Wolbergs wehrt sich gegen Vorwürfe des Ex-Stadtbau-Geschäftsführers

Regensburg
08.03.2019 - 11:33 Uhr

Vor dem Landgericht Regensburg geht es hoch her: Der ehemalige Stadtbau-Geschäftsführer wirft dem suspendierten Rathauschef Wolbergs vor, bei einer Personalentscheidung Druck auf ihn ausgeübt zu haben. Kann er die Vorwürfe abschütteln?

Der suspendierte Oberbürgermeister von Regensburg Joachim Wolbergs (SPD) , sitzt im Gerichtssaal des Landgerichts.

So gut gefüllt war der Saal 104 am Landgericht Regensburg seit Beginn des Wolbergs-Prozesses nicht mehr. Am Donnerstag ging es um nichts Geringeres als die Glaubwürdigkeit des suspendierten OB Joachim Wolbergs (SPD).

Die Beweisaufnahme im Prozess gegen Wolbergs und drei weitere Beschuldigte neigt sich dem Ende zu. Am Donnerstag folgte ein Nachschlag, der es in sich hatte. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft wurde der Ex-Stadtbau-Geschäftsführer Joachim Becker vernommen. Es ging dabei um die Glaubwürdigkeit von Joachim Wolbergs. Dieser hatte während des Verfahrens angegeben, er habe keinen Einfluss darauf genommen, dass Franz W., nun ebenfalls Angeklagter im Prozess, 2016 den Posten des Technischen Leiters bei der Stadtbau GmbH erhielt.

Becker hatte in früheren polizeilichen Vernehmungen das Gegenteil ausgesagt – und blieb vor Gericht dabei. Wolbergs habe ihm seine Präferenz für W., der zuvor für den ebenfalls angeklagten Bauträger Volker Tretzel tätig war, deutlich zu verstehen gegeben. Er selbst habe eine andere Bewerberin, eine Architektin, bevorzugt, sagte Becker. W. habe als Maurermeister über keine akademische Bildung verfügt. In einer Tischvorlage für den beschließenden Ausschuss habe er eine Empfehlung für die Architektin abgegeben, sagte Becker. „Doch die Tischvorlage wurde nie verteilt.“ Stattdessen habe Wolbergs das Heft selbst in die Hand genommen und einen Vorstellungstermin mit den drei verbliebenen Bewerbern, darunter W., im beschließenden Ausschuss angesetzt. Für Becker war das ein „außergewöhnlicher Vorgang“.

Vorherige Besetzung Fehlentscheidung

Wolbergs erklärte das Eingreifen später in einer Einlassung damit, dass Becker bei der vorherigen Besetzung des Postens 2014 eine Fehlentscheidung getroffen habe. Nach kurzer Zeit habe sich die Stadtbau von dem damaligen Technischen Leiter wieder getrennt. Wolbergs schloss aus, dass er in irgendeiner Weise Druck auf Becker ausgeübt habe, damit W. den Posten bekommt. „Die Anstellung von Franz W. war in der Sache und im Verfahren korrekt, geboten und richtig.“

Becker wiederum hatte erklärt, er habe sich durchaus unter Druck gesetzt gefühlt. Wolbergs habe in einer Sitzung erklärt, als Aufsichtsratsvorsitzender könne er W. auch zu einem zweiten Geschäftsführer neben Becker bestellen. Dieses Szenario habe ihn so abgeschreckt, dass er entgegen seiner eigentlichen Überzeugung schließlich W. als Technischen Leiter vorgeschlagen habe, sagte Becker. „Ich bin schon sehr viel lieber Einzel-Geschäftsführer.“

Für Diskussionen sorgte auch ein Telefonat zwischen Wolbergs und Becker im Mai 2016, in dem Wolbergs im Zusammenhang mit der Stellenbesetzung zu Becker gesagt haben soll: „Oder wollen Sie richtig Ärger haben?“ Becker führte an, er habe das so verstanden, dass er Ärger bekäme, wenn W. den Posten nicht bekommt. Wolbergs wiederum sagte, diese Bemerkung habe sich darauf bezogen, dass Becker gegen seine Anweisung Bewerbungsunterlagen der drei verbliebenen Kandidaten an die Mitglieder des beschließenden Ausschusses geschickt habe. Sowohl Becker als auch Wolbergs bestätigten, dass ihr Verhältnis von Anfang an getrübt war. Becker fühlte sich von Wolbergs politisch nicht unterstützt. Nach Wolbergs‘ Einschätzung fehlte es bei Becker an Sozialkompetenz im Umgang mit Mitarbeitern und Mietern.

Zum ersten Mal im Prozess ergriff am Donnerstag der mitangeklagte Norbert Hartl, früher SPD-Fraktionschef und Mitglied im beschließenden Ausschuss der Stadtbau, das Wort. Entgegen der Aussagen von Becker habe W. bei der Vorstellungsrunde einen sehr guten Eindruck gemacht, erklärte er. Das habe Becker damals auch bestätigt. Wolbergs habe im Zusammenhang mit der Stellenbesetzung „in keiner Weise Druck ausgeübt“.

Meinungsbeitrag des ehemaligen Landgerichts-Vizepräsdienten

Am Morgen des 45. Verhandlungstages war der auf dem Nachrichtenportal „Regensburg Digital“ veröffentlichte Meinungsbeitrag des pensionierten Landgerichts-Vizepräsidenten Werner Ebner (wir berichteten) das beherrschende Thema im Gerichtssaal. In seltener Einigkeit kritisierten Gericht, Verteidigung und Staatsanwaltschaft diese Meinungskundgabe in einem laufenden Verfahren. Ex-Richter Ebner hatte in dem Beitrag die Amtstauglichkeit von Wolbergs angezweifelt.

Wolbergs‘ Anwalt Peter Witting erklärte, er habe eine Beschwerde beim bayerischen Justizministerium eingereicht. Auch für einen pensionierten Richter gelte das Mäßigungsgebot. Richterin Elke Escher verhehlte ihren Ärger nicht. Sie sei „fassungslos“ über den Beitrag. Im Extremfall könne eine solche Einmischung das komplette Verfahren zu Fall bringen. Und auch Oberstaatsanwalt Jürgen Kastenmeier sagte, die Staatsanwaltschaft sei „alles andere als glücklich“ über die Veröffentlichung.

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