Der Green Deal der EU könnte erhebliche Auswirkungen auf Landwirtschaft und Verbraucher haben. Das geht aus der Auswertung von fünf wissenschaftlichen Studien hervor, die der Leitende Ministerialrat Anton Hübl für den Agrarausschuss des Landtags vornahm. Die im Green Deal vorgeschlagenen Maßnahmen könnten nach einhelliger Meinung der Studien zu einem spürbaren Rückgang der Agrarproduktion und zu höheren Verbraucherpreisen in der EU führen, erklärte Hübl. Da es noch keine auf die besonderen Agrarstrukturen Bayerns abgestimmte Untersuchung gebe, könnten die genauen Auswirkungen auf den Freistaat aber noch nicht beziffert werden.
Die EU schlägt für den Green Deal eine Reduzierung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln um 50 Prozent und bei Düngemitteln um 20 Prozent vor. Zudem soll der Öko-Landbau auf 25 Prozent der Agrarfläche ausgeweitet werden. Diese Ziele entsprechen in etwa auch den Plänen, die die Staatsregierung im Freistaat bis 2030 erreichen will. Zudem will die EU zehn Prozent der Fläche in den Mitgliedsstaaten unter strengen Schutz stellen.
Preise für Verbraucher könnten steigen
Je nach Studienansatz hätte der Green Deal demnach Rückgänge bei der Getreide- und Ölsaatenproduktion sowie bei Rind-, Schweine- und Geflügelfleisch von 10 bis 20 Prozent zur Folge, berichtete der Beamte aus dem Agrarministerium. Bei Milch könnte es ein Minus von rund 10 Prozent geben. Einzelne Studien haben daraus Mindereinnahmen für die Landwirte von bis zu 16 Prozent errechnet, sowie erheblich höhere Verbraucherpreise. Bei Rindfleisch könnten diese um bis zu 50 Prozent steigen, bei Milch bis zu 30 Prozent und bei Getreide um rund zehn Prozent. Durchschnittlich könnten die Mehrausgaben für Verbraucher auf 160 Euro pro Jahr und Kopf betragen.
In den Studien werde allerdings auch betont, dass diese Annahmen nur für den Fall gelten, dass die EU den Green Deal alleine umsetzen würde, erläuterte Hübl. Je mehr Handelspartner sich den Zielen anschlössen, desto geringer würden die Einbußen für die Landwirte. Sollten zum Beispiel alle Staaten mitmachen, mit denen die EU bereits Freihandelsabkommen habe, könnten sich die Erlöse der EU-Bauern sogar um 7,5 Prozent erhöhen, weil ein global höheres Preisniveau auch ihnen zugute käme. Daher werde in einigen Studien empfohlen, vor der Umsetzung des Green Deal bestehende Freihandelsabkommen entsprechend anzupassen und weitere mit hohen Standards abzuschließen.
Der "bayerische Weg"
Als Konsequenz aus dem Bericht forderten alle Fraktionen eine bayerische Folgenabschätzung des Green Deal. Ansonsten wurden aus Hübls Ausführungen unterschiedliche Schlüsse gezogen. Gisela Sengl (Grüne) erklärte, dass durch eine Änderung der Ernährungsgewohnheiten sowie eine Reduzierung der Lebensmittelverschwendung zahlreiche Folgen der notwendigen ökologischen Umstellung abgefedert werden könnten. Ihr Fraktionskollege Paul Knoblach verwies auf Studien, wonach die Umweltkosten der Landwirtschaft in Deutschland jährlich bei rund 90 Milliarden Euro lägen. Dies müsse mit den vom Green Deal ausgelösten Verbesserungen in der Öko-Bilanz gegengerechnet werden.
Für die CSU stellte Martin Schöffel zwar nicht die Ziele des Green Deal in Frage, aber das dorthin führende Maßnahmenpaket. Vor dem Hintergrund weltweiter Nahrungsmittelknappheit auch wegen des Kriegs in der Ukraine sei eine Strategie mit weiteren Ertragsrückgängen und Flächenstilllegungen ein "kapitaler Fehler". Europa dürfe nicht abhängig von Lebensmittelimporten werden. Der "bayerische Weg" in der Landwirtschaft zeige, dass Biodiversität und Nahrungsmittelproduktion in Einklang gebracht werden könnten.













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