Das Erfreulichste vorweg: Politik ist offenbar wieder spannend und interessant. Die hohe Beteiligung bei der Europawahl ist ein gutes Zeichen. Die EU-Kritiker bleiben deutlich in der Minderheit. Für die einstigen Volksparteien wird das kein Trost sein: Vor allem die SPD bekommt kein Bein mehr auf den Boden.
Die Genossen stehen vor einer erneuten und zermürbenden Personaldiskussion. Andrea Nahles als nächster Sündenbock. Und wer kommt dann? Es braucht einen fundamentalen Neustart für die SPD. Doch wie der funktionieren kann, darüber scheint sich die Partei überhaupt nicht einig zu sein.
In der Union sieht es nicht viel besser aus. Immerhin: Die neue Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer ist mit einem blauen Auge davon gekommen. In Bayern darf sich Markus Söder dafür über ein mehr als respektables Ergebnis freuen. Sein neuer liberaler und europafreundlicher Kurs hat sich ausgezahlt. Mit Spitzenkandidat Manfred Weber hätte es sogar noch eine Spur besser laufen können - aber das wäre bei den Christsozialen wirklich jammern auf hohem Niveau.
Markus Söder hat es außerdem geschafft, die AfD im Freistaat klein zu halten, mit einem harten Kurs gegen die Rechtspopulisten. Er hat dafür seine Fühler in Richtung Grüne ausgestreckt, die er als einzig wahre Konkurrenz ausgemacht hat. Söder möchte sich eine Scheibe von der Lässigkeit der Grünen abschneiden. Die Öko-Partei reitet auf einer nicht enden wollenden Erfolgswelle. Der Klimaschutz als Markenzeichen - die Beharrlichkeit bei dem Thema zahlt sich aus.
Der massive Erfolg der Grünen bei den jungen Wählern kommt nicht von ungefähr. Sie sind in einer Welt zuhause, mit der die altgedienten Parteien nichts anfangen können. Man muss die manchmal sehr vereinfachenden Botschaften von Leuten wie dem Youtuber Rezo nicht unterschreiben. Aber man muss sie anhören und ernst nehmen. Für die Groko dürfte diese Lehre zu spät kommen. Ihre Tage sind gezählt.
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