Regensburg
17.12.2018 - 18:29 Uhr

Wolbergs-Prozess: Regierungsmitarbeiter rudert zurück

Nur ein Zeuge sagte am Montag im Prozess gegen den suspendierten OB Joachim Wolbergs (SPD) und drei weitere Beschuldigte aus. Doch die Aussage des Mitarbeiters der Regierung der Oberpfalz hatte es in sich.

Joachim Wolbergs (SPD), der suspendierte Oberbürgermeister von Regensburg, steht im Verhandlungssaal des Landgerichts. Wolbergs muss sich vor dem Gericht wegen Vorteilsannahme und Verstoß gegen das Parteiengesetz verantworten. Bild: Armin Weigel/dpa
Joachim Wolbergs (SPD), der suspendierte Oberbürgermeister von Regensburg, steht im Verhandlungssaal des Landgerichts. Wolbergs muss sich vor dem Gericht wegen Vorteilsannahme und Verstoß gegen das Parteiengesetz verantworten.

Der Sachbearbeiter kritisierte einen Rechtshinweis zur Vergabe des Nibelungenareals, an dem er selbst mitgewirkt hatte. Rückblick in den November 2014: Nachdem der Regensburger Stadtrat mehrheitlich beschlossen hatte, große Teile des Nibelungenareals, ein Filetstück im Süden der Stadt, an den Bauträger Volker Tretzel zu verkaufen, legte die CSU eine Rechtsaufsichtsbeschwerde ein. Die Regierung der Oberpfalz lehnte diese jedoch ab und erklärte das Vergabeverfahren für rechtens.

Im April 2017 – Wolbergs war mittlerweile aus dem Amt suspendiert – dann die Kehrtwende: Nachdem ihr Auszüge der staatsanwaltlichen Ermittlungsakte vorgelegt worden war, richtete die Bezirksregierung einen „rechtsaufsichtlichen Hinweis“ an die Stadt Regensburg. Darin bewertete sie die Grundstücksvergabe als „gravierenden Verstoß gegen den wettbewerbsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz“.

Hintergrund war, dass die Regierung mittlerweile Kenntnis von der E-Mail hatte, in der der damalige SPD-Fraktionsvorsitzende Norbert Hartl einen Entwurf für einen Ausschreibungsantrag an Tretzel geschickt hatte. Hier sei einem Unternehmen die Möglichkeit gegeben worden, Einfluss auf das Ausschreibungsverfahren zu nehmen, urteilte die Regierung. Da Wolbergs in der Mail in cc gesetzt gewesen sei, hätte er wohl zumindest teilweise Kenntnis von der Vorabinformation haben müssen und den Stadtrat vor der Abstimmung darüber informieren müssen. Damit sei der Stadtratsbeschluss nicht rechtens.

In seiner Zeugenvernehmung erklärte der zuständige Sachbearbeiter der Regierung auf Nachfragen von Wolbergs‘ Anwalt Peter Witting nun, „dass wir in unserer Bewertung vielleicht zu weit gegangen sind“. Er habe keine Kenntnis darüber gehabt, ob Wolbergs die E-Mail und mögliche Änderungen in dem Ausschreibungstext tatsächlich zur Kenntnis genommen hat. „Wir hätten zum Teil vorsichtiger formulieren müssen.“ Wolbergs bestreitet bis heute, die Mail gelesen zu haben. Er habe sehr viele Mails von Hartl bekommen.

Der 60-jährige Sachbearbeiter gab an, dass er den rechtlichen Hinweis nur in Teilen selbst verfasst habe. Es sei ein „Gemeinschaftswerk“ gewesen. Sein Vorgesetzter habe Ergänzungen vorgenommen. Diese seien dann im Präsidium der Regierung besprochen worden, dabei seien weitere Sätze eingefügt worden. Der frühere Regierungsvizepräsident Walter Jonas und auch der aktuelle Regierungspräsident Axel Bartelt hätten mitgewirkt. „Was von wem kam, weiß ich nicht.“

Sein eigener erster Entwurf sei nicht in die Akte aufgenommen worden, doch er liege noch auf seinem Schreibtisch, erklärte der Zeuge. Richterin Elke Escher forderte diese Unterlagen noch am Montag an und ließ sie in Kopie an die Prozessbeteiligten verteilen. Der Hintergrund: Am heutigen Dienstag ist der Vorgesetzte des Sachbearbeiters im Zeugenstand. Vor dessen Vernehmung wollten die Verteidiger der Beschuldigten Einblick in die Akten haben.

Witting wollte wissen, ob es bei der Erstellung des rechtlichen Hinweises Einflüsse aus der Politik gegeben habe. Der Zeuge erklärte, an ihn persönlich nicht, bei den anderen involvierten Personen wisse er es nicht. Bei der ersten Rechtsaufsichtsbeschwerde sei ihm mitgeteilt worden, dass der Regensburger CSU-Landtagsabgeordnete Franz Rieger eine Anfrage beim bayerischen Innenministerium gestellt habe. „Er wollte abgeklärt haben, ob unsere Antwort auch vom Innenministerium gedeckt wird.“

Wolbergs zeigte sich nach der Vernehmung „einigermaßen fassungslos“. Er sei kein Verschwörungstheoretiker und wisse, dass das Verfahren nicht von der politischen Gegenseite, sondern vom SPD-Landesschatzmeister ins Rollen gebracht worden war. Doch er sei überzeugt, dass es Zeitpunkte der politischen Einflussnahme gab, sagte der suspendierte Oberbürgermeister. „Und das ist mit ein Grund, warum ich hier sitze.“

 
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