16.09.2019 - 16:58 Uhr

Reger und Beethoven glänzend interpretiert

Münchener Streichtrio begeisterte bei den Max-Reger-Tagen in der Waidhauser Autobahnkirche

Das Kammermusikkonzert „In Mozarts Tradition“ in der Autobahnkirche Waidhaus avancierte zu einem ersten Höhepunkt der Weidener Max-Reger-Tage. Bild: Franz Lahm
Das Kammermusikkonzert „In Mozarts Tradition“ in der Autobahnkirche Waidhaus avancierte zu einem ersten Höhepunkt der Weidener Max-Reger-Tage.

Die Geschichte des Streichtrios beginnt mit Mozart. Das hohe Niveau des längsten Kammermusikwerkes Mozarts (Divertimento KV 563) diente Ludwig van Beethoven als großes Vorbild. Beethoven begann sich unmittelbar nach dem Tode Mozarts damit zu beschäftigen und das klassische Modell der Gattung "Streichtrio" zu schaffen. Obwohl sehr früh komponiert, zählt das Trio in G-Dur op. 9/1 zu den bedeutendsten Werken des Komponisten.

Intimes Miteinander

Diesem Geiste fühlt sich das Münchener Streichtrio verpflichtet und beweist dies am Sonntag bei den Max-Reger-Tagen eindrücklich mit der sehr beseelten Wiedergabe in der hervorragenden Akustik der Waidhauser Autobahnkirche. Es beginnt mit einer langsamen Einleitung im kraftvollen Miteinander der über alle Tonlagen sehr ausgeglichenen Geige von Sylvia Eisermann, der dunkel timbrierten Viola von Manuel F. Dörsch und des sonor klingenden Violoncellos, gespielt von Michael Rupprecht. Allegro con brio - von Beethoven sorgfältig ausgestaltet - wirkt sinfonisch. Die Forte-Passagen ersetzten in der Wirkung durchaus ein ganzes Orchester. Ständig treibt Beethoven die Musiker an und setzt überraschende Kontraste mit Nebenthemen, die die Epoche der Romantik vorwegnehmen. So begeistert ein intimes Miteinander von Violine und Bratsche, eingebettet in virtuose Cello-Arpeggien. Wunderbar meditativ gesungen gelingt das nachfolgende Adagio. Die Musiker lassen Zeit und Raum vergessen. Das Scherzo rüttelt wieder wach; es pulsiert und zeigt einen bereits sehr gereiften Komponisten.

Im Finalsatz "Presto" treibt der Komponist erneut nahezu elektrisierend an. Der geniale Tonsatz allein ist Motivation für die Ausführenden. Selbst der Bratschenpart erzwingt hier hohe Verantwortung. Insgesamt gelingt eine mitreißende Steigerung dieses Meisterwerks in nahezu sinfonische Dimensionen.

Max Reger nahm sich als erster Komponist nach Beethoven der Gattung "Streichtrio" an und schuf absolute Meisterwerke an der Grenze zwischen Spätromantik zur Moderne. Reger selbst bezeichnet seine Streichtrios als "wagnergeschwängert, mit Chromatik, Enharmonik in sauerstoffhaltiger Menge enthaltender Musikluft". Mozart erfuhr seinerzeit im öffentlichen Musikleben eine Aufwertung. Auch Reger wollte später (in seiner Jenaer Phase) "mozärtlicher "werden". Regers Ausdeutung von Streichtrio-Musik verfolgt weniger sinfonische Ziele als durchsichtige, aber auch virtuose Kammermusik zu schaffen. Er orientierte sich dabei an Mozarts Divertimentos aber auch Beethovens Streichtrios . Sein Trio in a-Moll komponierte Reger 1905 in seiner Münchener Zeit.

Auf humorvolle Art

Nach einer wagnerisch anmutenden langsamen Unisono-Einleitung fällt Reger abwechselnd von an Brahms erinnernden Passagen in neobarockes Denken. Er wechselt in Forte- wie auch meditative Pianostellen, von orchestraler Dichte (Allegro agitato, Doppelgriffigkeit in den einzelnen Parts) in durchsichtige Liedinterpretation. Ständig gleitet er in andere Tonarten um damit verschiedene Stimmungen und Klänge zu schaffen. Reger benutzt geschickt Viertelpausen zur Sortierung der Gedanken.

Dieses Streichtrio enthält die schönsten melodischen Einfälle und Zitate von Volksliedern in Regers Kammermusik. Auch Richard Strauß wird bei den orchestral wirkenden Stellen präsent. Es wird an "Parzifal" oder stilistisch "Till Eulenspiegels lustige Streiche" erinnert. Im Scherzo packt Reger fröhliche Volksliedzitate, einen "Deutschen Tanz", Rondoformen von Mozart und Haydn und im Trio einen lustigen Bayerischen Tanz auf seine humorvolle und absolut mitreißende Art ein und reißt damit Musiker und Zuhörer mit.

Ist eine Steigerung möglich? Ja, sagt Reger und stellt im Finalsatz "Allegro con moto" mit Vergnügen ein weiteres Volkslied, leisesten mystischen Motiven mit einem fulminanten und überraschenden Schluss gegenüber. Es ist alles von Lockerheit, Humor und Lebenslust durchsetzt, was das Münchener Streichtrio souverän mit Kompetenz, hoher Sensibilität und Musikalität, mitreißendem Spielwitz und ständiger Kommunikation untereinander vermittelt. Unter dem Eindruck, hochwertige Kammermusik, verbunden mit Optimismus und Humor empfunden zu haben, wird vom begeisterten Publikum lange stehend Beifall gezollt.

 
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