafür das Wohlwollen der Stadtspitze bei Bauvorhaben erwartet haben. Wolbergs hat die Vorwürfe in der Vergangenheit wiederholt zurückgewiesen.

Verhandelt wird wieder im Sitzungssaal 104, dem größten am Landgericht. Doch die Besetzung weicht im Vergleich zum ersten Prozess ab. Den Angeklagten sitzen diesmal Oberstaatsanwalt Jürgen Kastenmeier und Staatsanwalt Wolfgang Voit gegenüber. Ersterer nahm sporadisch bereits am ersten Prozess teil. Schlagzeilen gab es, nachdem Wolbergs Kastenmeier als „Obergschaftler“ bezeichnet hatte. Georg Kimmerl, Vorsitzender Richter der fünften Strafkammer, lässt am ersten Verhandlungstag durchblicken, dass er solche Scharmützel nicht dulden will. Er tritt bestimmt auf, mahnt, dass nur gesprochen wird, wenn er das Wort erteilt.

Eineinhalb Stunden dauert die Verlesung der drei Anklagen zu den Themenkomplexen „Auf der Platte“, „Lago“ und „Nördlicher Rübenhof“. Gleich im Anschluss kündigt Witting seinen Einstellungsantrag an. Bevor über diesen Antrag entschieden ist, werde es weder ein Eröffnungsstatement von ihm noch eine Erklärung von Wolbergs geben, betont der Verteidiger.

Über mehrere Stunden hinweg begründet Witting dann seinen Antrag. Im Kern fordert er die Einstellung des Verfahrens, weil es inhaltliche Überschneidungen mit dem ersten Prozess gebe. Bei der Spendenannahme Wolbergs‘ von verschiedenen Bauträgern handle es sich um eine einheitliche Tat, für die er nicht zwei Mal bestraft werden dürfe, argumentiert Witting. Er spricht von einem „Befassungsverbot“ für das Gericht. Im ersten Prozess, bei dem Bauträger Volker Tretzel mit auf der Anklagebank saß, war Wolbergs vor der Wirtschaftsstrafkammer am Regensburger Landgericht in zwei Fällen der Vorteilsannahme schuldig, in allen anderen Anklagepunkten aber freigesprochen worden und blieb straffrei.

Witting wirft der Staatsanwaltschaft außerdem gravierende Verfahrensfehler vor. Die Ermittler hätten das Verfahren künstlich aufgespaltet, indem die vier verschiedenen Anklagen nach und nach erhoben wurden. Das Resultat: „Wolbergs bleibt bis zum Ende der laufenden Legislaturperiode an der Ausübung des OB-Amts gehindert.“ Außerdem schade das nun laufende, abgetrennte Verfahren Wolbergs im Wahlkampf für die Kommunalwahlen im März. Oberstaatsanwalt Kastenmeier hält dagegen, dass das sehr umfangreiche Verfahren es erforderlich gemacht habe, Anklage zu erheben, wenn die jeweiligen Komplexe ausermittelt waren.

Witting kritisiert außerdem Fehler bei der Telekommunikationsüberwachung der Ermittler, bei der Pressearbeit und beim Umgang mit Zeugen. Das seien „alte Kamellen“, die schon im ersten Prozess nicht zu einer Verfahrenseinstellung geführt hätten, schießt Kastenmeier zurück. Vorsitzender Richter Kimmerl bringt am Ende wieder Ruhe in die Verhandlung. Am nächsten Verhandlungstag am 16. Oktober will er bekannt geben, wie über den Einstellungsantrag weiter zu befinden sein wird.

 
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