Im Schnitt in fast jeder Klasse eine Mobbing-Opfer

München
24.10.2019 - 17:41 Uhr

Mobbing unter Schülern stellt Lehrer und Eltern gleichermaßen vor Herausforderungen. Fast in jeder Klasse ist ein Kind Opfer von Mobbing, dies geschieht auch online. Beim Umgang mit dem Problem Cybermobbing mangelt es an unterschiedlichen Ressourcen.

Ein junges Mädchen zeigt das Display eines Smartphones; darauf ein weinendes Emoji im Messenger Whatsapp.

Bei der Bekämpfung von Mobbing an Schulen sollten Lehrkräfte mehr Unterstützung erhalten als bisher. Diese Empfehlung sprachen zahlreiche Experten bei einer Anhörung des Bildungsausschusses im Landtag aus. Zwar gebe es mehrere Einzelprojekte, doch kämen diese zu wenig an den Schulen an.

Ähnlich den Bestimmungen im Brandfall oder bei Amoklagen brauche es an jeder Schulen eine verpflichtende Richtlinie, wie bei Mobbing-Fällen vorzugehen sei. Zudem forderten die Experten mehr Anrechnungsstunden für Beratungslehrer und die Anstellung zusätzlicher Schulpsychologen. Laut wissenschaftlicher Studien werden drei bis fünf Prozent aller Schüler im Laufe ihrer Schulzeit mindestens einmal Opfer von Mobbing. Im Durchschnitt ist das ein Schüler in jeder Klasse.

"Wir sind gut ausgebildet, wir können das stemmen, aber wir brauchen dazu mehr Zeit", schilderte die Vizechefin des Verbandes der Beratungslehrer in Bayern, Claudia Höhendinger, die Lage. Aus Zeit- und Personalmangel spiele die Mobbing-Bekämpfung an vielen Schulen nicht die der Thematik gebotene Rolle. Als Richtwerte nannte Höhendinger eine Entlastungsstunde pro 120 Schüler sowie eine Lehrkraft mit schulpsychologischer Ausbildung je Schule.

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Weiden in der Oberpfalz04.03.2019

An der Leistungsgrenze

Nach Einschätzung des Memminger Beratungsrektors Tobias Dippold "sind wir Schulpsychologen an der Leistungsgrenze". Schließlich sei Mobbing nur ein Aufgabenbereich unter vielen. Er forderte, auch die Klassenlehrer besser für die Bewältigung von Mobbingfällen zu rüsten. "Wir müssen die Leute stärken, die jeden Tag vor der Klasse stehen", sagte Dippold. Diese bräuchten ein Grundrüstzeug und professionelle Ansprechpartner.

Mehr Beachtung verlangten die Experten zudem für das Mobbing über soziale Netze. Whatsapp-Gruppen oder Instagram-Profile seien inzwischen in rund 80 Prozent der Mobbingfälle ein verschärfendes Problem, erklärte Gregory Grund vom Beratungsverein "Digitale Helden". Wegen seiner ständigen Verfügbarkeit schaffe das Digitale eine ganz andere Bedrohungskulisse. Mobbing-Opfer seien den Nachstellungen nicht mehr nur an der Schule ausgesetzt, sondern den ganzen Tag über. "Digitalisierung ist wichtig und richtig, aber sie hat auch ihre Schattenseiten, die im Moment zu wenig gesehen werden", mahnte dazu Höhendinger in Richtung Politik.

Eine besondere Aufgabe sah der Kinder- und Jugendpsychotherapeut Anton Flunger bei den Schulleitern. Rektoren müssten "mutig" sein und auch gegen den Widerstand der oft uneinsichtigen Eltern von Mobbing-Tätern klar stellen, dass Mobbing an ihrer Schule nicht toleriert werde. Dies helfe, ein Schulklima zu schaffen, das Mobbing erkennbar ächte.

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Pressath01.03.2019

Schweigende Gruppe ermutigen

Die Münchener Psychologie-Professorin Mechthild Schäfer berichtete, dass im Regelfall deutlich mehr als die Hälfte einer Klasse gegen Mobbing sei. Diese oft schweigende Gruppe müsse ermutigt werden, offen gegen Nachstellungen aufzutreten und damit auch Mitläufer auf ihre Seite zu ziehen. Meist seien Mobbing-Täter nur deshalb erfolgreich, weil ihnen in der Klasse der Raum für ihr unsoziales Verhalten gelassen werde. "Mobbing kann nur beendet werden, wenn eine pädagogische Führung vorhanden ist", ergänzte Jörg Breitweg von der "Aktion Jugendschutz". Dazu müssten die Lehrkräfte aber entsprechend geschult und unterstützt werden.

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